Stabsübergabe an Anne Speiser

  29.05.2018 Saanen, Saanenland, Gesundheitswesen, Simmental

Eine Glocke wurde feierlich überreicht, als die bisherige Präsidentin der Genossenschaft «Geburtshaus immental-Saanenland: Maternité Alpine», Ursula Michel, ihr Amt an Anne Speiser übergab. Die Genossenschaft schloss das vergangene Jahr mit einem Ergebnis von Fr. 0.– ab und ein Förderverein wurde gegründet.

MELANIE GERBER
Drei Jahre lang war sie Präsidentin: Ursula Michel übergab an der Generalversammlung der Genossenschaft «Geburtshaus Simmental-Saanenland: Maternité Alpine» ihr Amt an Anne Speiser. Symbolisch überreichte sie zur Stabsübergabe die Glocke, mit der jeweils die Verwaltungssitzungen eröffnet werden.

Eine Null in der Jahresrechnung
Das erste Betriebsjahr des Geburtshauses ist vorbei und obwohl das Budget dafür ohne Vergleichszahlen erstellt werden musste, kann sich der Jahresabschluss sehen lassen. Das Ergebnis von Fr. 0.– mag auf den ersten Blick erstaunen, entstanden ist es jedoch durch die Eröffnung eines Spendenfonds, aus welchem der Defizitbetrag entnommen wurde. Rückstellungen für die Baserate, die vorsichtshalber vorgenommen wurden, sind ebenfalls in der Rechnung vorgesehen. Dies für den Fall, dass in den Tarifverhandlungen mit den Krankenkassen nicht das gewünschte Ergebnis erzielt wird. Für die langfristige Finanzierung wurde eigens der Förderverein gegründet, dessen Präsidentin Rosmarie Willener sich gemeinsam mit zwei weiteren Vorstandsmitgliedern für eine nachhaltige finanzielle Unterstützung des Geburtshauses sowie die Sensibilisierung der Bevölkerung einsetzt.

Schwarze Zahlen mit zunehmenden Geburten
Im vergangenen Jahr haben 61 Frauen im Geburtshaus in Zweisimmen geboren. Für das laufende Jahr wurden 70 Geburten budgetiert, was zu einem grösseren finanziellen Erfolg führen würde. «Vielleicht waren wir etwas optimistisch», kommentierte Hebamme und Co-Betriebsleiterin Marianne Haueter diese Zahl. In der Geburtshilfe seien schwankende Zahlen üblich und man müsse der Entwicklung der Maternité Alpine etwas Zeit geben. Schwarze Zahlen würden ab 70 bis 80 Geburten pro Jahr erwartet, so Haueter. Und die Nachfrage sei inzwischen überregional da: Bereits haben sich Frauen aus dem Pays-d’Enhaut und der Genferseeregion, ja sogar aus Saudi-Arabien gemeldet.

Auch von der Bevölkerung erlebe man immer wieder sehr unterstützende Gesten, sagte Haueter und erzählte kleine Anekdoten von geschenkten Strickwaren für die Neugeborenen und einem engagierten Anwohner, der sich der Problematik des flatternden Banners angenomment hatte.

Pilotprojekt Kaiserschnitt
Bisher können in Zweisimmen keine Kaiserschnitte durchgeführt werden, da das Spital Zweisimmen keinen Leistungsauftrag dafür hat. Das Geburtshaus ist jedoch in Verhandlungen für ein Pilotprojekt, mit dem Ziel zukünftig geplante Kaiserschnitte in Zusammenarbeit mit dem Spital Zweisimmen innerhalb des Leistungsauftrages des Geburtshauses durchführen zu können. «Bis jetzt müssen die werdenden Mütter für den geplanten Kaiserschnitt nach Frutigen oder Thun fahren», erklärte Marianne Haueter. «Um danach wieder zurückzukommen und das Wochenbett in der Maternité Alpine zu verbringen.» Die Infrastruktur für Kaiserschnitte wäre in Zweisimmen bereits vorhanden, ergänzte Dr. Nadine Kleinbekel, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, die dem Geburtshausteam bei Notfällen rund um die Uhr zur Verfügung steht. Nach anfänglicher Skepsis laufen die Verhandlungen laut Kleinbekel nun gut. «Es geht innerhalb dieses Pilotprojekts nur um die geplanten Kaiserschnitte», präzisierte Marianne Haueter. Dies seien schätzungsweise zehn pro Jahr. Ökonomisch gesehen sei es voraussichtlich ein Nullsummenspiel für das Geburtshaus, so Haueter, dafür aber eine wichtige Dienstleistung für die Region.

Tiefe Verlegungsrate
Auch Dr. Peter Dürig, ehemaliger leitender Arzt der Frauenklinik Bern, der im Anschluss an die Generalversammlung von seinen Erfahrungen als stellvertretender Arzt im Geburtshaus erzählte, spricht sich für die Möglichkeit, geplante Kaiserschnitte in Zweisimmen durchführen zu können, aus. Gerade aufgrund seiner Erfahrung wisse er, dass bei einem Notfall mit dieser Möglichkeit eine gewisse Vertrautheit der Fachleute vor Ort erhalten bleibe, denn in einigen – zwar seltenen Situationen – sei dies einer Verlegung vorzuziehen. Während seinem Einsatz als Stellvertreter musste er jedoch praktisch nie eingreifen und konnte amüsante Anekdoten davon erzählen, wie er stattdessen eingekauft und gekocht habe. Eine Geburt mit normalem Risiko sei für ihn nämlich Hebammenarbeit. Der Arzt solle erst dann eingreifen, wenn die Geburt nicht nach Plan verlaufe.

Dass die Ärzte im Geburtshaus so wenig zu tun haben, liegt an einer ganz bestimmten Massnahme: Es wird bereits im Voraus streng selektioniert. «Letztes Jahr haben wir 18 Frauen nicht aufgenommen», erklärte Marianne Haueter. «Einfach aus dem Grund, dass die Notfallwege sehr weit sind.» Dadurch lässt sich die niedrige Verlegungsrate von sechs Prozent im Gegensatz zu rund zwanzig Prozent bei anderen Geburtshäusern erklären. Notfall hat es letztlich im ersten Betriebsjahr keinen gegeben, im zweiten einen Kaiserschnitt.


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