Das Produkt steht neu im Zentrum

  13.02.2018 Gstaad

Seit einem guten Jahr ist das Marketing von Gstaad Saanenland Tourismus und Bergbahnen Destination Gstaad unter einem Dach vereint. Andreas Wandfluh (Marketingleiter Destination Gstaad), Sébastien Epiney (Tourismusdirektor) und Matthias In-Albon (Geschäftsführer BDG) sagen, was man im ersten Jahr erreicht hat.

BLANCA BURRI

Was waren die ersten Arbeiten nach der Gründung?
Andreas Wandfluh:
Wir haben die Marketingabteilungen von GST und BDG zusammengefügt. Das gab organisatorisch gesehen viel Arbeit, weil ein gemeinsames Team aufgebaut und sämtliche Marketingthemen zusammengelegt wurden. Beide Unternehmen hatten bereits künftige Aktivitäten geplant, die wir koordiniert umgesetzt haben. Erschwerend kam hinzu, dass wichtige Mitarbeiter vorgängig GST verlassen haben und dass die zwei Marketingstellen bei der BDG während rund sechs Monaten nicht besetzt waren.
Matthias In-Albon: Wir haben die Abgänge bewusst nicht ersetzt, damit der neue Marketingleiter der gemeinsamen Gesellschaft sich seine Leute selber aussuchen kann.

Was haben Sie im ersten Jahr gemacht?
Andreas Wandfluh:
Wir haben über 90 Medienreisen betreut und drei Werbekampagnen ausgeführt. Im Bereich E-Marketing haben wir die Homepage benutzerfreundlicher gestaltet und ein neues Arbeitsinstrument zur besseren Bewirtschaftung der sozialen Medien eingeführt. Das grosse Thema im Salesbereich war die Marktstrategie, die wir, angelehnt an die Destinationsstrategie, gemeinsam mit den Leistungsträgern angepasst haben. Hauptmarkt bleibt die Schweiz, prioritäre Märkte sind das Vereinigte Königreich und Nordamerika, zudem bearbeiten wir auch Belgien, Deutschland, Frankreich und die Golfstaaten.

Das Produkt Management wurde stark ausgebaut. Was haben Sie in diesem Bereich gemacht?
Andreas Wandfluh:
Darin hatten wir noch wenig Erfahrung, weil es diese Abteilung so noch nicht gegeben hat. Wir haben zusammen mit unseren Partnern eruiert, was die grossen Themen sind, die wir bearbeiten müssen und wo wir schnelle Erfolge erzielen können.

Wollen Sie mit dem Produkt Management neue Lifte bauen?
Andreas Wandfluh:
Nein, überhaupt nicht, dafür haben wir keine Mittel. Wir haben aber Personalressourcen, die wir einsetzen können, um neue Produkte oder Produktverbesserungen zu initiieren, koordinieren und/oder zu unterstützen.

Zum Beispiel?
Andreas Wandfluh:
Wir stecken mitten in der Neupositionierung der BDG-Berge. Auch gibt es zwei Themenwege, die die Dorforganisationen umsetzen werden und bei deren Entwicklung wir mithelfen. Bei all unseren Aktivitäten ist der Fokus im Sommer auf Wandern und Radfahren und im Winter auf Skifahren, Langlauf und Winterwandern. Natürlich sind wir auch im Bereich Event aktiv, zum Beispiel haben wir mitgeholfen, «Das Zelt» in die Destination Gstaad zu bringen oder den «Bergkönig» zu lancieren. Wir hoffen, dass «Das Zelt» nach der diesjährigen Pause wieder nach Gstaad kommen wird, um die Zwischensaison zu «bereichern». Wir veranstalten auch Events im Tourismusbereich, zum Beispiel war der GCC-Workshop (Verkaufsanlass für die Golfstaaten) vor einem Jahr da. Das war der Testlauf für den Snow Travel Mart Switzerland, der im März in Gstaad zur Ausführung kommt.

Was ist der Snow Travel Mart Switzerland?
Andreas Wandfluh:
Dieser Event findet alle zwei Jahre in einer anderen Schweizer Destination statt. 120 weltweit wichtige Reiseunternehmen im Winterbereich werden dieses Jahr nach Gstaad kommen, um sich über die Schweiz, aber vor allem auch über Gstaad zu informieren und die Destination «live» zu erleben.

