Frühmorgendliche Informationen über Elektromobilität

  23.05.2018 Saanenmöser

Die Elektromobilität ist zwar noch nicht ausgereift, doch Experten rechnen damit, dass ihr die Zukunft gehört und sie somit die Verbrennungsmotoren früher oder später verdrängen wird. Dies und das Gesundheitswesen im Berner Oberland waren die Themen des Wirtschaftsbrunches der Volkswirtschaft Berner Oberland.

BLANCA BURRI
«Es ist schön, kann ich in meiner Muttersprache und in meiner Heimat sprechen», eröffnete Krispin Romang von der Mobilitätsakademie des TCS seinen Vortrag zur elektrischen Mobilität. Für einmal müsse er nicht erklären, dass er nicht aus dem Bündnerland stamme. Zwar habe der Berner im Saanenland keine näheren Verwandten mehr, kann aber Gsteig als seinen Heimatort bezeichnen.

Das Automobil verdrängte die Kutsche
Krispin Romang zeigte Bilder von der 5th Avenue in New York, als das Automobil noch sehr selten war. Die Strasse war voll von Pferdekutschen, auf dem Gehsteig tummelten sich Spaziergänger, ein einziges Auto war zu sehen. Nur wenige Jahre später war das Bild umgekehrt. Nur noch eine Kutsche war unter den vielen anderen Fahrzeugen, den Automobilen, auszumachen. Dieser Disruption sei aber eine sehr unsichere Zeit vorausgegangen, in der das Automobil verteufelt worden sei. Ähnliches passiere nun auch mit elektrobetriebenen Fahrzeugen. «Dort, wo etwas Magisches ausserhalb der Komfortzone passiert, gibt es immer auch grosse Bedenken», zeigte Krispin Romang auf. Es gebe nach wie vor eine wahnsinnige Breite von Studien im Bereich der E-Mobilität. Deswegen könne im Moment fas jede Theorie mit einer Studie belegt werden, was von Befürwortern und Gegnern ausgenützt werde.

Viele Unsicherheiten
Im Moment dominierten die hohen Entwicklungs- und Produktionskosten die E-Mobilität. Das ändere sich aber. Krispin Romang nahm den Flachbildschirm als Vergleich zu Hilfe. Noch vor 15 bis 20 Jahren habe man sich als Otto Normalverbraucher nicht vorstellen können, sich je einen Flachbildschirm leisten zu können. Heute sei er aus den Schweizer Stuben nicht mehr wegzudenken, weil er inzwischen sehr günstig geworden sei. Dasselbe werde mit den Elektroautos passieren, ist sich der Fachmann sicher. Wenn man bedenke, dass ein neues Automodell von der ersten Idee bis zum Markteintritt sieben Jahre brauche, werde es aber schon noch ein paar Jahre gehen, bis die Preise der Elektroautos purzeln.

Ein Auto steht heute für Status aber auch für Ineffizienz
Das Auto gilt ökonomisch gesehen als ineffizient, denn es steht ca. 95 % der Zeit in der Garage oder auf einem Parkplatz neben dem Arbeitsplatz. Gerade in Ballungszentren nehme es viel zu viel Platz ein und befördere im Vergleich zu Velos oder ÖV zu wenig Leute. An das Auto von morgen würden deswegen andere Anforderungen gestellt als früher. Das heisst, dass im Moment nicht nur in Batterien viel investiert wird, sondern auch in Sensoren und in Rechner, damit die Automatisierung, die Vernetzung und das Sharing ausgebaut werden können. Das heisst aber auch, dass künftig andere Fachbereiche und Dienstleistungen gefragt sind, weswegen Unternehmen wie Uber oder E-Mobility plötzlich grosse Chancen am Markt haben.

Politik macht Druck
Da der CO2-Ausstoss bei Neuwagen bis 2030 halbiert werden muss, kam die Autobranche unter Druck. Laut Krispin Romang gibt es keinen anderen Weg als die Elektrifizierung, damit die politischen Vorgaben eingehalten werden können. Seit 2016 haben Luxusmarken wie Tesla, Maserati, Mercedes und BMW konsequent in Elektrofahrzeuge investiert. Nun sei das nicht nur mit einem Elektromotor getan, wie Romang erläuterte. Vielmehr würden auch an die anderen Autoteile andere Anforderungen gestellt, das heisst, auch sie müssen ganz neu entwickelt und produziert werden.

Weiter braucht es eine komplett neue Infrastruktur. Man tanke nicht mehr unbedingt an den öffentlichen Tankstellen, sondern vielmehr am Arbeitsplatz oder zu Hause. «Weil die Batterien möglichst schnell geladen werden sollen, ist die Netzstabilität die grösste Herausforderung», betonte der Fachmann.

Dass Wasserstoff dereinst das Rennen machen wird, glaubt Romang indes nicht. Diese Speicherart sei viel zu ineffizient und der Investitionsbedarf für die Entwicklung und das Tanksystem viel zu hoch, wie er im Anschluss an den Vortrag sagte.

Vorprojekt Gesundheitsversorgung
Im zweiten Teil des Wirtschaftsbrunchs informierte Susanne Huber, Geschäftsführerin der Volkswirtschaft Berner Oberland, über das Vorprojekt Gesundheitsversorgung. Darin prüft die Kommission, welche neuen Modelle wie Gemeinschaftspraxen, Ausbildung von Assistenzärzten in Hausarztpraxen etc. implementiert werden können. «Die Aufgabe des Vorprojekts ist es nun, die Bedürfnisse der Regionen abzuholen und verschiedene Akteure miteinzubeziehen», sagte sie. Sie forderte die Anwesenden auf, auf sie zuzukommen, um Bedürfnisse anzumelden.


DISRUPTION

Disruption ist eine Veränderung der Marktspielregeln durch Innovation, wodurch bestehende Technologien, Produkte oder Dienstleistungen vollständig verdrängt werden können.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote