Stärkere Anreize durch tiefere Ansätze und höhere Zulagen

  24.11.2017 Kanton, Wirtschaft

Die Erwerbsarbeit im Vergleich zum Bezug von Sozialhilfe wieder attraktiver machen, die Eingliederung von Sozialhilfebeziehenden in den Arbeitsmarkt fördern sowie den Kanton und die Gemeinden finanziell entlasten: Dies sind die drei Hauptziele der Teilrevision des Sozialhilfegesetzes (SHG), die der Regierungsrat zuhanden des Grossen Rats verabschiedet hat.

Darin schlägt der Regierungsrat vor, den Grundbedarf generell und die Gelder bei denjenigen Sozialhilfebeziehenden verstärkt zu kürzen, die sich nicht hinreichend um ihre berufliche Zukunft und Sprachkenntnisse bemühen. Im Gegenzug schafft er Anreize zur Förderung der beruflichen Integration und verstärkt die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft.

Bereits im Dezember 2016 legte der Regierungsrat Eckwerte für Massnahmen im Bereich der Sozialhilfe fest. Er rechnete mit Entlastungen von 15 bis 25 Millionen Franken pro Jahr, die je hälftig dem Kanton und den Gemeinden zugutekommen werden. Mit einer SHG-Teilrevision zeigt der Regierungsrat nun auf, wie er die Vorgabe konkret erreichen will. «Es braucht für die Sozialhilfebeziehenden stärkere Anreize für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, gleichzeitig aber auch stärkere Bemühungen des Kantons für die wirtschaftliche Integration», sagte Regierungsrat Pierre Alain Schnegg, Gesundheits- und Fürsorgedirektor, bei der Präsentation der Teilrevision vor den Medien. Auslöser für diese Gesetzesesänderung ist die vom Grossen Rat im September 2013 überwiesene Motion «Kostenoptimierung in der Sozialhilfe», die unter anderem eine Beschränkung der Sozialhilfeleistungen auf 90 Prozent der im Kanton Bern jeweils umgesetzten Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) und ein verstärktes Anreizsystem forderte.

Generelle Senkung des Grundbedarfs
Der Grundbedarf deckt in der Sozialhilfe die allgemeinen Lebenshaltungskosten ohne Wohn-, Gesundheits- und weitere Kosten ab. Bereits heute bezahlt der Kanton Bern den Sozialhilfebeziehenden einen leicht unter den SKOS-Richtlinien liegenden Grundbedarf. Dies soll grundsätzlich auch in Zukunft so bleiben. Neu sind im SHG allerdings der Rahmen und die Vorgaben festgeschrieben, wo der Regierungsrat von diesen SKOS-Richtlinien abweichen kann. So kann er den Grundbedarf nach SKOS um maximal zehn Prozent senken.Neu würde eine allein lebende Person für ihren Grundbedarf pro Monat mindestens 887 Franken statt wie bisher 977 Franken erhalten. Hinzu kommen allfällige situationsbedingte Leistungen. Mit dieser Massnahme will der Regierungsrat die Erwerbsarbeit gegenüber dem Bezug von Sozialhilfe attraktiver machen. Eine weitergehende Kürzung um bis zu 15 Prozent müssen vorläufig Aufgenommene in Kauf nehmen, wenn sie nach sieben Jahren Unterstützung durch Bund und Kanton in die ordentliche Sozialhilfe kommen und bis dahin keine eigene wirtschaftliche Existenz aufgebaut haben, sowie junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 25 Jahren. Jungen Erwachsenen, die weder eine berufliche Ausbildung absolvieren noch erwerbstätig sind, und Bezügerinnen und Bezügern ohne die erforderlichen Kenntnisse einer der beiden Amtssprachen kann der Grundbedarf um bis zu 30 Prozent gekürzt weden. Ausgenommen von den weitergehenden Kürzungen sind Personen unter 18 und über 60 Jahren, Alleinerziehende mit Kindern unter zwölf Monaten und Menschen mit einer schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigung.

Höhere Anreize für die berufliche Integration
Damit Bezügerinnen und Bezüger von Sozialhilfe ihren Lebensunterhalt unabhängig und selbständig bestreiten können, ist eine Erwerbstätigkeit unumgänglich. Daher will der Regierungsrat die Anreize zur wirtschaftlichen Integration stärken. So soll die heute auf 100 Franken beschränkte Integrationszulage entsprechend den SKOS-Richtlinien bis zu 300 Franken pro Monat betragen. Allerdings müssen dazu bestimmte Anforderungen konsequent erfüllt sein. Zudem will der Regierungsrat grosszügigere Einkommens-Freibeiträge zulassen. Auch in diesem Bereich soll sich der Kanton Bern wiederum nach den SKOS-Richtlinien richten und Einkommens-Freibeiträge von monatlich 400 bis 700 Franken ermöglichen. Heute belaufen sich diese Beträge auf 200 bis 600 Franken in den ersten sechs Monaten des Sozialhilfebezugs, anschliessend auf maximal 400 Franken. Ergänzend wird der Kanton in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft die Rahmenbedingungen verbessern, um die berufliche Integration zu verbessern. Die Arbeiten zu mehreren Pilotprojekten haben bereits begonnen. Es ist geplant, dass ein Teil der mit der Teilrevision des SHG eingesparten Gelder dafür investiert werden kann.

Beitrag zum Entlastungspaket 2018
Der Regierungsrat rechnet von all diesen Einsparungen 10 Millionen Franken brutto dem Entlastungspaket an, d.h. 5 Millionen werden beim Kanton und 5 Millionen bei den Gemeinden eingespart. Mit den übrigen Mitteln von 5 bis 15 Millionen Franken können neue Integrationsprojekte für die Verstärkung der Integration in den ersten Arbeitsmarkt finanziert werden. Vorgesehen sind insbesondere Projekte für Sozialhilfebeziehende über 50 Jahren, Temporärstellenvermittlungen für Sozialhilfebeziehende und zusätzliche Lehrstellen bzw. lehrstellenähnliche Angebote für junge Sozialhilfebeziehende.

Seit 2015 eine kontroverse Diskussion
Bereits 2015 hat der Regierungsrat eine SHG-Teilrevision vorgelegt. In der Vernehmlassung löste diese Vorlage kontroverse Diskussionen aus. Für die einen waren die Forderungen der überwiesenen Motion zu wenig konsequent umgesetzt. Für die anderen war die soziale Wohlfahrt nicht mehr gewährleistet. Angesichts dieser Ausgangslage lancierte der Regierungsrat einen runden Tisch, um nach einer mehrheitsfähigen Lösung zu suchen. In der darauf folgenden Konsultation fielen die Reaktionen wiederum sehr unterschiedlich aus. Daher legte der Regierungsrat im Dezember 2016 Eckwerte für eine Vorlage fest, die nun dem Grossen Rat unterbreitet wird. Der Grosse Rat wird die SHG-Teilrevision voraussichtlich in der November-Session ein erstes Mal beraten.

PRESSEDIENST REGIERUNGSRAT DES KANTONS BERN


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