Florian Favre – ein Geheimtipp zum Saisonschluss

  17.04.2018 Kultur

Zweisimmen Jazz präsentierte zum Saisonschluss der Reihe «Einfach Solo!» mit Florian Favre und seinem Trio einen wahren Geheimtipp.

Nach der «klassischen» Einweihung während der Februarkonzerte erlebte der neue Falcone-Flügel in der reformierten Kirche Zweisimmen am vergangenen Samstag seine Jazz-Taufe. Und wie! Die Organisatoren von Zweisimmen Jazz hatten dazu den Freiburger Pianisten Florian Favre und sein Trio eingeladen.

Afrikanische und klassisch europäische Einflüsse
Das erste Set bestritt Florian Favre getreu dem Saison-Motto «Einfach Solo!» alleine am Flügel. Er präsentierte – mit einem eher unbekannten Beatles-Titel als Ausnahme – alles Eigenkompositionen. Einzuordnen sind sie nicht. Das Spektrum reichte von lyrischen Balladen, die sich von leisem, filigranem Spiel steigerten bis zu rasanten, stürmischen Passagen. In einigen seiner Stücke liess Favre Elemente aus Funk-Jazz, Hip-Hop und Blues einfliessen. Inspiriert durch afrikanische Musik, schimmerte in anderen das Klavierspiel Dollar Brands – alias Abdullah Ibrahim – durch, oder sie erinnerten an die legendären Auftritte von Keith Jarret. Beeinflusst von klassisch-europäischer Musik war auch die Bearbeitung eines ungarischen Tanzes von Johannes Brahms zu hören. Florian Favre verblüffte und begeisterte mit frischem und variantenreichem Klavierspiel von perlend leicht bis kräftig zupackend. Mit Gegenständen wie einem Schal oder einem mit Nägeln präparierten Buch, die der Künstler in den Flügel legte, verfremdete er dessen Klang und liess so einige Saiten dumpf, andere als Schlagzeug ertönen.

Gleich zu Beginn des Konzertes versagte kurz die Bühnenbeleuchtung ihren Dienst. Dazu passte der Titel des ersten Stückes, das lustigerweise «Did you see the light» hiess, wie Florian Favre augenzwinkernd verriet. Humorvoll führte er durch sein Programm und erklärte die Ideen und Gedanken hinter seinen Kompositionen.

Homogenes Triospiel
Im zweiten Set präsentierte Florian Favre sein Trio. Und es ging im gleichen Stil weiter mit seinen originellen, einfallsreichen Eigenkompositionen, in die er viel Improvisationen und Überraschungen einbaute, die mal ruhig, dann wieder mit viel Drive gespielt wurden, gespickt auch mit Rhythmuswechseln. Von einem einfachen, minimalistischen Aufbau ausgehend, steigerten sich die drei bis in einen wahren Rausch an Melodien- und Klangfülle. Dabei waren die beiden Begleiter – Manu Hagmann mit feinem und kräftigem Griff am Bass und Arthur Alard mit abwechslungsreichem, subtilem Spiel am Schlagzeug – dem Pianisten ebenbürtig und traten auch solistisch hervor. Das Trio beeindruckte mit seinem homogenen Zusammenspiel. Sowohl Florian Favre solo als auch sein Trio sind eine wahre Entdeckung!

Mit dem begeisternden Soloauftritt von Florian Favre wurde die Reihe «Einfach Solo!» und damit die Saison von Zweisimmen abgeschlossen und mit dem fantastischen Trio der Bogen zurück zum Kammerjazz geschlagen, dem eigentlichen Genre, das der Zweisimmen Jazz Club sonst in seinen Konzerten pflegt. Man hätte den Musikern, aber auch den Veranstaltern, mehr Publikum gegönnt – die reformierte Kirche Zweisimmen war knapp zur Hälfte besetzt. Die Konzertbesucher/innen jedoch waren begeistert und applaudierten herzhaft, und das Florian Favre-Trio verabschiedete sich mit einer feinen Zugabe.

KILIAN GOBELI


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