Bachs Vision: Bergbahnen Gstaad und Lenk verbinden

  07.11.2017 Saanenland, Tourismus

Marcel Bach lud zum Vortrag «Bergbahnen wohin?» im Landhaus Saanen ein. Der Saal füllte sich am vergangenen Donnerstagabend fast bis auf den letzten Platz. Bachs Kernbotschaft: «Mit Freude für den Tourismus arbeiten und den Gästen ein Lachen ins Gesicht zaubern.»

BLANCA BURRI
Marcel Bach rief und sie kamen alle: Politiker aus dem Saanenland ebenso wie aus dem Obersimmental, Touristiker und das Volk, 300 Personen hörten seinen Ausführungen zu. Er betonte aber schon zu Beginn der Veranstaltung, dass er als Privatmann spreche und weder als Präsident von Glacier Gstaad 3000 noch als Vorsitzender der Stiftung für Tourismus im Saanenland. «Der Vortrag ist zwar gratis, aber kritisch und wird nicht allen gefallen», betonte er.

Die Grundsteine des touristischen Erfolgs
Das Saanenland sei mit einer intakten Natur gesegnet, zu der man Sorge tragen müsse. Es herrsche praktisch Vollbeschäftigung, die Steuern seien tief und zukunftsorientierte Infrastrukturprojekte wie das Sportzentrum und der Flugplatz seien in der Realisation. Ebenso rühmte er den hohen Standard des Dienstleistungssektors und zeigte die Wichtigkeit der Privatschulen auf, die man beim Bauprojekt eines neuen Wintercampus unbedingt unterstützen müsse.

Entwicklungspotenzial
Die Politiker aber würden sich zu wenig vernetzen und wo nötig zusammenstehen, um in Bern für die eigenen Anliegen zu kämpfen. Dafür müsse man gemeinsam nach Bern fahren, um sich für seine Bedürfnisse stark zu machen. Er stellte auch die Sicherheit infrage, sprach die Spitalfrage kurz an und forderte, sich dafür einzusetzen. Da sich Les Arts Gstaad im Moment im Kreise drehe, sei es höchst fragwürdig, ob der Konzertsaal gebaut werde. Auch für die Jungen werde in der Region zu wenig gemacht. «Ich habe zwei Nachtclubs und beide sind zu», gestand er. Deswegen müsse auch er sich an der Nase nehmen. Er zeigte auf, dass all diese Themen wichtig für die Entwicklung der Region seien, auch für die Bergbahnen: «Die Bergbahnen sind wichtig, aber ebenso wichtig ist das Umfeld!»

Gstaad ist ein Skigebiet
«Es ist wunderbar, dass wir Alternativen zum Skifahren haben, aber es ersetzt niemals den Skitourismus», monierte er, denn: «Wir sind ein Skigebiet!» Und dies müsse man im Marketing unbedingt aufgreifen. Aus seiner Sicht war das Marketing von GST in den letzten zehn Jahren nicht gut genug. «Man sollte den Verwaltungsapparat und somit die Fixkosten klein halten», ist er überzeugt. Man solle möglichst viel Geld direkt in die Botschaften nach aussen verwenden. Ein Inhalt müsse sein: «Gstaad ist ein Skigebiet.»

Die Hauptsaison stärken
Marcel Bach fordert, die Destination während acht Monaten pro Jahr offen zu halten. Das bedeute, dass in dieser Zeit alle Geschäfte, Restaurants, Hotels, Bahnen etc. offen wären. In den vier verbleibenden Monaten solle man zur Zwischensaison stehen und die Ruhe auch so anpreisen.

Grosse Kritik übte er am ehemaligen Direktor von Gstaad Saanenland Tourismus, mit dem er das Heu offenbar nicht auf der gleichen Bühne hatte. Ebenso bekam Matthias In-Albon, Geschäftsführer Bergbahnen Destination Gstaad AG (BDG), sein Fett weg. Bach hat das Gefühl, dass In-Albon den Puls des Saanenlandes noch nicht spüre. Heinz Brand, VR-Präsident der BDG, stärkte Matthias In-Albon aber den Rücken und sagte, dass der Verwaltungsrat für die zum Teil unpopulären Entscheide, welche die BDG gefällt habe, ebenso viel Verantwortung übernehme.

«Gstaad und der Gletscher gehören doch zusammen»
Marcel Bach insistierte, dass GST, die BDG und die Gemeinde stärker zusammenarbeiten und sich auch informell mehr austauschen sollten.

Er sieht Gstaad als «Boutique Skigebiet», das nicht billig, sondern gut sei. Und in dieses Paket gehöre auch der Gletscher: «Gstaad und der Gletscher gehören doch zusammen!» Es könne doch nicht sein, dass Gstaad mit den Skigebieten Haslital und Jungfrau ins Bett gehe und den Gletscher aussen vor lasse. Auch die Öffnungszeiten der Bergbahnen hätten sich als Reizwort entwickelt. Während auf dem Gletscher in Zukunft die Öffnungszeiten auf 355 Tage pro Jahr erhöht würden, baue die BDG diese ab. Aber auch hier blieb Bach selbstkritisch. Man habe im Oktober Revisionsarbeiten machen lassen, was angesichts des schönen Wetters, bei dem man viele Touristen hätte befördern können, etwas ungünstig gewesen sei. Den von der BGD geforderten Leistungsauftrag sieht Marcel Bach mit kritischen Augen. «Wo bleibt danach die Initiative der Einzelnen?», fragte er rhetorisch.

