Am 14. August reisten wir alle nach Gstaad: eine stattliche Delegation von Zitherspielern aus der Innerschweiz, aus Basel und Bern. Werner Frey hatte für seinen 80. Geburtstag zu einem Solo-Konzert in der Kirche eingeladen. Dieses Erlebnis wird wohl niemand von uns so schnell vergessen. Werner Frey spielt nach wie vor ohne Verstärkeranlage. Anfänglich empfindet man diesen Zitherklang als ungewohnt stille Musik. Aber allmählich glaubt man ein ganzes, leise schwingendes Orchester zu hören: helle Flötentöne, schmeichelnde Mandoline, dunkle Cello-Bässe. Auf seiner 60-jährigen Zither versteht dieser Virtuose alle möglichen Stimmungen wiederzugeben, sei es Sehnsucht («Angel of music»), Zärtlichkeit («Bring him home») oder Schalk und Witz («Master of the house»). Dank meisterhaftem Vibrato klingt kein Ton für sich allein, sondern die Akkorde strömen wie fliessender Gesang ineinander. Als neueste Überraschung hat Werner Frey u.a. die Leitmelodie von «The Phantom of the Opera» für Zither arrangiert. Da sitzt er also und spielt dieses schwierige Saiteninstrument mit solcher Leichtigkeit, als wäre es ein Kinderspielzeug. Aber im Gespräch erklärt er mir mit Nachdruck: «Man muss üben, üben, üben!» Für das Geburtstagskonzert habe er zwei Monate lang täglich geübt. Seine Fingerspitzen sind denn auch mit soliden Hornhaut-Rillen ausgestattet. Werner Freys Improvisationsgabe zeigt sich dann am Abend im Gstaader Luxushotel «Grand Chalet», wo er jeden Abend das internationale Gästepublikum unterhält. Ein junger Mann aus China nähert sich dem Zitherspieler und beobachtet ihn interessiert, worauf er zu seinem Vergnügen sofort ein chinesisches Musikstück zu hören bekommt. Er geniesse die Hotel-Athmosphäre, sagt Werner Frey verschmitzt, und die vielen Begegnungen mit interessanten Menschen aus aller Welt. Möge er sie mit seiner Lebensfreude und seinem musikalischen Schwung noch lange Zeit bei Laune halten!

MARGRET RENNER,

REDAKTION SCHWEIZER ZITHERPOST, SARNEN