Gstaad war im vergangenen Jahr in den Medien oft mit witzigen Anlässen vertreten.
Andreas Wandfluh:
Wir haben versucht, statt viel Geld in Plakatkampagnen zu stecken, mit Produkten zu werben. In Bern haben wir dank der Idee eines Einheimischen eine Skipiste mit Förderband für die Kleinen gebaut. Die Piste hat viele Berner Kinder mitten in der Hauptstadt auf die Ski gebracht. Viel wichtiger aber war das grosse Medienecho, das die Aktion ausgelöst hat. Wir haben auch Fondue-Gondeli nach Bern und Zürich gebracht, in denen während des gesamten Winters Fondue serviert wurde. Seither haben wir immer wieder Anfragen, ob wir die Gondeli auch in andere Region bringen können.

Wer hatte den Lead bei der Top-4-Werbekampagne?
Andreas Wandfluh:
Das Produkt wurde gemeinsam entwickelt. Den Lead in der Umsetzung hatten dann die Jungraubahnen. Es wäre nicht gut herausgekommen, wenn alle vier Destinationen die Kampagne in gleichen Teilen initiiert hätten. Die Rollenaufteilung wird nach diesem ersten Durchführungsjahr jedoch überdacht und justiert.

War der Aufwand für die Umsetzung von Top-4 gross?
Andreas Wandfluh: Ja, das war ein «Riesen-Töff»! Nur schon die technischen Anforderungen innert so kurzer Zeit umzusetzen, war enorm. Da haben unsere Leute bei den Bergbahnen Grosses geleistet. Aber auch die gemeinsame Werbekampagne war gewaltig. Der Aufwand hat sich aber für alle vier Skigebiete gelohnt.

Wie viele Skitickets wurden verkauft?
Matthias In-Albon:
Wir haben mit 20 000 Tickets gerechnet, 37 000 Tickets wurden verkauft.

Die Gäste müssen aber zum Skilaufen nach Gstaad kommen, damit die BDG etwas vom grossen Topf erhält.
Matthias In-Albon:
Das ist genau richtig. Eine erste Zwischenbilanz zu ziehen, ist aber noch zu früh. Wir können noch nicht abschätzen, wie viele Februargäste über ein Top-4-Skiabo verfügen, die früher Tageskarten gekauft haben. Ende Monat können wir sagen, wie es weitergeht.

Wird das Defizit aufgefangen werden, welches das Konkurrenzabo Magic Pass vor allem aus dem Einzugsgebiet Romandie ausgelöst hat?
Matthias In-Albon:
Ja, das wissen wir schon heute. Wir haben im Moment mehr Leute im Gebiet, dafür bin ich dankbar. Vor allem auch dafür, dass wir einen angemessenen Preis definieren konnten, der uns hoffnungsvoll in die Zukunft blicken lässt, weil es kein Dumpingpreis ist.

Gibt es weitere Vorteile von Top-4?
Matthias In-Albon:
Rund ein Drittel aller Ersteintritte stammen von Top- 4-Saisonabo-Besitzern. Viele von ihnen waren noch nie in unserem Skigebiet. Dadurch konnten wir unseren Bekanntheitsgrad als Skidestination enorm steigern. Es gilt nun, diese neuen Gäste zu «Wiederholungstätern» zu machen.

Was für ein Fazit ziehen Sie nach dem ersten Jahr Marketinggesellschaft?
Andreas Wandfluh:
Ich ziehe persönlich ein sehr positives Fazit. Noch immer haben wir aber viel Luft nach oben, die Baustellen gehen uns nicht aus.Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir sind schlagkräftig und wir haben ein super Team, das bereit ist, Vollgas zu geben.
Sébastien Epiney: Statutarisch bleibt das Destinationsmarketing in der Verantwortlichkeit von GST. Die Idee der Marketinggesellschaft zur Mittelbündelung und für eine optimierte Marktbearbeitung ist absolut richtig. Wir führen diese Tochtergesellschaft gemeinsam und sind gut unterwegs.