Wispile und Rellerli
Schliesslich teilte Marcel Bach seine Zukunftsvision betreffend die Bergbahnen mit. Er sprach über das kontroverse Thema Rellerli und den Investor Ernesto Bertarelli. «Da die Bergbahnen fast bankrott gegangen sind, haben wir Ernesto Bertarelli geholt», betonte er, er sei nicht von selber gekommen. Die BDG habe vertraglich verlangt, dass nach dem Verkauf die Bahn zurückgebaut werde und keine neue gebaut werde. An diesem Entscheid solle man festhalten. Dass man dem Retter nun Vorwürfe mache, sei nicht gut. Er sprach die Pressemitteilung vom Verein Freunde des Rellerli (FDR) an, in der es hiess, dass es noch zu keinen Gesprächen zwischen ihnen und dem Investor gekommen sei. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass sich Bertarelli mit ihnen treffen wolle, so Bach. Dem Sektor West stärkte er den Rücken, denn die Zusammenarbeit zwischen dem Privatclub für Schlittler und der BDG sei auf guten Wegen. «Ich freue mich schon, nachts die beschneite und beleuchtete Piste hinunterzuschlitteln», sagte er lachend, und obwohl noch nicht so bekannt, sei die Piste nach Rougemont einzigartig.

Sektor Ost ist entscheidend
Für die BDG sei finanziell gesehen aber der Sektor Ost wichtig, weil er am meisten Ersteintritte generiere. Deswegen müsse man dringend die Beschneiung ausbauen, eine Sesselbahn von Gfell auf die Hornfluh bauen und vor allem eine gute Bahn ab St. Stephan und von dort eine Busverbindung nach Lenk. Wenn die beiden Skigebiete Gstaad und Lenk-Adelboden verbunden würden, so habe man 400 km Piste. Aus der Sicht von Marcel Bach ein «Traumprodukt, das sich ideal vermarkten lässt!» Die Hauptinvestitionen sollten durch die öffentliche Hand getätigt, der Betrieb aber von der BDG getragen werden, schlägt Bach vor. Alle Teilprojekte sollten bereits bis 2020 Realität werden. Und zwar solle man diese Projekte mit Freude umsetzen, denn «Freude bringt uns weiter!», und «wir brauchen wieder Lebensfreude, damit wir wieder ein Lächeln auf den Lippen haben.»

Aus der Seele gesprochen
Seine flammende Rede – sie dauerte eine gute Stunde – fiel auf Resonanz. Wenn er sich selbstkritisch gab, seinen Humor durchblitzen liess und den Nerv der Anwesenden traf, reagierte das Publikum mit einem Raunen, einem Lacher oder Applaus. Es gelang ihm, eine positive Stimmung und bei einigen sogar Begeisterung hervorzurufen. So waren die Wortmeldungen im Anschluss vor allem positiv: «Sie haben mir aus dem Herzen gesprochen», sagte zum Beispiel eine Frau. Ein Mann erklärte, dass er den «Anzeiger von Saanen» seit Jahren lese und immer wieder erstaunt sei über die vielen selbstzerfleischenden Leserbriefe. Wenn man sich unter den verschiedenen Leistungsträgern und mit den angrenzenden Tälern einigen könne, habe man unglaublich viel Potenzial im Saanenland.

Auch in Bezug auf das Rellerli gab es Wortmeldungen. Mitglieder des FDR standen für das Rellerli und wehrten sich gegen den Vorwurf, dass man den Investor durch den Dreck gezogen habe. Eine Person fragte Marcel Bach, ob er nicht ein Treffen zwischen dem FDR und Ernesto Bertarelli arrangieren könne. Diese Frage liess Bach offen.

Den Rücken gestärkt
Heinz Brand meinte, Bach habe der BDG im Referat den Rücken gestärkt und gestand: «Wir machen zwar noch Fehler, doch wir versuchen, es künftig besser zu machen.» Er schob nach, dass eine Sanierung es einfach mit sich bringe, dass man den Leuten auf die Füsse trete.

Gemeindepräsident Toni von Grünigen wehrte sich gegen den Vorwurf, dass man zu wenig eng zusammenstehe. Am Beispiel der aktuellen Spitalthematik zeigte er auf, dass die Gemeinden vom Simmental und Saanenland zusammenarbeiteten und mit Nationalrat Erich von Siebenthal einen einzigen Sprecher bestimmt hätten, der die ganze Gruppe gegen aussen vertrete.

Im Anschluss an die Versammlung sagte Toni von Grünigen, dass er nicht das Gefühl habe, dass Marcel Bach vor einer fremden Tür gewischt habe. «Es ist der Vorteil der direkten Demokratie, dass jeder ein Versammlungsrecht hat.» Bachs Vorschläge für eine Verbindung zwischen den Skigebieten Gstaad und Lenk kann er nachvollziehen. Er gibt aber zu bedenken, dass der Vorschlag der Stärkung von St. Stephan mit der Rückweisung der Eignerstrategie 2014 abgelehnt worden war. Deswegen sei es für ihn schwierig, ein Projekt so kurze Zeit nach der Abstimmung wieder aufs Tapet zu bringen.

Positive Bilanz
Marcel Bach zieht eine positive Bilanz. «Ich habe Freude, dass so viele Leute gekommen sind und dass wir eine positive Stimmung hatten.» Er hoffe, dass der Abend eine Beschleunigung der Entwicklung des Saanenlandes auslöst.


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