Eine Kirche voll Gospel

  05.01.2018 Lauenen, Kirche, Musik

In der vergangenen Woche gab Christina Jaccard ein Gospelkonzert der besonderen Art in der Kirche in Lauenen. Dem Verein K.U.H. Kultur u. Handwerk Lauenen war es gelungen, die Zürcherin mit der aussergewöhnlichen Stimme wieder einmal ins Saanenland zu holen.

JENNY STERCHI
Eine schlanke Frau in einem roten Kleid betrat die voll besetzte Kirche in Lauenen. Sie setzte zum ersten Stück «Pressing on» an und überraschte mit einer unglaublichen Stimme. Der rauchige und dennoch kräftige Gesang entführte den Zuhörer gedanklich in eine Kapelle in den Südstaaten der USA.

Ihr aussergewöhnliches Ensemble stellte sie als kammermusikalische Gospelformation vor. Christina Jaccard, die bereits einen Swiss Jazz Award gewinnen konnte, wurde von einer Violine, einer Bratsche, einem Cello und vom Piano begleitet. Céline-Giulia Voser, David Schnee und Janos Heidekker, allesamt erfolgreiche Solisten an den Streichinstrumenten, begleiteten die überzeugend vorgetragenen Gospels und Spirituals sehr harmonisch. David Ruosch, Pianist und langjähriger musikalischer Begleiter von Christina Jaccard, vervollständigte das Ensemble. Die Formation sei eine einzigartige für diese Art von Musik und man habe aus Rücksicht auf die «empfindlichen Ohren» der kleinen Kirche auf den Einsatz des Schlagzeugs verzichtet, so begrüsste die Künstlerin selber das Publikum.

Die langjährige Verbindung mit ihrem Pianisten David Ruosch war gut zu hören. Der Mann am Piano entlockte seinem Instrument sehr vielfältige Klänge und verständigte sich mit der Sängerin ohne Worte. Dieses Zusammenspiel zu beobachten, begeisterte und machte Spass.

Gelebter Gospel
Die aus Zürich stammende Sängerin meinte das, was sie sang. Und so war es für sie nur selbstverständlich, dass sie beim Lied «Give a hand, take a hand» einigen Zuhörern die Hände reichte. In ihren unterhaltsamen und humorvollen Moderationen dankte sie unter anderem auch ihrem Ensemble. Für einen Streicher stehe eigentlich die in der klassischen Musik geforderte Präzision im Vordergrund. Daher sei es harte Arbeit für die Musiker, sich in der «groovigen» Gospelmusik zu bewegen.

In den Moderationen zwischen den Liedern lieferte Christina Jaccard viele Hintergrundinformationen zur Entstehung der einzelnen Stücke und zu Interpretationen berühmter Musiker wie Mahalia Jackson. Und sie verwies auf die Gospels, die Bob Dylan im Laufe seiner Karriere geschaffen habe und hat gleich drei davon in ihr Konzertprogramm aufgenommen.

Christina Jaccard forderte das Publikum auf, sich mit den Liedtexten bewusst auseinanderzusetzen. Sie fordere von sich selber, dankbar und hin und wieder etwas demütig zu sein und auch mal etwas zu geben, ohne etwas zu nehmen. Und auf diese Weise fanden Stücke wie «How far from God» oder «What can I give» anderes Gehör.

Während sich das Publikum im ersten Teil des Konzerts sehr ruhig verhielt , liess es sich im letzten Teil glücklicherweise doch noch inspirieren und vom Geist und der Dynamik der Spirituals und Gospels mitreissen. «Go tell it on the mountain», das letzte Stück des Abends, wurde von den in Bewegung geratenen Zuhörern sowohl mitgesungen als auch klatschend begleitet.

Tolles Projekt
Christina Jaccard und ihr Ensemble fanden den Weg nach Lauenen bereits zum vierten Mal. Und jeder Besuch fand auf Initiative des Vereins K.U.H. statt. Mit diesem wunderbaren, sehr inspirierenden Konzert ist den Organisatoren ein fantastischer Jahresabschluss gelungen.


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