Wer Selbstbestimmung möchte, sorgt vor

  20.04.2018 Saanen

Über Selbstbestimmung rund um Krankheits- und Todesfall, über Patientenverfügung und Vorsorgeauftrag informierte Niklaus Schnider am Informationsabend von vergangenem Dienstag in Saanen.

MELANIE GERBER
Eine happige Materie, so bezeichnete Ursula Gyger, Präsidentin des Seniorenrats, das Thema des Informationsabends rund um Vorsorgedokumente. Niklaus Schnider, Sozialarbeiter bei Pro Senectute, ist am vergangenen Dienstag nach Saanen gereist, um vor einem vollen Saal darüber zu sprechen, was im Krankheitsfall und rund um den Tod zu bedenken ist.

Vier Vorsorgedokumente
Es sind vier Dokumente, dank denen jede urteilsfähige Person über Handlungen rund um den Tod bestimmen kann. Während der Vorsorgeauftrag über Personensorge, Vermögenssorge und Rechtsverkehr bestimmt, regelt diePatientenverfügung medizinische Massnahmen kurz vor dem Tod. Testament und Anordnungen für den Todesfall kommen nach dem Tod zum Tragen. Letztlich sind alle vier Dokumente freiwillig und kommen dann zum Einsatz, wenn die betroffene Person nicht mehr urteilsfähig beziehungsweise verstorben ist. Wie diese Dokumente zu verfassen und aufzubewahren sind, ist dem Kasten zu entnehmen.

Vorsorgeauftrag und Testament müssen handschriftlich verfasst werden, während es für die Patientenverfügung und die Anordnung im Todesfall je ein Formular gibt. Fehlen Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung, so ist in vielen Fällen eine behördliche Massnahme durch die Kesb erforderlich, sobald eine Urteilsunfähigkeit eintritt. Für alle vier Dokumente gilt: Sie sind nur dann gültig, wenn sie bei Urteilsfähigkeit erstellt worden sind. «Genau deshalb geht dieses Thema alle an», so Niklaus Schnider. Auch jüngere Personen können erkranken oder verunfallen. Während bei einer Demenz die Urteilsunfähigkeit schleichend eintrete, so sei dies bei Unfällen mit schweren Hirnverletzungen oder einem Hirnschlag plötzlich der Fall. Ab diesem Zeitpunkt treten bereits erstellte Vorsorgedokumente in Kraft, es können jedoch nachträglich keine mehr gemacht werden.

Ein selbstbestimmtes Leben, auch im Krankheitsfall
Wer selbstbesimmt gelebt hat, möchte auch selbstbestimmt sterben, sagte Ursula Gyger zu Beginn des Abends. Und das brauche Planung, etwa so, wie wenn wir in die Ferien gehen und bestimmen, wie wir reisen und was mit der Post und der Katze passiert. Das am 1. Januar 2013 in Kraft getretene Erwachsenenschutzrecht möchte behördliche Eingriffe verhindern, was durch die Vorsorgedokumente gemacht werden kann. «Die Vorsorgedokumente sind alle freiwillig», erklärte Schnider. «Sie fördern die Selbstbestimmung und gehen behördlichen Massnahmen vor.» Auch die Gemeinde Saanen, Gsteig und Lauenen unterstützen diese Selbstbestimmung dahingehend, dass sämtliche Vorsorgedokumente neu auch bei ihnen hinterlegt werden können. Auch wenn man sich nicht gerne mit diesen Fragen beschäftige, so Gyger, befähige doch Wissen zu Handeln. Und dass das Wissen verlangt wird, zeigen die zahlreich erschienenen Zuhörer am Informationsabend.

Fragen rund um Vorsorgedokumente beantwortet unter anderem die Pro Senectute: Tel. 033 226 60 60 oder [email protected]. Alternativ können auch der Sozialdienst der Gemeinde oder die Kesb Auskunft geben.


VORSORGEDOKUMENTE IM ÜBERBLICK

Vorsorgeauftrag
– regelt Personensorge, Vermögenssorge und Rechtsverkehr
– muss handschriftlich verfasst, mit Datum und Unterschrift versehen oder öffentlich beurkundet werden
– wird durch Kesb validiert, sobald Urteilsunfähigkeit eintritt
– gut auffindbar zu Hause aufbewahren, Kopie an Vertretungspersonen
– ohne Vorsorgeauftrag ist in vielen Fällen eine behördliche Massnahme durch die Kesb erforderlich

Patientenverfügung
– bestimmt die Vertretungsperson bei medizinischen Massnahmen rund um den Tod und regelt Wünsche diesbezüglich
– Formular mit Ort, Datum und Unterschrift
– gut auffindbar zu Hause aufbewahren, Kopie an Vertretungsperson/ Hausarzt
– ohne Patientenverfügung ist in vielen Fällen eine behördliche Massname durch die Kesb erforderlich

Anordnung im Todesfall
– regelt persönliche Wünsche rund um Ableben, Bestattung, Abdankung, Todesanzeige etc.
– Formular mit Ort, Datum und Unterschrift
– gut auffindbar zu Hause aufbewahren, Kopie an Bezugspersonen
– ohne Anordnung im Todesfall keine behördliche Massnahme, erleichtert aber den Bezugspersonen die Entscheidungen nach dem Todesfall

Testament
– regelt die freie Quote des Nachlasses, nicht aber den Pflichtteil
– muss handschriftlich verfasst, mit Datum und Unterschrift versehen oder öffentlich beurkundet werden
– zu Hause aufbewahren, Kopie bei Vertrauensperson oder an einem offiziellen Aufbewahrungsort (Notariat, Bank, Gemeinde)
– ohne Testament gesetzlich geregelt, keine behördliche Massnahme


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