Gut ausgelastete Alters- und Pflegeheime

  19.06.2018 Gesundheitswesen

Im Gegensatz zum städtischen Gebiet sind die drei Alters- und Pflegeheime im Saanenland gut ausgelastet. Trotz grosser Anstrengungen haben sie aber Schwierigkeiten, gut ausgebildete Pflegefachleute zu finden.

BLANCA BURRI
Alters- und Pflegeheime in der Region Bern vermelden eine Unterbelegung. Anders sieht es im Saanenland aus. Die Pfyffenegg und das Maison Claudine Pereira in Saanen sowie das Sunnebühl in Lauenen sind voll belegt. «Manchmal gibt es nach einem Todesfall eine kurze Vakanz», sagt Edwin von Siebenthal, Heimleiter von der Pfyffenegg. Genau gleich ist es in den zwei anderen Heimen, für die André Streit, Geschäftsführer der Alterswohnen STS AG, zuständig ist. «Wir haben zwar eine Warteliste. Wenn man aber bei den Betroffenen anruft und ihnen mitteilt, dass ein Plätzchen frei ist, sind sie dann doch noch nicht bereit für den Schritt ins Altersheim.»

Eintritt nach Unfall oder Krankheit
Erst wenn ein Unfall passiere oder eine Krankheit die Senioren schwäche, könnten sie sich für den Schritt entscheiden. Deshalb erfolgten die meisten Eintritte nicht von zu Hause aus, sondern direkt vom Spital. Weil diese Eintritte jeweils dringlich sind, ist viel Flexibilität gefragt. «Manchmal haben wir keinen Platz und so kann es vorkommen, dass jemand für die erste Zeit in das nächstgelegene Altersheim mit einem freien Bett einzieht, bis es bei uns Platz gibt», so André Streit.

Vermehrt ab Pflegestufe 3
Die meisten Senioren gehen heutzutage vermehrt später – erst bei einer höheren Pflegebedürftigkeit – ins Heim als noch vor 10 bis 20 Jahren. Dies entspricht der kantonalen Strategie, die einen Heimeintritt erst ab Pflegestufe 3 (rund 60 Minuten Pflege täglich) anpeilt. Das Durchschnittsalter in allen Heimen des Saanenlandes liegt bei über 80 Jahren. «Wir sind für alle da, es kommt nicht darauf an, in welchem Alter oder ab welcher Pflegestufe der Heimeintritt erfolgt», erklärt Edwin von Siebenthal. «Es ist eine erfreuliche Tendenz, dass man heute länger zu Hause bleiben kann, das heisst aber auch, dass die Klienten beim Heimeintritt pflegebedürftiger sind als früher», so André Streit. Das habe natürlich Auswirkungen auf die Alltagsgestaltung und die Betreuung. «Ausflüge und Aktivitäten sind nicht mehr so einfach zu organisieren.» Deshalb brauche es heute ein sehr breites und persönliches Aktivierungsprogramm, denn oftmals sei zum Beispiel die Mithilfe beim Kochen nicht mehr möglich. Auch brauche es mehr Personal, weil die Pflege aufwendiger sei.

Manchmal gibt es auch pflegebedürftige Menschen unter 65 Jahren, die in den obengenannten Heimen betreut werden. Dabei handelt es sich oftmals um Menschen, die durch einen schweren Unfall in diese Situation gelangt sind. Grundsätzlich sei ein Eintritt in ein IV-Heim für Jüngere sinnvoller, weil sie unter Gleichgesinnten seien, doch wenn die Pflege wie z.B. bei einem Tetraplegiker sehr aufwendig sei, mache es Sinn, dass er in ein Alters- und Pflegeheim zieht, so Streit.

Kapazitäten bei Tagesplätzen
In allen Heimen gibt es dafür bei Tagesangeboten noch freie Plätze. «Das bietet den betreuenden Angehörigen eine gewisse Entlastung», hält André Streit fest. Zudem hat das Maison Claudine Pereira im alten Spital sieben Zimmer gemietet, in welchen Senioren betreut wohnen können. «Das ist für Menschen, die noch recht selbständig sind, aber gerne eine gewisse Tagesstruktur geniessen.» Momentan gebe es dort noch zwei freie Plätze.

Grosse Schwierigkeiten, gut ausgebildete Pflegefachleute zu finden
Beide Heimleiter betonen, dass es sehr schwierig sei, gut ausgebildete Pflegefachleute zu finden. «Nicht nur in der Schweiz ist die Situation schwierig, sondern in ganz Europa», betont Edwin von Siebenthal. Es gebe ganz einfach zu wenige Pflegefachmitarbeiter, so der Fachmann. Und das, obwohl es im Kanton eine Ausbildungsverpflichtung gibt.

In der Pfyffenegg würden regelmässig Fachfrauen Gesundheit und aktuell auch ein Fachmann Gesundheit ausgebildet, aber viele Junge zöge es nach der Ausbildung ins Unterland, wo sie sich oftmals auch weiterbilden liessen. Natürlich könne man auch auf Wiedereinsteiger zählen, doch die Situation bleibe angespannt.

Dass der Mangel auf die unregelmässigen Arbeitszeiten oder den Lohn zurückzuführen ist, glaubt von Siebenthal nicht. «Zwar gibt es unregelmässige Arbeitszeiten, doch die Arbeitspläne werden langfristig gemacht.» Zudem ist der Lohn vom Pflegefachpersonal aus seiner Sicht angemessen und muss sich nicht verstecken.

«Im peripheren Gebiet ist es noch schwieriger, Mitarbeiter zu finden als in der Stadt», weiss André Streit. Mittlerweile seien nicht einmal mehr alle Lehrstellen für Fachangestellte Gesundheit (FAGE) besetzt, was ihn nachdenklich stimmt. Auch die Weiterbildung zur diplomierten Pflegefachperson HF bietet die Alterswohnen STS AG an, was im Moment nicht genutzt werde.

Imagekampagne und ausländische Mitarbeiter
Schon länger sei man daran, die Pflegeberufe mit Imagekampagnen aufzuwerten, sagt der Geschäftsführer der Alterswohnen STS AG. Trotzdem machten sich die schwachen Jahrgänge stark bemerkbar, die momentan die obligatorische Schule abschliessen. «Deshalb müssen wir Leute auch aus dem Ausland rekrutieren», wie Streit sagt. «Es handelt sich dabei um sehr gut ausgebildete Fachpersonen, welche für uns sehr wertvoll sind von den Bewohnern geschätzt werden.»

 


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