Training, Schule, Siegeswille

  06.02.2018 Gstaad, Sport, Schule

VON den RLZ-Athletinnen und Athleten werden neben schulischer und sportlicher Leistung auch Selbstreflexion und Zeitmanagement gefordert. Die Disziplin und die Konsequenz, allen Anforderungen dieser drei Bereiche gerecht zu werden, bringen die jungen Leistungssportler des RLZ Gstaad auch in der Persönlichkeitsentwicklung voran. Ziel des RLZ Gstaad ist es, Schule und Leistungssport so zu kombinieren, dass für den Athleten keine Defizite entstehen und er seine Leistungen kontinuierlich aufbauen kann.

JENNY STERCHI
Roland Hofmann, Koordinator zwischen RLZ Gstaad und dem Oberstufenzentrum (OSZ) Gstaad, und Philippe Chevalier, Präsident des RLZ Gstaad, sind sich einig, dass die Leistungsentwicklung eines RLZ-Athleten oder einer -Athletin ein sehr komplexes Gebilde ist, dessen Komponenten aufeinander abgestimmt sein müssen. Harmoniere die Trilogie aus Schule, Sport und Athlet, seien dies optimale Voraussetzungen, um sich im Leistungssport etablieren zu können. Der Zusammenhang zwischen den drei Grössen liegt auf der Hand: Der junge Athlet, der sich pflichtgemäss in einer schulischen Ausbildung befindet, muss die regulären Aufgabenstellungen in der Schule erfüllen. Daneben muss er die Energie und Zeit für diverse Trainingseinheiten und Rennen aufbringen. Das könne nicht funktionieren, wenn den schulischen Absenzen, die durch Trainingseinheiten und Renneinsätze auftreten, keine Beachtung geschenkt würde.

Rolle der Schule
Das OSZ kann als Partner des RLZ die Schulbildung eines Leistungssportlers durch Variablen im Stundenplan und in der Vermittlung der obligatorischen Lehrinhalte im Rahmen seiner Möglichkeiten modifizieren. Die Inhalte und Anforderungen sind durch die Erziehungsdirektion festgelegt. Aber der Weg, diese zu erwerben, kann durch spezielle Massnahmen wie Stützunterricht und geplantes Selbststudium charakterisiert sein. Der Athlet verpflichtet sich, nach dem Hol-Bring-Prinzip zu handeln. Das bedeutet für ihn, dass er sich fehlende Informationen, Aufgaben und Unterrichtsinhalte beschafft und gleichzeitig den Lehrkräften und dem Koordinator alle bestehenden Informationen wie Renn-und Trainingstermine frühzeitig mitteilt.

Rolle des RLZ
Die Aufgaben für die Leistungsentwicklung im Skisport übernimmt das RLZ. Die Athleten nehmen professionelle Trainingsplanung sowie -infrastruktur dank Skifuture in Anspruch. Das RLZ sorgt für die Materialversorgung, Rennkoordination und erforderlichen Transportmöglichkeiten. Das RLZ unterliegt verschiedenen Auflagen der übergeordneten Verbände wie BOSV oder Swiss-Ski. Um diese erfüllen zu können, besteht für die Athleten eine gewisse Verbindlichkeit, an den Trainingseinheiten teilzunehmen und Termine im Rennkalender einzuhalten.

Rolle des Athleten
Welche Rolle spielt der Athlet in der Trilogie? Die jungen Skirennfahrer, häufig von den Skiclubs sehr gut vorbereitet, begeben sich mit dem Eintritt ins RLZ auf die Ebene des Leistungssportes. Um von den beiden Komponenten profitieren können, müssen auch sie bestimmte Voraussetzungen mitbringen beziehungsweise sich aneignen. Ohne Talent und ohne Willen beim Athleten wird das Konzept nicht funktionieren. Er muss zielorientiert und strukturiert arbeiten, muss eine gewisse Stressresistenz entwickeln und bereit sein, viel Zeit für Trainings und die Rennen aufzubringen.

Alle drei Komponenten tragen jeweils die Verantwortung, dass ein Leistungszuwachs stattfindet.

Rolle der Eltern
Die Rolle der Eltern der Athletinnen und Athleten ist in diesem Kontext sehr zentral. Sie sind das Steuerorgan, mit dessen Hilfe sich der Athlet optimal in die Trilogie einfügen kann. Dabei sind sie gefordert, die jungen Skirennsportler zu unterstützen, zu motivieren, das Gleichgewicht zwischen Bewegungsdrang und Entspannung im Auge zu behalten und die Entwicklung in Schule und Sport wahrzunehmen. Sie bleiben die wichtigsten Bezugspersonen in mentaler, organisatorischer und nicht zuletzt in finanzieller Hinsicht. Die Jugendlichen lernen im RLZ die ersten Strukturen des Leistungssports kennen. Die Athleten und ihre Eltern müssen die Trilogie und ihre Tragweite verstehen, um sich in diese Strukturen einfügen zu können.

Weil Athletinnen und Athleten, die im RLZ Gstaad trainieren, ziemlich früh die Verantwortung für ihre Tagesplanung und ihr Handeln übernehmen, werden die jungen Skirennsportlerinnen und -rennsportler von ihrer Umwelt als sehr zielstrebig sowie organisiert und strukturiert wahrgenommen.


ASTRID BIEHLER IM INTERVIEW

Astrid Biehler, 15-jährige Skirennfahrerin, ursprünglich aus Coppet, in der Nähe von Genf, trainiert momentan im A-Kader des RLZ Gstaad. Im Interview erklärt sie, was sie von den übrigen Athleten unterscheidet, welche Ziele sie verfolgt und was für sie der Leistungssport bedeutet.

JENNY STERCHI

Astrid, Du bist in der Nähe von Genf aufgewachsen. Warum trainierst du heute im RLZ in Gstaad?
Ich kam mit meiner Familie früher regelmässig in die Skiferien nach Gstaad. Unsere Winterferien und jedes Wochenende verbrachten wir im Saanenland. Irgendwie kam es dazu, dass meine drei älteren Schwestern und ich mit Yvan von Grünigen vom Skiclub Grund auf die Ski gingen. Er brachte mir das Skifahren bei. Zu diesem Zeitpunkt fuhr ich auch meine ersten Rennen und war begeistert von diesen Erfahrungen. Yvan trainierte immer intensiver mit mir, sieben Jahre lang. Dann kam der Moment, in dem ich ins RLZ Gstaad aufgenommen wurde. Ich danke Yvan bis heute, dass er mich in diese Position gebracht hat.

Was waren die grössten Erfolge für dich in der laufenden Saison?
Ich war in der Vergangenheit immer sehr gut im Riesenslalom unterwegs. Der Slalom war bis zu dieser Saison eher meine Schwachstelle. Aber in den Rennen dieser Saison war es genau umgekehrt. Im interregionalen Rennen Anfang des Jahres beendete ich den Slalom auf dem dritten Rang. Und im nationalen Vergleich fuhr ich im ersten Lauf auf Rang 12 und im zweiten auf Rang 15. Für mich sind das super Resultate. Ich finde diese Entwicklung umso erstaunlicher, da ich lange Zeit beinahe Angst vor den Slalomstangen hatte. Aber irgendwann hörte diese Angst auf, vermutlich weil ich immer weiter trainierte. Irgendwann war die Angst verschwunden und heute liebe ich diese Disziplin.

Welcher war der grösste Erfolg in deiner bisherigen Sportlerinnenkarriere?
Einer meiner grössten Erfolge waren die internationalen Kinder- und Jugendspiele im österreichischen Innsbruck vor zwei Jahren. Alleine an diesen Anlass mitzufahren, war ein tolles Erlebnis. Aber dass ich ihn dann auch noch auf Rang 14 beenden konnte, war für mich grandios.

Wo gehst du zur Schule?
Ich besuche ein Gymnasium in Genf.
Meine Ausbildung läuft ein wenig speziell ab. Ich folge dem normalen Unterricht ausserhalb der Rennsaison. Sobald die Skisaison beginnt, komme ich ins Saanenland und stelle um auf Selbststudium. Dazu schicken mir meine Lehrer die Unterlagen und Aufgaben. Die erledige ich dann selbständig. Wenn ich nicht weiterkomme, hilft mir mitunter meine Mama. Manchmal halten wir den Unterricht auch per Videotelefonat ab. Sich die Zeit für die Schulaufgaben neben den drei Trainingsnachmittagen und den Rennwochenenden effizient einzuteilen, fordert mich. Dann muss ich mein Zeitmanagement viel besser im Griff haben, als wenn ich ausserhalb der Rennsaison ganz normal zur Schule gehe. Es braucht viel Disziplin, um die Hausaufgaben zu erledigen und den Stoff zu lernen. Aber ich möchte sehr gern den Schulabschluss erreichen.

Welche sind deine zukünftigen sportlichen Ziele?
Ich möchte gern im Anschluss an das RLZ im NLZ oder auch im BOSV-Juniorenkader weitertrainieren dürfen. Ich möchte wirklich weiterhin Skirennen fahren. Sie haben sich für mich vom Sport zur Leidenschaft entwickelt. Mein Wunsch wäre, meiner Leidenschaft jeden Tag nachgehen zu können.

Hast du Vorbilder im Skisport, denen du nachstrebst?
Mein Vorbild unter den besten Skirennfahrerinnen ist Lara Gut. Für mich ist sie einfach die beste Athletin und erst noch Schweizerin. Die US-Amerikanerin Lindsey Vonn finde ich auch sehr bewundernswert. Ihr Durchsetzungsvermögen ist verblüffend. Ich mag es, dass sie niemals aufgegeben hat.

Du hast schon verraten, dass dir der Slalom lieb geworden ist. Würdest du ihn als deine Lieblingsdisziplin bezeichnen?
Für mich sind technische Disziplinen wie Riesenslalom und Slalom interessanter als Speed-Disziplinen. Dass ich mich seit dieser Saison so für den Slalom begeistere und dort auch die Resultate stimmen, schliesst für mich den Riesenslalom nicht aus. Ich trainiere auch diese Disziplin sehr gern und vergleiche mich in den Rennen mit den anderen Fahrerinnen.

Was bedeutet für dich das RLZ Gstaad?
Das RLZ Gstaad hat mir rückblickend sehr viele Möglichkeiten geboten. Ich durfte viele grossartige Menschen kennenlernen und dafür bin ich sehr dankbar. Die Trainer sind wirklich sehr gut und das Klima in den Trainingsgruppen ist super. Egal wen man fragt, alle sind begeistert von den Trainingseinheiten im RLZ Gstaad und verfolgen diese Lektionen auch mit Begeisterung. Wir haben grosses Glück mit unseren Trainern Sie sind nicht nur Lehrer für Skitechnik und Konditionstraining. Sie sind auch zu Bezugspersonen geworden. Und auch der Präsident steht uns Athleten jederzeit zur Seite. Ich persönlich verbinde mit dem Training im RLZ Leidenschaft, Teamgeist, Glücklichsein und auch harte Arbeit. In meinem speziellen Fall bedeutet RLZ eine zweite Familie, mit der ich viele Stunden verbringe und eine Menge Spass habe. Ich bin sicher, dass mich die grossartigen Erinnerungen an diese Zeit mein Leben lang begleiten werden.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote