Kegeln, Blumenrad und Kinderfischen

  08.06.2018 Gstaad, Gesellschaft

Das Waldfest des Skiclubs Grund gibt es schon seit 50 Jahren. Während andere Waldfeste ausgestorben sind, hat es das in Grund in die Moderne geschafft. Gibt es ein Geheimrezept?

BLANCA BURRI
Die Holzkugel schlug auf der Wiese auf und rollte mitten in die neun Kegel, eine um die andere fiel um. Vier, fünf – neun waren es diesmal nicht. Und so versuchte es der Kegler noch einmal, bis er 25 Kugeln gespielt hatte und die Punkte für die Wertung zusammengezählt wurden. Die Kugel ist schwer und das Terrain unberechenbar, das erforderte Konzentration und Kraft. Natürlich biss Mann und Frau am Waldfest in Grund am vergangenen Wochenende auf die Zähne, niemand zeigte, dass die Muskeln schon etwas müde waren und die Arme inzwischen fast bis zum Boden reichten.

Zwischendurch stärkten sich die Besucher mit einem Grunder Rindspiess oder mit sonst etwas «Gluschtigem» aus der Festwirtschaft. Dann aber ging es weiter zum Büchsenschiessen, dem Dart oder vielleicht doch einem Tänzchen. Die Kleinsten versuchten sich beim Kinderfischen oder lasen anlässlich der Tombola ein paar Lose aus dem Körbchen. Auch die Klänge des Treichelklubs Gsteig faszinierten. Sie hatten erstmals einen Gastauftritt und ergänzten die Folkloreklänge des Trios «Küsu-Tinu-Wernu» aus der Lenk. Nicht zu vergessen das traditionelle Blumenrädeln, bei dem es wunderschöne Blumen für Haus und Garten zu gewinnen gab.

Regen ist Programm
Eigentlich sagt man, dass es an jedem Waldfest in Grund einmal regnet – früher war es sogar häufig kalt und nass. Ein paar Tropfen gab es auch am vergangenen Sonntag, als sich der aktuelle Präsident des Skiclubs Grund, Thomas Schläppi, und die beiden ehemaligen Präsidenten Markus Steiner und Toni Walker zum Gespräch mit dieser Zeitung trafen. «Durchzogenes Wetter ist positiv für unser Fest», beantwortetete Markus Steiner die Frage, wieso es an jedem Waldfest regnet. «So macht es die Leute nicht an, ‹z Bärg› zu gehen, sondern sie müssen zu uns kommen», lachte Thomas Schläppi nicht ganz ernst gemeint.

Nicht aufgeben
Früher gab es im Saanenland einige Waldfeste, die aber immer kleiner wurden und schliesslich ganz verschwanden. «Damals haben wir gemerkt, dass wir nicht aufgeben dürfen», so Steiner. «Statt klein beizugeben, haben wir uns an die veränderten Bedürfnisse angepasst», erklärte Toni Walker. Das Waldfest finde über mehrere Tage statt und habe früher ganz auf Folklore gesetzt. Man habe gewagt, am Samstagabend eine Tanzund Stimmungsmusik zu engagieren. Der Vorstand habe Bedenken gehabt, die älteren Gäste zu verärgern. Unbegründet, wie sich herausstellte: «Ein paar von ihnen haben so intensiv gefeiert wie kaum je vorher», erinnern sich die ehemaligen Präsidenten. Nach wie vor ist der Sonntag ganz der Folklore gewidmet.

Die Jungen einbeziehen
«Für den Skiclub ist es immer auch wichtig, die Jungen anzusprechen», betonte Toni Walker. Mit der Partymusik und der Bar sei vor allem der Samstag für die Jungen spannend, am Sonntag seien eher Familien und ein etwas älterer Jahrgang das Zielpublikum. Auch habe man bewusst immer auf ein Eintrittsgeld verzichtet, was sich bis jetzt ausbezahlt habe.

Der Skiclub Grund organisiere das Fest, um es zusammen gemütlich zu haben, aber auch um die Kasse zu füllen. Den Gewinn verwende er hauptsächlich für den Skinachwuchs. «Unsere JO-Kinder müssen bei den Rennen kein Startgeld bezahlen, das übernimmt der Klub. Aber auch das Training und die Clubjacken sind sehr günstig», so Thomas Schläppi. Zudem werde die Trainerausbildung bezahlt. «Skifahren ist eine teure Sportart. Wenn wir so das Portemonnaie der Eltern entlasten können, unterstützen wir direkt den Skisport.» Mit dem Erfolg des Nachwuchses ist der Skiclub zufrieden. Der aktuelle BOSV-Meister Livio Herrmann startet ebenso für den Skiclub Grund wie auch Emilie Klopfenstein, Schweizermeisterin U16.

Dankbar sind Thomas Schläppi, Markus Steiner und Toni Walker, dass viele Skiclubmitglieder, die keine Gelegenheit zum Mithelfen haben, als Gäste das Fest unterstützten.

Familiärer Zusammenhalt
Während andere Clubs Nachwuchssorgen haben, ist das in Grund anders. An den traditionellen Anlässen wie dem Clubrennen oder dem Becherrennen gibt es viele Teilnehmer. Auch der Vorstand hat keine Vakanz. Natürlich müsse man «dranbleiben», aber die Arbeit sei auch bereichernd. «Wir haben kein Zugpferd, sondern wir versuchen die Aufgaben gemeinsam zu meistern», sagte Markus Steiner. «Wir arbeiten zwar viel zusammen, geniessen aber immer auch die gemütlichen Stunden danach, das gibt einen starken Zusammenhalt», betonte Toni Walker. «Mit der Jugendförderung und einem sympathischen Rahmen für die Eltern sind wir breit abgestützt», so Steiner, «das ist unser Erfolgsrezept.» Das erklärte Thomas Schläppi am Beispiel Waldfest: «Die JO-Kinder helfen beim Kegeln oder verteilen die Blumen vom Blumenrädeln. Die Erwachsenen stellen die Infrastruktur auf, servieren, kochen oder stehen hinter dem Büchsen-, Dartoder Kegelstand und organisieren das Kinderfischen.» Der ganze Club sei beteiligt. Und nie vergesse man, zusammenzusitzen, etwas zu essen und sich auszutauschen.

50 Jahre alt
Entstanden ist das Fest in Zusammenarbeit mit dem Chörli «Heimatglüt». Bei der Einweihung (1968) des umgebauten Schulhauses in Grund haben sie einen Bazar auf die Beine gestellt. Daraus entwickelte sich das Garten- beziehungsweise Waldfest, das bald ein fester Bestandteil des Clublebens wurde.

«Wir versuchen, das Fest auch künftig so zu organisieren, dass es viele Leute anspricht», schaute der aktuelle Präsident in die Zukunft. Zum Beispiel überlege man sich, die Stilrichtung der Musik etwas anzupassen. Aber grundsätzlich bleibe das Waldfest, wie es ist. Das nächste ist bereits terminiert und wird vom 31. Mai bis 2. Juni 2019 stattfinden.

Weitere Fotos unter https://tinyurl.com/ycvnz4p2
Video: https://tinyurl.com/y8glkn8j


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