Viel Sonntag am Samstag mit dem VZV Saanenmöser

  27.04.2018 Landwirtschaft

Am Samstag, 21. April stellte der Viehzuchtverein Saanenmöser zusammen mit dem Dorfverein eine Jubiläumsschau auf die Beine, die Hunderte von Besuchern aus nah und fern anlockte. Die Aussteller erhielten von der schweizerischen Schaukommission die Erlaubnis, ihre Tiere betriebsweise auszustellen und die drei Rassen getrennt beurteilen zu lassen. Durch diese Neuerung bekam die Schau eine unbekannte Dimension, die vom Publikum mit Interesse verfolgt wurde.

Wenn Viehschauexperten die ihnen vorgeführten Tiere kommentieren, fällt hie und da der Ausdruck: «Dieses Tier zeigt noch mehr Sonntag als das hinter ihm gestellte.» So war es auch in Saanenmöser. Die aktiven Züchter des Viehzuchtvereins führten die meisten ihrer Tiere auf den Schauplatz zur Jubiläumsschau 100 Jahre VZV Saanenmöser. Die Rinder, Kühe und Stiere zeigten ihr Sonntagsgesicht, weil sie alle liebevoll gepflegt auf den Platz kamen und auch weil ihnen die Natur ein besonders hübsches Aussehen geschenkt hat. Was schön ist an einem Tier, haben natürlich die Menschen definiert. Die Rassemerkmale haben sich in jahrelanger Zuchtarbeit herauskristallisiert. Sie dienen der Erhaltung der jeweiligen Rasse, der Steigerung der Langlebigkeit und Fruchtbarkeit sowie der Leistungsfähigkeit – denn bei aller Liebe zum Tier erwartet sein Besitzer eine gewisse Wertschöpfung von ihm, ist die Viehhaltung doch sein täglich Brot und Einkommen.

Alle helfen allen
Durch die Neuerung im Modus war jeder Tierhalter gefordert, dafür zu sorgen, dass seine Tiere im richtigen Moment in einen der beiden Schauringe geführt wurden. Und so setzten sich nicht nur alle Familienmitglieder ein, auch die Jungzüchter aus dem ganzen Saanenland unterstützten ihre Berufskollegen überall, wo es nötig war. Sie wuschen Mistspritzer von den Tieren, verpassten dem Fell einen letzten Schliff mit der Bürste oder führten ein durstiges Tier zur Tränke. Aber auch beim Vorführen im Ring waren jugendliche Kräfte gefragt – dass das längst nicht mehr reine Männersache ist, bewiesen die Jungzüchterinnen mit viel weiblicher Kraft. Die Organisatoren hatten gleichzeitig die Herausforderung zu meistern, die vielen Helfer und Besucher mit Speis und Trank zu verwöhnen, was ihnen dank einer gut durchdachten Organisation und der personellen Unterstützung aus der ganzen Bäuert auch bestens gelang.

Ehre, wem Ehre gebührt
Mit Spannung erwartete das Publikum am Nachmittag die Misswahlen. Mit Leonard Laura wurde eine typstarke Kuh, die die Rassemerkmale gut verkörpert, zur Miss RH/HO gekürt. Den Vizemisstitel bekam die sehr breite Holsteinkuh Jordan Gondoline, beide aus dem Stall von Philipp Schwenter. Den Schöneuterpreis gewann Viktor Sulligers Delago Malosa dank ihrer Drüsigkeit. 12 der über 80 SF Kühe wurden zur Misswahl noch einmal gezeigt. Die Klasse- 4-Kuh Pierolet Alexia überzeugte mit ihrem Gesamteindruck und wurde Miss SF. Dank guten Typeigenschaften und perfekten Strichen wählte die Jury Olaf Karin (Kl. 5) zur Vizemiss. Beide stehen im Stall von Philipp Schwenter. Die sehr harmonische Fieno Mireille von Adrian Bircher, die mit einem tadellosen Euter zu gefallen wusste, konnte die entsprechende Ehrung entgegennahmen.

Bei den Simmentalern räumten die Familien Bircher vollends ab. Die fast perfekte Gold Java, die einzig bei den Zitzen eine kleine Schwäche zeigte und Ador Hortensia, mit ihrer beeindruckenden Körpertiefe, holten für Sohn Adrian die Miss- und Vizemisspreise, während sich die vierjährige Harald Luzia aus dem Betrieb von Vater Walter dank einem mit sehr viel Qualität ausgestatteten Euter den entsprechenden Titel sicherte.

Alle Aussteller im Jungzüchteralter (unter 36-jährig) konnten ein Rind aufführen. Diese wurden ebenfalls nach Rassen in zwei Altersklassen gerichtet und anschliessend jeweils aus den zwei Kategoriensiegerinnen eine Miss bezeichnet. Einen ersten, köstlichen Schlusspunkt setzten alle Kinder, die sich getrauten, in der Arena ein Kälbchen vorzuführen. Das war eine lebhafte Sache, nicht umsonst rief die Speakerin das Publikum auf, die Reihen zu schliessen, falls sich einer dieser Wildfänge selbständig machen sollte. Der zweite Schlusspunkt war sicher das geordnete Abzügeln mit zum Teil farbenfroh geschmückten Tieren, immer wieder eine Augenweide! Wie es die Tradition so will, fand dieser Prachtstag seinen Abschluss in einem fröhlichen Züchterabend für Jung und Alt. Dabei wurde wacker das Tanzbein geschwungen, die allesamt gestifteten Ehrengaben überreicht und die Lotterie aufgelöst.

VRENI MÜLLENER


100 JAHRE VIEHZUCHTGESCHICHTE

Am 11. August 1918 gründeten einige Viehzüchter aus Saanenmöser und Schönried die Viehzuchtgenossenschaft Saanenmöser. Die Gründungsmitglieder haben erkannt, dass durch Zusammenarbeit und gemeinsamen Ankauf von guten Stieren die Zucht verbessert und das Einkommen erhöht werden kann. In den vergangenen 100 Jahren wechselten sich schwierige und einfachere Zeiten ab, die Viehzucht hat sich dabei wesentlich verändert.

Zu der damals einzigen Rasse Simmentaler Fleckvieh gesellten sich über die Jahre Einkreuzungen wie Swiss Fleckvieh, Montbéliard, Red Holstein und Holstein. Trotz der Einführung der künstlichen Besamung wurde immer ein Genossenschaftsstier gehalten. Der gesunde Konkurrenzkampf unter den Bauern ist noch heute da, Zuchterfolge werden mit Stolz an Viehschauen präsentiert und gefeiert, auch wenn die lineare Beurteilung auf dem Hof mehr und mehr Interesse findet. Bereits im Gründungsjahr wurde für Fr. 4320.– ein Stierkalb gekauft, für damalige Verhältnisse ein stolzer Preis (zirka so viel kostet heute noch ein guter Stier, aber die Einkommensverhältnisse sind ganz anders!).

In hundert Jahren waren viele Vorstandsmitglieder an der Front tätig. Das Amt des Zuchtbuchführers war eine aufwendige Tätigkeit und hatte früher eine sehr grosse Bedeutung, waren es doch unverwechselbare Urkunden, die er zu schreiben und zu ergänzen hatte. In jüngerer Zeit wurde die Genossenschaft in einen Verein umgewandelt und der Zuchtbuchführer amtet nur noch als Schauvorbereiter.

Die Veränderungen, denen die Landwirtschaft heute gegenüber steht, sind in der Jubiläumsschrift nicht zu übersehen – jeder Betrieb sucht seine Stärken und passt sich den Herausforderungen an.

PD/VRENI MÜLLENER


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