Brut- und Setzzeit und ihre Tücken

  01.06.2018 Landwirtschaft, Natur

In den ersten Sommermonaten werden Wiesen zur Kinderstube für Rehkitze und andere Wildtiere. Mit Beginn der Heu- und Siloernte setzen sich die Tiere einer grossen Gefahr aus. Die Mitglieder des Jagd- und Wildschutzvereins Saanenland helfen den Landwirten bei der Rettung der Jungtiere.

Zur Situation äussert sich der Hegeobmann des Jagd- und Wildschutzvereins Saanenland, Johnny von Grünigen.

Was bedeuten die nächsten Wochen für die Rehe im Saanenland?
Die Rehgeissen setzen ihre Jungtiere (eines bis drei Rehkitze) mit Vorliebe in Wiesen. Zum Teil ist dies bereits geschehen. Die Deckung der hochgewachsenen Wiesen dient dabei als idealer Schutz der Jungtiere vor Beutegreifern (Greifvögel und Haarraubwild wie Fuchs, Marder oder Luchs). So kommt es, dass die Rehkitze ihre erste Zeit hauptsächlich im hohen Gras verbringen. Gleichzeitig werden in den kommenden Tagen und Wochen viele Wiesen gemäht. Dies führt für die Rehkitze zu einer lebensbedrohlichen Situation.

Weshalb flüchten die Rehkitze beim Näherkommenen des Mähers nicht?
Rehkitze verharren in den ersten Lebenswochen meist an Ort und Stelle, bis sich die potentielle Bedrohung abgewendet hat, was bei Beutegreifern ja auch oft funktioniert. Leider ist diese Taktik bei Schneidwerken nutzlos und sogar lebensgefährlich.

Was konkret unternehmen nun die Saaner Jägerinnen und Jäger?
Grundsätzlich liegt die Verantwortung beim mähenden Landwirt. Er darf nach Gesetz keinem Tier Schaden zufügen. Der Jagd- und Wildschutzverein Saanenland bietet den Landwirten die Möglichkeit Heger/innen aufzubieten, die am Vorabend mittels Verblenden und/oder Verwittern (siehe Infobox) die Muttertiere dazu bringen sollen, ihre in der Wiese abgelegten Jungtiere abzuholen und an einen anderen Ort zu bringen.

Wenn nun trotz dieser Massnahmen dem Landwirt beim Mähen ein Reh aus der Wiese springt, was gilt es da zu tun?
Die Arbeit sollte unbedingt unterbrochen werden. Bei sofortigem Anruf an den Hegeobmann oder den Wildhüter werden in kürzester Frist Heger/innen aufgeboten, die die ganze Wiese vorabsuchen. Und auch wenn ein Rehkitz gefunden oder unglücklicherweise vermäht worden ist, so muss nach dem möglichen zweiten oder dritten Rehkitz gesucht werden. Bei etwas älteren Rehkitzen besteht zudem die Gefahr des Weichens innerhalb der Wiese. Bei vermähten Rehkitzen muss zwingend die Wildhut informiert werden.

Wie kann die «nicht jagende» Bevölkerung helfen?
Wenn Rehgeissen sich zu dieser Zeit in nicht gemähten Wiesen befinden, so gilt es, diese Beobachtung dem entsprechenden Landwirt mitzuteilen. Dieser nimmt anschliessend Kontakt mit dem Hegeobmann oder dem Wildhüter auf, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Wieviele Stunden investieren die Saaner Jägerinnen und Jäger jährlich in die Rehkitzrettung?

Pro Jahr wenden die Jägerinnen und Jäger 100 bis 120 Stunden für die Rehkitzrettung auf.

PD/JAGD- UND WILDSCHUTZVEREIN SAANENLAND

Hegeobmann Johnny von Grünigen, Tel. 079 356 14 45, Wildhüter Rolf Zumbrunnen, Tel. 0800 940 100 + Nachwahl 3 3 3 1


INFOBOX

Verblenden

Am Vortag des Mähens werden an spezifischen Standorten im Feld Tücher, Blinklampen oder Bänder aufgehängt. Alles, was sich bei jedem schwachen Windstoss bewegt, optisch auffällt oder leise Geräusche verursacht, eignet sich dazu, das Wild zu «vergrämen».

Verwittern

Verwittert wird normalerweise mit geruchsintensiven Stoffen. Ebenfalls eine gute beunruhigende und vergrämende Wirkung hat alleine das Durchgehen der Jäger, auch mit ihren Hunden, auf Teilen der Wiese. Diese Massnahmen haben jedoch gemeinsam, dass ihre Wirkung zeitlich sehr beschränkt ist. Das heisst, die Wildtiere gewöhnen sich schnell daran. Die beunruhigende Wirkung verpufft … und die Jungtiere liegen wieder in der Wiese.


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