Ein Feuerwerk von Schlagzeugkunst

  16.01.2018 Nachbarschaft

Schlagzeuger Julian Sartorius bot am zweiten Konzert von Zweisimmen Jazz in der Reihe «Einfach Solo!» eine beeindruckende Darbietung.

«Ein abendfüllendes Konzert mit Schlagzeug solo – geht das?», werden sich einige der zahlreichen Gäste in der katholischen Kirche von Zweisimmen am vergangenen Samstag gefragt haben. Und wie das geht! Das haben schon Grössen wie Fritz Hauser oder Pierre Favre eindrücklich unter Beweis gestellt. An diesem Abend war aber ein junger Schlagzeuger und Perkussionist aus Thun am Werk, der mit seinem Konzert für Begeisterung sorgte.

Herkömmliches Schlagzeug mit allerlei Zubehör
Auf der Bühne stand ein ganz konventionelles Schlagzeug mit Pauke, Trommel, Snaredrum, Becken und Hi-Hat. Um das Schlagzeug herum lag ein grosses Arsenal an Stöcken, Besen und allerlei Utensilien, die Julian Sartorius während des Konzertes miteinbezog, auf das Schlagzeug legte und bespielte – Hölzer mit Xylophonblättchen, Klangschalen, Metallplatten und scheppernde Bleche, kleine Vibratoren und vieles mehr.

Die rechte Hosentasche vollgestopft mit verschiedenen Stöcken, begann Sartorius ganz leise mit feinen, dünnen Stöcken sein präpariertes Schlagzeug zu bespielen, auf den Metallplatten, den Blechen und dem Trommelrand, selbst die kleinen Vibratoren liess er auf den Blechplatten tanzen oder liess damit die Becken erklingen – ein verhaltener, suchender, fast schon meditativer Einstieg ins Konzert.

Schlagzeuger und Publikum in Trance
Je länger das Konzert dauerte, desto mehr steigerte der Künstler das Tempo, seine Schläge wurden impulsiver und der Klang wurde lauter. Nach und nach wurde seine Reise durch die verschiedenen Klangvariationen, weitab vom herkömmlichen, bekannten Schlagzeugsound, auch rhythmischer und durchkomponierter. Immer mehr Material bezog Sartorius in sein Spiel ein, schmiss bespielte Hölzer zu Boden, legte neue Metallteile auf sein Schlagzeug und wechselte fliegend zwischen Stöcken, Schlegeln und Besen. Bei jedem rhythmischen Wechsel war man gespannt darauf, welche neue Ideen der Schlagzeuger nun einfliessen lassen würde. Selbst ein aus der klassischen pakistanischen Musik stammendes Handharmonium liess er mit der einen Hand erklingen, während er mit der anderen Hand sowie den Füssen sein Schlagzeug traktierte. Gegen Ende des Konzertes legte Sartorius noch einmal an Tempo zu und spielte sich und die Konzertbesucher mit einem Techno-Beat fast in Trance.

Improvisierter Alpabzug als Zugabe
Es war faszinierend und beeindruckend, zu hören und sehen, was Julian Sartorius alles aus seinen Instrumenten herausholt. Und man konnte ob seiner Virtuosität und Beweglichkeit nur staunen. Über eine Stunde am Stück einen solchen Drive und Variantenreichtum aufrechtzuerhalten und durchzuspielen, ist nicht nur eine physische, sondern auch eine geistige und koordinatorische Höchstleistung. Das Publikum applaudierte hochbegeistert und wurde dafür vom Künstler mit einer an die Glocken- und Treichelklänge einer Alpabfahrt erinnernden Improvisation als Zugabe belohnt.

KILIAN GOBELI


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