Es scheint viel auf Kooperationen hinauszulaufen, ist das das neue Wundermittel?
Andreas Wandfluh:
Kooperation ist eine von vielen Möglichkeiten, um Marketinggelder effizienter einzusetzen. Das Wundermittel ist sie aber nicht. Für mich halten die Leistungsträger das Wundermittel in den eigenen Händen: schöne, saubere Hotelzimmer, tolle Pisten, offene Bahnen und so weiter. Bei schlechter Qualität kommt der Gast aufgrund der Werbung nur einmal und dann nie wieder. Gut ist, dass unseren Leistungsträgern bewusst ist, dass sie ein tolles Angebot bereitstellen müssen.
Sébastien Epiney: Die Produkte in der Destination Gstaad sind sehr gut und vielfältig. Auch bei schlechtem Wetter kann man viel erleben. Trotzdem gibt es noch Potenzial nach oben, zum Beispiel bei der Berginszenierung und bei Familienangeboten. In der Werbung können wir im digitalen Bereich, mit Kooperation und mit der Marke «Gstaad» noch viel erreichen. Wir müssen gemeinsam als Destination Gstaad gegen aussen auftreten, egal, wer die Arbeit im Hintergrund macht. GST führt zum Beispiel weiterhin in Eigenregie die Direktreservation, den Webshop und das Ticketing. Aber dies soll dem Gast egal sein. Wichtig ist, dass die Leistungen kundenfreundlich und kompetent erbracht werden. Wir wollen ein Wir-Gefühl kreieren und die Destination Gstaad als Ganzes vermarkten.
Matthias In-Albon: Was Andreas Wandfluh mit seinem Team im letzten Jahr auf die Beine gestellt hat, ist unglaublich gut, Chapeau! Das Klima bei der Marketinggesellschaft ist hervorragend, die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Betrieb, mit der Region, ist sehr hoch. Das gefällt mir.
Sébastien Epiney: Nach innen probieren wir, auch im Produktmanagement in der ganzen Region eine qualitativ hohe Leistung zu bringen, unabhängig vom Dorf. Nach aussen werden die Angebote aber unter der Hauptmarke «Gstaad» und dem Claim «Gstaad, come up – slow down» kommuniziert. Wenn wir es schaffen, die Angebote bekannter und die Marke Gstaad noch stärker zu machen, werden die Leistungsträger der ganzen Region profitieren.
Andreas Wandfluh: Das Team ist motiviert und es macht Freude, so zu arbeiten. Wir haben aber auch Glück, dass andere externe Faktoren mitgespielt haben, zum Beispiel hat es dieses Jahr Schnee gegeben, das unterstützt uns sehr.

Welche Rolle nimmt die Marketinggesellschaft bei Events ein?
Andreas Wandfluh:
Es ist wichtig, dass wir neuen Events «die Hand reichen», damit sie in der Region Fuss fassen können. Das machen wir mit Manpower.
Sébastien Epiney: Wichtig sind auch die vielen Events, die durch die Vereine und mit Hilfe der Bevölkerung in die Region kommen. Die Dynamik der Freiwilligenarbeit ist in der Region sehr gut und dadurch finden viele Veranstaltungen statt. Ein grosses Dankeschön an dieser Stelle von unserer Seite.

Man hat gehört, dass früher der Austausch mit den Grossevents nicht optimal war? Wo steht man heute?
Andreas Wandfluh:
Wir versuchen laufend, die Zusammenarbeit zu verbessern. Mit gewissen Grossevents findet der Austausch bereits statt, mit anderen noch weniger. Daran arbeiten wir. Insbesondere im Ticketing-Bereich beispielsweise ist der GST bereits seit Jahren ein zuverlässiger Partner und leistet professionelle Arbeit.
Sébastien Epiney: Wir pflegen mit den Grossanlässen einen engeren Kontakt und versuchen, ihnen die Wertschätzung entgegenzubringen, die sie verdienen. Die Reputation von Gstaad ist auch den tollen Events zu verdanken!
Andreas Wandfluh: Gespräche und Austausch sind immer sehr zeitintensiv, aber unglaublich wichtig. Wir können gemeinsam mit den Events Gstaad noch stärker in die Welt hinaustragen.

