Die Alpen – Les Alpes – Le Alpi – Las Alps: Gstaad Menuhin Festival & Academy 2018

  15.12.2017 Kultur, Gstaad, Konzert, Musik

Schon immer inspirierte die Alpenwelt Musiker aller Epochen. Unzählige Kompositionen entstanden unter dem Einfluss von Naturschauspielen, Hirtenklängen und allem, was sich in der engeren Heimat des Gstaad Menuhin Festivals abspielt. Die bevorstehende Konzertsaison wird deshalb unter das Motto «Die Alpen» gestellt.

LOTTE BRENNER

Von Mitte Juli bis Anfang September wird das Gstaad Menuhin Festival & Academy 2018 wiederum mit grossen Konzerten, Kammermusikabenden, Akademien und vielen interessanten Nebenveranstaltungen aufwarten. Hinter dem Sommer-Event steckt eine immense Arbeit. Intendant Christoph Müller hat dem «Anzeiger von Saanen» ein Interview gewährt.

Viele klassische Musiker wurden durch die Kultur in den Alpen inspiriert. Sie haben das bevorstehende Festival unter dieses Motto gestellt. Wie war das Echo von Seiten der Musiker?
Viele Musiker zeigten sich spontan erfreut über das doch sehr naheliegende Thema und stimmten freudig zu. Andere Mottos, zum Beispiel «Pomp» oder «Humor», verlangten mir mehr Überzeugungskraft ab.

Im Pogramm ist ein Konzert übertitelt mit «Alle Schweizer können jodeln». Wie ist das bei Ihnen? Jodeln Sie auch?
Ja, das ist ein Zitat von Felix Mendelssohn. Auf mich trifft dies jedoch nicht zu. Diesen Schritt wagte ich nie. Aber eigentlich hätte jedermann die nötigen Anlagen dazu, jeder könnte die Kopfstimme dazu ausbilden.

Worauf freuen Sie sich persönlich in der Saison 2018 besonders?
Zum Beispiel auf die holländische Geigerin Janine Jansen, die vor ein paar Jahren als Solistin auftrat und nun erstmals kammermusikalisch gastiert. Sie gehört inzwischen zu den ganz grossen Geigerinnen. Spannend wird auch das Konzert in der Kirche Boltigen vom 7. August mit zum Teil osteuropäischen Einflüssen. Nemanja Radulovic ist eine hervorragende, faszinierende Akkordeonistin, die das Akkordeon salonfähig macht. Neugierig bin ich auch auf die Eigenproduktion mit dem Gstaad Festival Orchestra, Wagners Walküre, Kammermusik, Kirchenkonzerte … Es sind derer viele spannende Aufführungen. Speziell ist auch der Eröffnungszyklus der vier Jahreszeiten mit dem Geiger Daniel Hope. Die Naturerscheinungen werden in drei Varianten interpretiert, die Komposition von Haydn erstmals in deutscher Sprache. Ich bin stolz, dass diese Schweizer Premiere erstmals in Gstaad stattfindet.

Wie läuft das Sponsoring und besteht allenfalls eine Defizitdeckung?
Wir sind gut unterwegs, mittendrin im Sponsorenlauf. Da wir die Programme jeweils acht Monate im voraus ankünden, bleibt natürlich ein Restrisiko bestehen, was jedoch nicht beunruhigt. Defizitgarantie haben wir keine. Schlimmstenfalls müssten wir auf unsere kleine Reserve zurückgreifen, aber dies wirklich nur im äussersten Notfall.

Denken Sie, dass das Thema auch Oberländer anziehen könnte, die sonst nicht unbedingt an klassischer Musik teilhaben?
Dies wäre ein schöner Effekt. In einzelnen Konzerten wird ja ein Jodlerchor auftreten.

Jedes Jahr gelingen Ihnen erneute Spannungssteigerungen. Wo finden Sie nur immer neue Ideen, neue Künstler, neue Themen? Woher nehmen Sie die Kraft dafür?
Neue Ideen entstehen laufend im Prozess der Projekte. Viele Ideen kommen auch von aussen, von den Musikern, den Künstlern. In diesem Fall, gilt es den Kontext zu suchen. Die Vorschläge müssen passen und ins Programm eingebunden werden. Wichtig ist für mich, dabei stets Distanz zu wahren, es von der andern Seite anzugehen. Jedes Festival ist eine Neuschöpfung. Dinge sollten sich nicht wiederholen, auch dort nicht, wo Künstler fest eingebunden sind. Die Bindung gewisser Künstler ans Publikum gehört eben auch dazu. Beides ist wichtig. Doch das Programm lebt von neuen Inhalten.

So, wie wir Sie kennen, steckt für 2019 bereits ein Pfeiler in Ihrem Köcher. Ist es so, dass kaum eine Saison anläuft, Sie auch schon an Elementen für die darauf folgende arbeiten, gar Verträge abschliessen?
Eine gewisse Langfristigkeit ist nötig, doch lasse ich stets ein Fenster für Kurzfristigkeitn offen. Für 2019 steht schon einiges fest, aber die grosse Masse ist noch offen.

Seit Jahren schon geben Sie dem Festival das Gesicht. Man könnte sagen, Sie seien mit ihm verheiratet. Was geschieht, wenn Sie mal ausfallen, zum Beispiel krank sind? Auch wenn Ihnen ein sehr gutes Team zur Seite steht, so denke ich, dass ganz vieles einfach nur in Ihrem Kopf ausreift.
Jeder ist ersetzbar. Dies gilt auch beim Gstaad Menuhin Festival. Beim Strukturaufbau wirkt das Team massgeblich mit. Es ruht nicht alles auf mir. Die Struktur ist breit abgestützt. Von meiner Person aus gehen vor allem die inhaltlichen und künstlerischen Impulse und die dazu gehörende Überzeugungskraft. Auch bei den Nebenbetrieben, zum Beispiel der Academy, ist es so, und es ist nicht gar zu schlimm, wenn der Anführer mal ausfällt.

Was steht zuerst, das Festivalthema oder die Künstlerauswahl?
Zuerst das Thema. Dies wird in einer Dreijahresplanug festgelegt.

Nun noch zu Ihnen persönlich: Ihr Instrument ist das Cello. Dieses nötigt Ihnen als seriösen Musiker doch auch viel Zeit ab. Bleibt da noch Raum für anderes? Was machen Sie, wenn Sie mal nicht gerade der Musik verpflichtet sind?
Das Cello habe ich ein paar Jahre lang weggelegt. Ich stelle keinen professionellen Anspruch mehr, doch spiele ich mein Instrument mittlerweile als Hobby. Das bietet mir Ausgleich. Nächstens werde ich zum Beispiel in den Saaner Altjahrskonzerten im Orchester mitspielen. Daneben verfolge ich eigene Projekte in Basel. Es sind Projektentwicklungen auf verschiedenen Plattformen. Kürzlich habe ich zusammen mit einem Freund im Kleinbasel eine Kulturbar eröffnet. Musik und Gastronomie sind angesagt, Konzerte geplant. Unter anderem werden Patricia Kopatchinskaja (Violine) und Maurice Steger (Blockflöte) auftreten. Daneben zieht es mich immer wieder in die Natur. Frische Luft und Bewegung brauche ich ebenfalls als Ausgleich.


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