Alpenruhe: Spatenstich für den Neubau

  05.06.2018 Saanen

Ein Freudentag für die Alpenruhe

Nach gut zehn Jahren Planung kann der Neubau der Stiftung Alpenruhe realisiert werden. Neben der spürbar grossen Freude kam beim Spatenstich am vergangenen Samstag auch etwas Wehmut auf: Der beliebte Spielplatz bleibt während der Bauphase geschlossen. Dafür soll der neue Spielplatz noch attraktiver werden.

ANITA MOSER
Am vergangenen Samstag hatte die Alpenruhe gleich doppelten Grund zur Freude. Zum einen lockte das schöne Sommerwetter viele Besucher und Familien mit Kindern ans traditionelle Sommerfest, zum anderen wurde mit dem Spatenstich der Grundstein gelegt für den Neubau. «Heute ist ein Freudentag», betonte denn auch Stiftungsratspräsident Matthias Brunner in seiner kurzen Ansprache, bevor Stiftungsratsmitglieder, Mitglieder des Gönnervereins und Bewohner zu Pickel und Schaufel griffen.

Grün, Orange, Grün
Bis die Bagger gestern auffahren konnten, war viel Geduld nötig. Mit der Planung wurde vor mehr als zehn Jahren begonnen. «Die Ampel steht auf Grün», titelte der «Anzeiger von Saanen» im Oktober 2011. Zwei Jahre später stand die Ampel auf Orange – das Projekt wurde aufgrund der prekären finanziellen Situation des Kantons auf Eis gelegt. 2014 keimte wieder Hoffnung auf und vor genau zwei Jahren taute das Eis auf: Der Kanton sprach 16,2 Millionen Franken für das auf 24,63 Millionen Franken veranschlagte Projekt. Und mit den bewilligten Gemeindebeiträgen – vergangene Woche bewilligten die Gemeindeversammlungen von Boltigen, St. Stephan und Lauenen ihre Anteile am Projekt – steht nun die Ampel definitiv auf Grün.

Trotz der Gemeindebeiträge blieb eine Finanzierungslücke von gut 1,5 Millionen Franken. Diese wird nun durch zusätzliche Bankdarlehen geschlossen, die Belastung für die Bauherrin erhöht sich entsprechend. «Die Finanzierung ist gesichert», betonte Matthias Brunner auf Nachfrage.

Der Spielplatz ist geschlossen
«Tic Tac Toe» haben die Architekten Marko Göhre und Heiko Walzer von Translocal Architecture GmbH das Projekt genannt. Mit der bekannten Girlband aus Deutschland habe das Projekt nichts zu tun, eher mit dem gleichnamigen Strategiespiel «Drei gewinnt», scherzte Brunner. Der Neubau besteht aus drei leicht versetzten Baukörpern. «Einerseits will man Rückzugsmöglichkeit und Privatsphäre schaffen für die Heimbewohner, andererseits sollen der Kinderspielplatz und der Streichelzoo von der Cafeteria einsichtbar sein», erklärte Brunner die Absichten. «Damit sind wir beim wehmütigen Teil des Tages», so Brunner. Der Neubau wird auf dem Areal des Spielplatzes gebaut. «Mit diesem Wochenende ist der Spielplatz Geschichte.» Der neue Spielplatz soll dafür noch attraktiver werden, versprach der Stiftungsratspräsident.

Gestern Montag haben die Bauarbeiten begonnen – die Spielgeräte werden entfernt und das alte Bauernhaus neben dem Haupthaus wird abgerissen. Dieser Platz wird für die Baustelleninstallation genutzt. Das Zepter in der Hand hat für die nächsten Monate und Jahre Bauleiter Michael Ryter von der Zellweger Architekten AG aus Thun. Als Symbol für die Stabübergabe bekam «Schleckmaul» Michael Ryter – er ist in Saanen aufgewachsen und wohnt heute in Därstetten – eine Toblerone. Und stellvertretend für alle Bewohner, welche die nächsten Monate mit Lärm, Dreck und Immissionen zurechtkommen müssen, überreichte der Stiftungsratspräsident an Bewohnerin Erika Stuber einen Sack mit riesigen Marshmallows – symbolisch gedacht als Ohrenpfropfen.

