Triathlon als Grenzerfahrung

  05.07.2016 Sport

Am letzten Wochenende im Juni fand die vierte Ausgabe des «swissman xtreme», eines Triathlons mit extremen Höhenunterschieden, statt. Einer der 250 ausgelosten Teilnehmer war Andrew Spencer, Geographie-Lehrer an der Privatschule Le Rosey. Stefan De Dycker, einer seiner Supporter, gibt einen kurzen Einblick in dieses harte Rennen.

JENNY STERCHI
Der «swissman xtreme» ist ein Triathlon, der seine Teilnehmer durch Wasser, per Velo und zu Fuss von Ascona auf die Kleine Scheidegg führt. Bereits zum vierten Mal wurde der Wettkampf veranstaltet, bei dem die Teilnehmer per Losentscheid auf die Starterliste kommen. Die Organisatoren müssen so verfahren, da die Zahl der registrierten Interessenten den logistischen Rahmen sprengen würden. Mit den 250 Teilnehmern, die per Losentscheid ausgewählt werden, und deren Betreuern ist das Platzangebot an einigen Streckenpunkten wie Passhöhen komplett ausgeschöpft.

Nicht irgendein Triathlon
Auf der gesamten Distanz werden nicht weniger als 5800 Höhenmeter überwunden. Die Organisatoren des «swissman xtreme», ehrenamtlich und voller Leidenschaft im Einsatz, stellen minimale Unterstützung an der Strecke zur Verfügung und richten so die Aufmerksamkeit auf die einzelnen Betreuer. Jeder Athlet muss mindestens einen Supporter mit Auto oder Töff auf der Strecke bei sich haben, der ausgerüstet mit Wechselkleidung und Verpflegung an festgelegten Streckenpunkten bereitsteht. «Für einen Kleiderwechsel und einen Verpflegungsstop bleiben gerade fünf Minuten Zeit. Da sind die Betreuer gefordert, gut organisiert und bestens vorbereitet, ihren Athleten in Empfang zu nehmen,» so Stefan De Dycker, der als Betreuer für Andrew Spencer am Rennen dabei war.
Doch damit nicht genug, müssen die Betreuer im Laufe des Rennens auch emotionale Unterstützung bieten. Und beim «swissman xtreme» geht man noch einen Schritt weiter. Für einen erfolgreichen Abschluss des Triathlons müssen der oder die Betreuer gemeinsam mit ihrem Athleten den letzten, zehn Kilometer langen Anstieg auf die Kleine Scheidegg im Team absolvieren. Es liegt auf der Hand, dass nicht jedermann als Betreuer geeignet ist.

Vom Süden ins Herz der Schweiz
Im sogenannten «Roadbook» sind die Abschnitte des «swissman xtreme» beschrieben. Die Athleten starteten um 4.45 Uhr, noch vor dem Morgengrauen, in das Rennen. Wegen eines Gewitters wurde allerdings die geplante Schwimmstrecke von den Brissago-Inseln nach Ascona (3,8 km) aus Sicherheitsgründen abgesagt und durch einen 4-km-Lauf ersetzt. In Ascona stiegen die Athleten auf das Rennvelo und nahmen die 180 Kilometer nach Brienz in Angriff. Der Weg führte die Teilnehmer über die alte Strasse hinauf zum Gotthard-Pass. Darauf folgten noch zwei weitere Passüberquerungen. So kämpften sich die Athleten bei Starkregen und ziemlich kühlen Temperaturen auch noch über die Furka und die Grimsel. In Brienz wechselten sie in die Laufschuhe und machten sich auf den Weg nach Grindelwald. Um die Marathon-Distanz zu vervollständigen, galt es, das Ziel auf der Kleinen Scheidegg zu erreichen – gemeinsam mit den Betreuern.

Freunde und Supporter
Andrew Spencer, Geographie-Lehrer in der Privatschule Le Rosey, hatte ein glückliches Händchen bei der Auswahl seiner Supporter. Stefan De Dycker und Jason Robinson, beide ebenfalls im Saanenland berufstätig, sind Kollegen und Sportfreunde von Spencer. Sie haben selber schon Erfahrungen im Triathlon gesammelt. Alle drei sind Teamkollegen im Hockey und unternehmen allerhand sportliche Aktivitäten.
«Bei einem derart harten Rennen geht der Athlet klar an seine Grenzen», sagt Stefan De Dycker, Betreuer von Andrew Spencer. «Vermutlich geht er sogar darüber hinaus. Und dann bist du als Supporter ganz nah dran.» Es sei sehr speziell, dem Athleten auf einer emotionalen Ebene zu begegnen, während dieser sich in einer Art Ausnahmezustand befinde. Danach gefragt, wieviel moralische Unterstützung Andrew Spencer bei seiner ersten Teilnahme am «swissman xtreme» gebraucht habe, antwortet De Dycker: «Auf dem Velo war Andrew sehr stark und es gelang ihm ein gutes Rennen. Aber die Laufstrecke hatte es in sich. Kurz bevor er nach Grindelwald kam, war er ziemlich fertig und auch etwas demoralisiert.» Aber die Motivation sei zurückgekehrt, als seine Betreuer Jason Robinson und Stefan De Dyckerauf die Strecke kamen. Gemeinsam meisterten sie die letzten zehn Kilometer des Rennens. «Es ging von Grindelwald auf die Kleine Scheidegg, also ausschliesslich bergauf und war alles andere als ein Spaziergang. Aber da wir als Team unterwegs waren und Andrew nun ständig neben uns hatten, konnten wir ihn bis ins Ziel geleiten. Er schätzte die Unterstützung in diesem Augenblick sehr.»
Am Ende überquerten Andrew Spencer und seine beiden Supporter um 18.03 Uhr die Ziellinie. Mit einer Zeit von 13 Stunden und 18 Minuten belegte er den unglaublichen sechsten Rang in der Gesamtwertung.
 


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