Lange hiess es, GST und die BDG könnten es nicht zusammen. Jetzt gibt es eine gemeinsame Marketinggesellschaft. Hat sich der Ton geändert?
Matthias In-Albon:
Die Zeit vor der Gründung der Marketinggesellschaft kann ich nicht beurteilen. Bei der Aufgleisung der Marketinggesellschaft fand ich die Zusammenarbeit zwischen Martin Bachofner und mir aber effizient. Jetzt haben wir mit Sébastien eine neue Person und wir sind zwar noch im Findungsprozess. Ich glaube aber, dass es gut kommt. Es ist aber auch klar, dass es bei der Vielfalt der Themen immer auch Meinungsverschiedenheiten geben kann. Bei der letztjährigen Generalversammlung von GST hat die BDG zum Beispiel öffentlich reagiert, weil sie über gewisse Inhalte nicht informiert wurde. Wir haben die Lehren daraus gezogen. Wir treffen uns nun regelmässig – zusammen mit den Präsidenten – und diskutieren diese Themen intern. Es ist illusorisch zu denken, dass man immer in allen Punkten einer Meinung ist. Wichtig ist, dass man die Diskussionen führt und zu einer Lösung kommt.
Sébastien Epiney: Klar habe ich auch meine Ideen und eine ziemlich genaue Vision, wie eine touristische Destination geführt werden soll. Mir ist aufgefallen, dass die Beziehungen zwischen dem GST beispielsweise mit der Gemeinde Saanen und auch der BDG nicht immer optimal harmonieren. Oder dass einzelne Leistungsträger eigene Interessen verfolgen, ohne das Allgemeininteresse zu sehen. Tourismus ist jedoch aus meiner Sicht ein «Kollektivsport», alleine kann man nichts erreichen. Wenn wir uns öffentlich bekämpfen, kann eine Destination nicht funktionieren. Wir müssen, wie schon mehrmals gesagt, lösungsorientiert arbeiten, die Kräfte bündeln und nach aussen einheitlich auftreten.

Wohin geht die Reise in Zukunft?
Andreas Wandfluh:
Es ist wichtig, dass wir ein sensationelles, nachhaltiges Angebot in Gstaad haben. Wir möchten dazu Inputs geben und die Destination nachhaltig weiterentwickeln. Diese Destination wollen wir nach aussen tragen. Ich hoffe, dass wir clevere Mittel finden, damit wir in der reizüberfluteten Welt Gehör finden.
Sébastien Epiney: Ich hoffe, dass es uns gelingen wird, sowohl den Bedürfnissen der Fünfsternhotels wie auch denjenigen der Bergbahnen gerecht zu werden. Wir brauchen Aufenthaltsgäste wie auch Tagesgäste. Die Region hat ihre Reputation auch dank der hochwertigen Hotellerie und lebt immer noch von den Geldern von Privatgästen, die mit der Region sehr verbunden sind und viele Projekte ermöglichen. Ohne diese finanziell grosszügige Hilfe wäre es sehr schwierig, gewisse Infrastrukturen aufrechtzuerhalten oder weiterzuentwickeln. Gleichzeitig brauchen wir Frequenzen, damit der Detailhandel, die Bergbahnen etc. funktionieren können. Im Grundsatz wollen wir ja mit einer Qualitäts-, Attraktivitätsund Frequenzsteigerung in unserer Destination alle dieselben Ziele erreichen.
Matthias In-Albon: Wir möchten die Destination unbedingt bekannter machen und weiter vorwärtsbringen.


MARKETING DER DESTINATION GSTAAD

Die strategische Leitung der Marketinggesellschaft liegt bei Sébastien Epiney von GST (Vorsitzender der strategischen Geschäftsführung) und Matthias In-Albon von der BDG (strategischer Geschäftsführer). Neben GST und BDG sind der Hotelierverein und der Gewerbeverein an der Gesellschaft beteiligt. Andreas Wandfluh ist der operative Geschäftsführer.

«Die Zusammenlegung war eine grosse Herausforderung, bot aber auch eine enorme Chance», sagt Andreas Wandfluh. Man habe die Strukturen und die Stossrichtung ganz neu überdenken können. Die Aufbauarbeit sei im engen Austausch mit Martin Bachofner (ehemaliger Direktor GST) und Matthias In-Albon geschehen.

Das neue Team verfügt über 1000 Stellenprozente, das sind 100 Stellenprozente weniger als die beiden vorgängigen Marketingabteilungen zusammen. Im Unternehmen hat es eine grosse Rochade gegeben. Gerade noch vier Personen der vorherigen Teams arbeiten für das Marketing der Destination.

Die Marketinggesellschaft verfügt über drei Abteilungen, die eng zusammenarbeiten. Das sind Produktmanagement, Marketing Kommunikation und Marktbearbeitung. «Das Produktmanagement entwickelt gemeinsam mit den Leistungsträgern die touristischen Produkte weiter, die Abteilung Marketing Kommunikation definiert und produziert Botschaften zu den Produkten und die Marktbearbeitungsabteilung platziert diese im Markt», erklärt Andreas Wandfluh die Tätigkeiten der Gesellschaft vereinfacht.

 


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote