Melken ist mehr als die Milch von der Kuh absaugen

  02.03.2018 Landwirtschaft

Seit dem Jahr 2007 führen die Schweizer Milchproduzenten SMP, das DLG-Büro Schweiz, der Strickhof und Profi-Lait jedes zweite Jahr einen Melkwettbewerb durch. Simon Bach aus dem Turbach molk sich auf den guten zweiten Rang.

VRENI MÜLLENER
Die Organisatoren sind überzeugt, dass es zum Siegen mehr braucht als Wettbewerbserfahrung und das berühmte Quäntchen Glück. Gute Punktzahlen in allen Teilbereichen des Wettbewerbs sind notwendig, um auf die ersten Plätze zu kommen. Die Anforderungen sind hoch und nur wer das Handwerk des Melkens wirklich versteht und auch theoretisches wie technisches Wissen mitbringt, erreicht am Melkwettbewerb einen Platz unter den Besten. Dem 20-jährigen Simon Bach gelang dieses Meisterstück – er erreichte am 6. Melkwettbewerb den guten zweiten Rang.

Simon Bach, ganz herzliche Gratulation zu Ihrem Erfolg am Melkwettbewerb. Können Sie etwas zu Ihrer Person sagen?
Ich bin im Turbachtal auf einem Berglandwirtschaftsbetrieb mit zwei jüngeren Schwestern aufgewachsen. Die Grund- und Realschule besuchte ich an der Schule Turbach. In dieser Mehrklassenschule profitierte ich nicht nur vom Unterricht, sondern auch vom klassenübergreifenden Miteinander. Anschliessend absolvierte ich zwei Bauernlehrjahre in der Westschweiz und das dritte Lehrjahr in Aeschi bei Spiez, wobei ich die Winterschule auf dem Hondrich besuchte. Im darauffolgenden Herbst startete ich die naturwissenschaftliche BMS am Inforama in Zollikofen. Diese schloss ich letzten Sommer erfolgreich ab. Seit Mitte September studiere ich nun Agronomie an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit gerne?
Wenn ich nicht in Zollikofen bin, so bin ich ab und zu auf der Skipiste anzutreffen. Aber auch andere Sportarten wie Klettern gefallen mir. Des Weiteren nehme ich gerne mit Kühen oder Rindern an Ausstellungen teil.

Haben Sie Zukunftspläne?
In Zukunft möchte ich den elterlichen Landwirtschaftsbetrieb übernehmen. Was dann noch dazu kommt, weiss ich im Moment selbst nicht genau. Mit meiner Ausbildung wird es viele Möglichkeiten geben.

Können Sie Kühe von Hand melken?
Ich habe es ehrlich gesagt noch nie probiert, ausser vielleicht zwei bis drei Liter einer frisch gekalbten Kuh für das Kalb. Ich denke aber nicht, dass ich das einfach so ohne Übung hinbekommen würde.

Welches ist Ihre Lieblingstätigkeit in Ihrem Beruf?
An meinem Beruf gefällt mir vor allem die Abwechslung. Melken gehört sicher zu den Lieblingsarbeiten. Beim Melken erfahre ich sehr viel über eine Kuh und ihren Zustand, wenn ich sie gut beobachte.

Was hat Sie dazu bewogen, am Melkwettbewerb mitzumachen?
Ich kannte bereits einige Personen, die schon einmal beim Melkwettbewerb mitgemacht hatten. Dann habe ich an der Schule einen Flyer gesehen und habe mich entschieden, mitzumachen.

Was bedeutet Ihnen dieser zweite Rang?
Dass es bereits bei meiner ersten Teilnahme so gut geklappt hat, freut mich natürlich sehr. Vielmehr als der zweite Rang bedeuten mir jedoch die Erfahrungen und Bekanntschaften, die ich machen durfte und weiterhin machen darf. Ende April finden in Deutschland die Europameisterschaften statt, wo ich zusammen mit dem Gewinner des Melkwettbewerbs, Andreas Utzinger, teilnehmen darf.

Wie haben Sie den Wettbewerb erlebt?
Während dem Wettkampf ist man sicherlich konzentriert. Vor und nach dem Melken bleibt jedoch genug Zeit, um sich mit den Konkurrenten zu unterhalten, denn jeder Melker benötigt etwa 20 Minuten zum Melken und das mal acht Teilnehmer im Final gerechnet, ergibt doch schon über 2,5 Stunden.

Wie muss man sich so einen Wettbewerb vorstellen?
Der Wettbewerb besteht aus einer Qualifikation und dem schweizerischen Final. In der Qualifikation werden ausschliesslich die praktische Melkarbeit und die Interpretation des Schalmtests bewertet. Diese fand auf einem Milchviehbetrieb im Kanton Luzern statt. Der Final wurde auf dem Strickhof in Lindau, der Landwirtschaftsschule des Kantons Zürich, ausgetragen. Als erstes gibt es einen Theorietest in dem Wissen rund ums Melken und die Landwirtschaft abgefragt wird. Anschliessend geht jeder Kandidat einzeln vier Kühe melken. Im Anschluss muss auch hier noch ein Schalmtest gemacht werden. Dabei geht es um die korrekte Durchführung des Tests und die Beurteilung der Milchqualität. Während dem Melken sind nur Personen der Jury und der Melker im Melkstand. Publikum hat es keines.

Auf was kommt es an?
In der Schweiz gilt das Motto Qualität vor Quantität. Für den Melkwettbewerb bedeutet dies, dass es besonders wichtig ist, auf die Melkqualität zu schauen. Faktoren wie Reinigung, sauberes Vormelken und Ansetzen sind also sehr wichtig. Die Zeit, die man zum Melken braucht, wird gemessen und bewertet. Zudem gibt es einen Reinheitstest der Milch und auch der Schalmtest ist wichtig. Essentiell ist bestimmt ein ruhiger Umgang mit den Kühen. Letztlich werden auch die Routine und Arbeitsorganisation benotet.

Wie gross ist das öffentliche Interesse am Wettbewerb?
Das Interesse hält sich bei der Teilnehmerzahl leider noch in Grenzen. Wenn ich bedenke, wie viele junge Leute pro Jahr eine landwirtschaftliche Ausbildung absolvieren, sind 21 Anmeldungen für die Qualifikation wenig. In der Öffentlichkeit ist es vor allem der Landwirtschaftssektor, in dem der Melkwettbewerb wahrgenommen wird.

Haben Sie besondere Vorbereitungen getroffen, ein «Training» absolviert?
Ich habe mich wieder etwas in die Schulunterlagen aus der Lehre eingelesen. Zudem schaute ich mir die Bewertungskriterien etwas genauer an.

Nicht jede Kuh hat ein musterhaftes Melkverhalten. Wie gehen Sie am Wettbewerb damit um?
Kühe, die sehr speziell zu melken sind, bekommt man beim Wettbewerb nicht. Dies wäre dann auch schwierig zu bewerten. Mann muss jedoch schon erkennen können, ob jetzt eine Kuh noch etwas «Schlier» hat, sie schlicht noch nicht gut gemolken ist oder ob sie gar eine akute Euterentzündung hat. Die Kühe werden vor dem Wettbewerb von den Organisatoren ausgesucht, um auch ihre Milchmenge zu ermitteln. Diese Milchmenge wird dann mit unserer erreichten Menge verglichen.

Haben Sie in einem Melkstand gemolken, mit einer Absauganlage oder in einen Eimer?
Der Wettbewerb fand ausschliesslich in Melkständen statt. In der Qualifikation war es ein Fischgerätmelkstand und im Final ein Tandemmelkstand. Auch die Europameisterschaft wird in Melkständen ausgetragen. Ich bin mir das Melken im Melkstand von den Lehrjahren her jedoch gut gewohnt und so kann ich mich da gut anpassen.

War es anspruchsvoll oder ist das einfach Ihr Berufswissen?
Ich würde jetzt nicht sagen, dass Berufswissen nicht anspruchsvoll ist. Wissen muss man immer noch umsetzen können, sonst nützt es nicht viel. Ich denke, das ist die Herausforderung daran. Auch unerwartete Situationen, wie das Herunterschlagen der Melkmaschine durch eine Kuh, können herausfordernd sein.

Was bedeutet das Melken für Sie?
Das Melken ist eine Tätigkeit, die auf jedem Milchwirtschaftsbetrieb das ganze Jahr hindurch zweimal täglich erledigt wird. Dort wird ein guter Teil des Einkommens «geerntet». Werden beim Melken Fehler gemacht, verliert man als Landwirt/in sehr schnell Geld. Es sollte daher auf jedem Betrieb das Ziel sein, die Melkarbeit bestmöglich auszuführen, was ja auch am Melkwettbewerb das Ziel ist.


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