Spannende Geschichten an der Museumsnacht

  17.11.2017 Kultur, Saanen

Zusammen mit elf weiteren Museen des Greyerzerlandes und des Paysd’Enhaut hat das Museum Saanen am vergangenen Samstag zur Museumsnacht eingeladen. Zahlreiche Besucher von nah und fern folgten den spannenden Erzählungen von Hanspeter Grundisch, Hugo Raaflaub und Hannes Moor über die Grafen von Greyerz, die Saanengeiss und über Treicheln und Glocken.

ÇETIN KÖKSAL

Die Grafen von Greyerz
Hanspeter Grundisch erzählte von den Anfängen der alemannischen Besiedelung des Saanenlandes und der Herrschaft der Grafen von Greyerz während fast 500 Jahren. So erfuhr man, dass sich die freiheitsliebenden, schlauen und damals schon geschäftstüchtigen Saaner im Verlauf von 200 Jahren immer mehr Freiheiten von ihren greyerzer Herren erkauften. Schliesslich benötigten die Grafen fortlaufend Geld für Kriege und ihren ausschweifenden Lebensstil. Als dann Michael, der letzte Graf von Greyerz, 1548 wegen finanzieller Nöte ins Burgund floh, wurde die Grafschaft Greyerz unter den Hauptgläubigern Freiburg und Bern aufgeteilt. Graf Michael wurde zur Legende, da er bis zu seinem Tod immer wieder versuchte, mit Alchemie und eigener Münzprägung den Reichtum zurückzugewinnen.

Das Saanenland blieb trotz einiger Befreiungsversuche der Einheimischen in bernischem Besitz. Bis heute geblieben ist der Kranich, «la grue», im Wappen von Saanen. Viele der ehemaligen Gemeinden der Grafschaft Gruyère haben dieses Wappentier geerbt. Warum haben die Greyerzer Herrschaften gerade diesen Vogel, den man bei uns schon lange nicht mehr sieht, als Wappentier ausgewählt? Weil es damals in der Grafschaft und somit auch im Saanenland viel mehr kleine Seen gab, wo der Kranich Lebensraum fand, erzählte Hanspeter Grundisch.

Die Saanengeiss
Obwohl sie für die Saaner von ungleich grösserer Bedeutung war, hat es die weisse Ziege nicht auf das Wappen geschafft. Verdient hätte sie es allemal, war sie doch für viele landlose, arme Familien das Nutz- und Haustier, welches ihnen das Überleben sicherte. Hugo Raaflaub erklärte, dass die Saanengeiss die einzige Ziegenrasse sei, die bis heute nahezu unverändert existiere. Sie gibt viel Milch, ist gesellig und hitzeresistent, was dazu führte, dass sie bereits vor langer Zeit zum Exportschlager des Saanenlandes wurde. Ihre guten Eigenschaften wurden im Libanon und in Jordanien ebenso geschätzt wie in Südamerika. Mit Zug und Schiff ging die Saanengeiss auf Weltreise. Ganz wichtig im Umgang mit Ziegen sei, dass man sie gut behandle, wie Hugo Raaflaub in einer heiteren Anekdote erläuterte. Ein ihm bekannter Bauer verbrachte mit seiner Ziegenherde den Sommer auf einer Alp. Jeden Tag um 11 Uhr führte die Leitziege die Herde zum Stall, damit der Bauer die Tiere melken konnte. Während der Bauer nun am Melken war, geriet die Leitziege mit einer Untergebenen in eine kleine Rauferei, wobei die Leitziege in der Hitze des Gefechts versehentlich den Milchbottich des Bauern umwarf. Dieser verpasste der Ziege aufgebracht eine Ohrfeige. Zunächst geschah nichts Aussergewöhnliches. Am nächsten Tag jedoch wartete der Bauer vergeblich um 11 Uhr auf seine Herde. Sieben Tage lang verweigerte ihm die Leitziege die «Zusammenarbeit» und er musste selber mühsam seine Herde suchen gehen. Erst am achten Tag schien der Bauer genügend Busse getan zu haben. Die Leitziege führte von nun an wieder zuverlässig jeden Tag die Herde pünktlich zum Stall.

Von Treicheln und Glocken
Auch Kühe wollen korrekt behandelt werden. Besonders sorgfältig sollte man bezüglich Eigentumsverhältnissen sein. Wie Hannes Moor erzählte, haben ihm Bauern verschiedentlich über die Wichtigkeit der Treicheln und Glocken für ihre Kühe berichtet. Einmal soll eine erzürnte Kuh eine Artgenossin mit ihren Hörnern getötet haben, weil der Bauer ihr aus Versehen die falsche Glocke umgehängt hatte. Diejenige, welche unabsichtlich fremdes Eigentum trug, bezahlte mit ihrem Leben. Es soll auch vorgekommen sein, dass eine alternde, müde Leitkuh zu neuer Frische und neuem Lebensmut gefunden habe, sobald ihr die gewohnte Treichel umgehängt wurde.

Nicht nur die Bauern identifizieren also ihre Tiere mithilfe der Treicheln und Glocken, nein, auch die Kühe selbst, was die Bedeutung dieser Geläute aufzeigt. Die Familie Schopfer hat die Handwerkskunst des Glockengiessens über Generationen hinweg vererbt und zur Perfektion getrieben. Mit dem vielbegabten Charles Schopfer endete die Glockengiesserdynastie. Er nahm die Geheimnisse, welche zur berühmten Klangfülle und Präzision dieser Glocken führte, buchstäblich mit ins Grab. Vielleicht lüften die von Hannes Moor gemachten Wasserklangbilder der Glocken das Geheimnis eines Tages wieder.

Ab dem 16. Dezember 2017 wird das Museum der Landschaft Saanen wieder von Dienstag bis Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet haben.


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