Thomas Knutti hat keine Ahnung vom Fussvolk

  22.09.2017 Leserbeiträge

Wegen der Verkehrsplanung in Schönried hat Thomas Knutti zusammen mit sechs weiteren Grossräten im Grossen Rat eine Motion gegen Tempo-30-Limiten eingereicht. Er mag wohl ein geschickter Lastwagenchauffeur sein, aber vom Fussvolk und der Sicherheitslage im Dorf Schönried haben er und seine Mitunterzeichner jedoch absolut keine Ahnung. Das bezeugen seine Worte, wenn er in der Begründung der Motion schreibt: «In Schönried, wo die Geschwindigkeitsbeschränkung durchgesetzt werden soll, besteht keinerlei Gefahr für die Sicherheit.»

Als Autofahrer (circa 28 000 km pro Jahr) schätze auch ich die freie Fahrt sehr. Aber ich bin mir auch bewusst, dass man in der Blechhülle mit vier Rädern oft ein bisschen ein anderer Mensch wird und anders argumentiert. Wenn aber Politiker, die eigentlich Verantwortung übernehmen sollten, behaupten, in Schönried bestehe keinerlei Gefahr für die Sicherheit und Geschwindigkeitsbeschränkungen seien unnötige Verkehrsbehinderungen, dann ist das unverantwortlich.

Ich selber bin praktisch jeden Tag und jeden Abend mit meinem Hund zu Fuss in Schönried unterwegs und kann dabei häufig haarsträubende Situationen beobachten, die typisch sind für Schönried. Denn wo im ganzen Berner Oberland können sonst zwei grosse Lastwagen mit mehr als 50 km/h mitten im Zentrum kreuzen, ohne die Geschwindigkeit zu reduzieren? Wo gibt es sonst im Berner Oberland ein Dorfzentrum, in dem auf mehr als 600 Metern kein Übergang für Fussgänger signalisiert ist (z.B. Fussgängerstreifen)? Das gibt es nur in Schönried.

Auch alle Schulklassen, die in den Ferienhäusern oberhalb der Hauptstrasse ihr Schullager verbringen, können in Schönried den Bahnhof nur erreichen, wenn sie sich über die ungesicherte Hauptstrasse wagen. Und schliesslich müssen auch viele Bauern, die ihre Milch in Schönried mit Anhängern in die Molkerei bringen, jeden Tag seit Jahren auf dem Trottoir parkieren, so dass Fussgänger auf die Fahrbahn ausweichen müssen – auch die Schulkinder!

Über die Verkehrsberuhigungsmassnahmen im Dorf Schönried kann man diskutieren und verschiedener Meinung sein. Tempo 30 ist nur eine Variante. Erstaunlicherweise weckt ein 30er-Verkehrsschild bei vielen Autofahrern jedoch unglaublich grosse Ängste, denn man könnte ja zu spät am Ziel ankommen. Doch Tempo 30 würde die Fahrzeit durchs Dorf nur um 15 Sekunden verlängern – 15 Sekunden, die jedoch die Sicherheit im Dorfzentrum um ein Vielfaches erhöhen würden. Übrigens: Wer von Saanen bis Schönried hinter einem beladenen Lastwagen oder hinter einem Landwirtschaftsfahrzeug herfahren muss, «verliert» so wesentlich mehr als 15 Sekunden.

Es spielt ja wohl letztlich keine grosse Rolle, welche verkehrsberuhigenden Massnahmen getroffen werden. Tatsache ist, dass etwas gemacht werden muss – und das möglichst bald. Bis heute ist zum Glück noch nie etwas Schlimmes passiert. Aber das könnte bei den heutigen Verhältnissen schon morgen anders sein.

ROBERT SCHNEITER, SCHÖNRIED


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