Fertigstellung 2021
Die Girlband habe nicht als Vorbild gedient für den Projektnamen, «aber wir werden versuchen, sie für die Eröffnung wieder zu mobilisieren», scherzte Architekt Marko Göhre. Das Projekt wird in drei Phasen realisiert. In einem ersten Schritt wird das neue Wohnhaus für die Bewohner gebaut. Im Erdgeschoss befinden sich die Verwaltung, eine professionelle Küche sowie wiederum die öffentliche Cafeteria mit einer grossen Terrasse und mit Blick Richtung Saane. In den beiden Obergeschossen sind die Räumlichkeiten für die Bewohner. Sobald das Haupthaus steht, ziehen die Bewohner um. Danach wird die Werkstatt ins alte Wohngebäude gezügelt und die bisherige Werkstatt saniert. Nach deren Sanierung wird das alte Wohnhaus abgerissen und es entstehen Parkplätze sowie ein begrünter Vorplatz mit Hochbeeten.

Geht alles nach Plan, soll der Neubau im Frühling 2020 bezugsbereit, die Werkstatt Ende 2020 saniert und die ganze Anlage mit Spielplatz und Aussenanlage im Frühling 2021 fertig sein.

Neu 42 Plätze
Aktuell werden in der Alpenruhe rund 60 Personen betreut. 27 wohnen intern, gegen 30 wohnen extern und arbeiten in den Ateliers. Die Alpenruhe bietet derzeit 28 Vollzeitstellen. «Wir haben einen hohen Level an ausgebildetem Personal: Fachangestellte Betreuung, Sozialpädagogen und Pflegefachpersonen», betonte Institutionsleiter Markus Kindler. Der Neubau wird künftig 42 Personen Platz bieten. Geplant sind Wohngruppen. «Wir haben uns für eine modulare Bauweise entschieden, damit wir flexibel sind», erklärte Matthias Brunner.

Garantiert Schweizer Holz
Der Neubau ist an den klassischen Chaletbaustil angelehnt, mit gemauertem Sockelgeschoss sowie Holzkonstruktion. Der Grossteil der Bauarbeiten sei lokal oder regional vergeben worden, betonte Michael Ryter. Ein massgeblicher Teil auch ins Obersimmental. «Das Holz für den Hauptbau ist garantiert Schweizer Holz, es kommt ausschliesslich aus einem Holzschlag aus der Lenk», so Ryter. «Wenn wir wollten, könnten wir sogar die Bäume selber aussuchen», ergänzte Marko Göhre. «Regenerative Energie ist eine Vorgabe des Kantons», so Göhre. Entsprechend wird die Alpenruhe an die ebl-Fernheizung angeschlossen, ebenso bietet sich Sonnenenergie an. «Es ist ein integrales System, die Solarzellen sind mit der Dachhaut bündig», erklärt Ryter.

Erleichterung und Anspannung
Er spüre einerseits eine grosse Erleichterung und Vorfreude, andererseits auch eine gewisse Anspannung, sagte Markus Kindler. «Der Betrieb muss auch während dem Bau funktionieren», so der Institutionsleiter. «Wir haben Bewohner, die zum Teil Mühe haben mit Veränderungen, sie werden wir enger begleiten müssen. Niemand weiss, was auf uns zukommt, einige reagieren stärker auf solche Sachen als andere. Es ist eine grosse Herausforderung für das Team, aber ich bin zuversichtlich.» Als erste Massnahme habe man bereits eine Infowand installiert, wo regelmässig über den Bauablauf informiert werde. Dass der Neubau separat gebaut wird, sei ein grosser Vorteil, so Kindler. «So müssen wir nur einmal umziehen.

Cafeteria und Streichelzoo sind offen
«Auch wenn es bis auf Weiteres keinen Spielplatz mehr hat, lohnt sich ein Besuch in der Alpenruhe alleweil», betonte Kindler. «Die Cafeteria und der Laden mit den Produkten aus der Werkstatt und den Ateliers sowie der Streichelzoo sind während der Bauphase wie gewohnt offen.»

https://www.alpenruhe.ch

Weitere Fotos unter https://tinyurl.com/y6wuzx3a


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