Zivildiensteinsatz in Nepal

  08.12.2017 Reisen, Schweiz

Björn Schär aus Schönried ist Anfang Oktober für einen Zivildiensteinsatz nach Nepal geflogen. Zwar weilt er bis kurz vor Weihnachten noch in Nepal, hat jedoch bereits seine Eindrücke vom etwas ungewöhnlichen Zivildiensteinsatz am Telefon geäussert und Bilder in seine alte Heimat übermittelt.

BLANCA BURRI

«Es geht mir gut, ich kann nicht klagen, denn ich lebe ein einfaches, angenehmes, aber interessantes Leben», sagt Björn Schär bei einem WhatsApp-Anruf um die halbe Welt. Dann versteht man ihn kaum noch. Er sucht einen Standort, wo die WLAN-Verbindung besser ist. Schliesslich klappt es mit der Verbindung hervorragend.

Belebtes Kathmandu
Anfang Oktober ist Björn Schär mit einem Zvildienstkollegen von Zürich über Maskat (Oman) nach Kathmandu gereist, wo sie ein paar Tage Zeit hatten, sich anzugewöhnen. «Kathmandu ist eine belebte Stadt mit viel Verkehr und dadurch recht viel Staub», erinnert sich der Schreiner. Glücklicherweise habe sie ein lokaler Bekannter durch Gassen und Strassen geführt und ihnen zahlreiche Tipps gegeben, wie sie die Stadt erleben könnten. Das habe den Einstieg etwas vereinfacht. Und so hätten sie einige Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt von Nepal angeschaut. So auch den Boudhanath-Stupa, ein buddhistisches Bauwerk, oder Pashupatinath, eine hinduistische Tempelanlage, wo eine ganz andere Kultur gelebt werde, als in Mitteleuropa.

Holprige Anfahrt
Nach ein paar Tage hätten sie einen künftigen Mitarbeiter getroffen, der nach Kathmandu gereist sei. Zusammen wollten sie ins Hinterland, nach Saiopo reisen, wo ihr Einsatzort war. «Es war schön zu wissen, vom touristischen Kathmandu wegzukommen und ins authentische Hinterland zu gelangen», erinnert sich Björn Schär. Die Anfahrt sei dann schon etwas abenteuerlich gewesen. «Beim ersten Streckenabschnitt ging es noch flott vorwärts, doch danach wurden die Strassen immer schwieriger und die Fahrt immer langsamer.» Der Jeep sei über holprige, unbefestigte Pfade gefahren und man habe für die 160 km lange Strecke (Gstaad–Aarau) neun Stunden gebraucht. «Wir sassen zu acht im Auto, das Gepäck inklusive Werkzeug war auf das Dach gebunden.» Die letzten Kilometer seien ziemlich steil gewesen und der Jeep sei Kurve um Kurve zum Dorf auf der Hochebene hochgekrochen. «Beim Mittagshalt habe ich dann zum ersten Mal ‹Dal Bath› – Reis mit Linsen – gekostet», lacht Björn Schär. Das sei schliesslich die Hauptnahrung für die nächsten paar Wochen geworden.

Erkundungstour
Von der Busstation liefen die Handwerker zum Base Camp des Hilfswerkes «Kam for Sud», für das sie die nächsten paar Wochen arbeiten würden. Das Camp bestand aus ein paar wenigen Steinhütten, wo die sieben Arbeiter zusammenwohnten. Danach ging es laut Björn Schär auf Erkundungstour. «Nun endlich konnten wir die wunderschöne, naturbelassene Gegend erkunden.» Das Dorf erstreckt sich von 800 bis 2500 m ü. M. Erstaunlich, dass die Bauern den ganzen Bergkamm bis zum Gipfel bewirtschaften. Wegen der Weitläufigkeit des Landes sind auch die Dörfer auseinandergezogen, beginnen meist im Tal und enden auf dem Berg. «Bei dieser Erkundungstour haben wir auch die Baustellen angeschaut, bei denen wir später mitwirkten.» Dazu gehörten ein medizinisches Zentrum und eine Schule, die im Begriff zu entstehen waren. Die Häuser werden aus gemeisselten Steinen hergestellt. In einem Abstand von jeweils rund 70 cm wird für die Erdbebensicherheit ein Betongürtel eingefügt, so entstehen sehr robuste Häuser. Die Türen, Fenster und Dachkonstruktion hingegen sind aus Holz.

Arbeitsstart
Schon bald starteten die Zivildienstleistenden aus der Schweiz zusammen mit Nepalesen mit ihrem Arbeitseinsatz. Ehe sie die Fensterrahmen herstellen konnten, gab es aber noch einiges zu tun: «Bevor wir mit den eigentlichen Arbeiten beginnen konnten, mussten wir einen gedeckten Lagerplatz für unser Holz bauen.» Während sie anschliessend auf die Holzlieferung warteten, richteten sie sich ein einfaches gedecktes Atelier ein, wo sie das Holz bearbeiten konnten. Das meiste war Handarbeit, denn es gab wenig Strom und fast keine Maschinen. Schliesslich begannen sie Fenster- und Türrahmen sowie Türen zu produzieren und zu montieren. «Da in Nepal die Zeit etwas anders dreht als bei uns, wurden wir mit den Arbeiten nicht ganz fertig», sagt der Schönrieder am Telefon. Er nimmt an, dass die beiden Gebäude in einem Jahr fertiggestellt sein werden.

Keine Autos
Saipo ist sehr ländlich, es gibt auch praktisch keinen Verkehr. Wenn überhaupt, so sind einfache Töffs auf den Strassen unterwegs. «Die Einheimischen gehen alle zu Fuss, der Lehrer zum Beispiel läuft jeden Tag rund zwei Stunden den Berg hinauf, bis er beim Schulhaus ist.» So waren die Füsse auch für die Zivildienstleistenden die einzige Fortbewegungsmöglichkeit.

Gemüsereichtum
Der gelernte Schreiner erzählt, dass die Nepalesen im terrassierten Gelände verschiedene Gemüsesorten, Linsen, Reis und Bohnen anplanzen. Das sind auch die Zutaten, die für das tägliche «Dal Bath» verwendet werden. «Auch nach so langer Zeit finde ich ‹Dal Bath› noch immer sehr fein.» Mit ein Grund ist bestimmt, dass es auf tausend verschiedene Arten zubereitet werden kann. Gegessen wurde am Morgen auf der Baustelle und am Abend im Camp. Das Camp wurde von den zwei Schweizern und den fünf Nepalesen bewohnt. Sie teilten sich den Küchendienst auf. Dies führte auch dazu, dass das «Dal Bath» immer wieder auf eine ganz neue Art interpretiert und gewürzt wurde. So war die Speise, obwohl die Grundzutaten immer dieselben waren, abwechslungsreich und schmackhaft. Fleisch gab es hingegen nur selten. «Einmal haben wir ein Huhn geschenkt erhalten, das wir gerupft und gekocht haben.» Auch Fisch gab es von Zeit zu Zeit: «Manchmal haben wir im nahen Bach gefischt. Zwar fingen wir nur Minifische, doch wir haben diese Proteine mit Wonne verzerrt». Eigentlich hat Björn Schär nichts aus der Schweiz vermisst – ausser vielleicht ein Stück Schokolade von Zeit zu Zeit. «Mein recht grosser Schokoladenvorrat hat nicht bis zum Schluss gereicht und so freue ich mich nach der Rückkehr wieder auf die zartschmelzende Schweizer Schokolade.»

Arbeitsrhythmus
An sechs Tagen pro Woche arbeiteten sie, am Samstag hatten sie frei. «Dann unternahmen wir Wanderungen, einmal sogar ein mehrtägiges Trekking in die Nachbarschaft», erzählt der Schreiner. «Einmal wanderten wir zu einem Wasserfall, den wir schon lange auf der gegenüberliegenden Talseite gesehen hatten.» Nach rund vier Stunden Wanderzeit kamen sie beim Wasserfall an und scheuten sich nicht, ein Bad im eiskalten Wasser zu nehmen. Durch den Tag war meist T-Shirt-Wetter, am Abend aber wurde es empfindlich kalt. Nicht vergessen wird Schär die wertvollen Begegnungen mit den Einheimischen. «Sie haben so wenig und teilen trotzdem alles.» Das hat ihn beeindruckt. Ab und zu wurden sie von den Nachbarn zu religiösen Riten eingeladen und einmal stiessen sie auf einer Wanderung auf die Werkstätte eines Schmids und Messerschleifers, dem sie zusahen, wie er seine Arbeit mit einfachsten Hilfsmitteln verrichtete.

Vor Weihnachten zu Hause
Sein Arbeitseinsatz ist inzwischen abgeschlossen. Nun besucht er noch ein Waisenhaus, das von derselben Hilfsorganisation betrieben wird. Anschliessend wird Björn Schär mit seiner Freundin noch durch Nepal reisen. Die Weihnachtszeit möchte er aber wieder in der Schweiz verbringen. «Ich hoffe, es hat dann noch Schnee, damit ich etwas auf die Bretter kann», lacht er.

Weitere Fotos: https://tinyurl.com/yctubghk


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