«Jedes aufstrebende Schweizer Team möchte einmal im Gstaader Sand spielen»

  10.07.2018 Sport

Philippe Saxer ist bei Swiss Volley für Beachvolleyball zuständig. Im Interview erzählt er von der Magie von Gstaad, welche für den Traum aller aktiven Beachvolleyballer verantwortlich ist, einmal im Center-Court zu spielen.

BLANCA BURRI

Philippe Saxer, Beachvolleyball wird normalerweise am Strand auf Meereshöhe gespielt. Welche Leistung bringen die Athleten in Gstaad auf 1000 m ü. M.?
Längst nicht mehr jedes Turnier findet am Strand statt. Vielmehr sind Städte und spezielle Austragungsorte wie kürzlich eine ehemalige Abbaumine ins Zentrum gerückt. Somit wird heute auf unterschiedlichen Höhen gespielt. Auch handelt es sich um eine schnelle und intensive Sportart. Die Höhe hätte bei Ausdauersportarten einen grösseren Effekt als bei Beachvolleyball, dessen Spieldauer recht kurz ist. Trotzdem gibt es eine Besonderheit: Gemäss Studien verlängert sich die Flugbahn der Bälle in Gstaad gegenüber der Meereshöhe um rund 20 cm. Daran müssen sich die Volleyballer gewöhnen.

Somit betrachten Sie es nicht als Höhentraining?
Nein, eher als Seelentraining, denn die schöne Gegend kombiniert mit der Kulisse sind einzigartig für unsere Sportart.

Die gesamte Weltelite versammelt sich jeweils in Gstaad. Sind das Preisgeld und die Punkte dafür verantwortlich?
Gstaad gehört zu den einzigen drei Turnieren in der höchsten Kategorie und somit spielen Preisgeld und Punkte bestimmt eine Rolle. Aber auch die Qualität des traditionsreichsten Turniers auf der Tour, das ohne Unterbruch jährlich durchgeführt worden ist, ist dafür verantwortlich. Ruedi Kunz und seinem Team gebührt dafür ein grosser Dank. Das gilt auch für die Helfer, sie leben Herzlichkeit und Gastfreundschaft – sie sind mit Herzblut bei der Sache. Jedes Jahr gibt es hier magische Momente.

Was meinen Sie damit?
Die Stimmung im Stadion ist einzigartig und für jede Spielerin und Spieler ein Karriere-Highlight.

Wie können Sie sich das erklären?
In anderen Orten gelangen die Spieler zum Beispiel per Shuttle in einer 20bis 50-minütigen Fahrt vom Hotel ins Stadion und zurück, sie haben selten Austausch mit den Zuschauern. In Gstaad befinden sich die Hotels neben dem Spielfeld und somit schlendern die Athleten durch die Promenade zum Spielfeld, verköstigen sich in den lokalen Restaurants und lassen sich auch im Turniervillage sehen. Das erzeugt eine Intimität, der Austausch zwischen Spielern und Zuschauern ist jederzeit möglich und wird gelebt. Das Gstaad Major wird so zu einem Familienanlass, bei dem alle zwischen 0 und 99 Jahren eine gute Zeit haben.

An welche magischen Momente erinnern Sie sich?
Schon wenn ich die Weite des Tals sehe, wenn ich von Schönried Richtung Gstaad fahre, bin ich fasziniert. Das war schon so, als ich noch selber im Sand stand oder als Trainer am Spielfeldrand. Wenn heute ein Schweizer Team besonders gut spielt und die Zuschauer sie mit einem roten Fahnenmeer unterstützen, geht mir das unter die Haut. Das sind die Momente, die ich geniesse, weil ich die Früchte der Arbeit des Verbands bestätigt sehe. Noch schöner wäre, wenn die Schweizer Hymne bei der Siegeszeremonie erklingen würde.

Welche sportliche Leistung trauen Sie den Schweizer Teams zu?
Das Team Heidrich/Vergé-Dépré ist nach der Neuformierung letztes Jahr über den Erwartungen gestartet. Nun mussten sie ein paar Dämpfer auch hinsichtlich Verletzungen hinnehmen. Trotzdem können sie mit etwas Wettkampfglück und sehr guten Leistungen in Gstaad weit kommen. Man darf die Athleten aber nicht nur an den Medaillen messen, denn die Konkurrenz ist in den letzten Jahren enorm gestiegen und dadurch hat die Leistungsdichte stark zugenommen. Deshalb sind wir vor allem an der Entwicklung all unserer Athleten interessiert. Das schliesst aber nicht aus, dass auch Hüberli/Betschart mit der Unterstützung des Heimpublikums ein Exploit erzielen können. Wir haben zwei Frauenteams unter den Top 15, das ist sehr gut.

Und bei den Herren?
Auf Grund einer Verletzung und der anstehenden EM können Beeler/Krattiger in Gstaad nicht starten. Das Risiko, den Heilungsprozess zu unterbrechen, wäre zu gross. Wir haben sechs Athleten, alle unter 26 Jahren. Der Altersschnitt der Athleten, welche Medaillen auf der Worldtour holen, liegt aber im Schnitt bei 30 Jahren. Unsere Spieler befinden sich im Aufbau und wir müssen noch etwas Geduld haben. Die tollen Resultaten der letzten Monate – Bronzemedaille in Luzern von Adrian Heidrich und Mirco Gerson – machen aber Hoffnung auf mehr für die Zukunft.

Welches langfristige Ziel verfolgen Sie?
Wir möchten, dass sich drei Schweizer Teams für die Olympischen Spiele in Tokio qualifizieren, zudem wollen wir ein olympisches Edelmetall bis 2024 gewinnen.

Welche Stellung hat das Gstaad Major im Schweizer Turnierkalender?
Es ist das Sahnehäubchen der rund 600 Beachturniere, die jährlich auf verschiedensten Niveaus stattfinden. Jedes aufstrebende Schweizer Team möchte einmal im Gstaader Sand spielen.

Welche Rolle übernimmt Swiss Volley während des Turniers?
Wir sind die Schnittstelle zum Weltverband und bieten administrative Unterstützung. Ebenso wollen wir mit unseren Partnern die Sportart ins bestmögliche Licht rücken. Das machen wir zum Beispiel mit dem Training für die Ballkids, bei dem die Schweizer Profis den jungen Helfern den Beach-Virus weitergeben.

Die Spieler schlendern mitten durch Gstaad, geben Autogrammstunden und trainieren mit den Helfern. Lenkt sie das nicht ab?
Wir überlegen schon, wer sich für diese Einsätze eignet und wir versuchen diese auf Anfang Woche zu planen, damit sie sich auf das Turniergeschehen konzentrieren können. Sport und Leistung stehen immer im Zentrum. Es ist nämlich schon so, dass gewisse Spieler in Gstaad vor Heimpublikum übermotiviert oder besonders nervös sind.


PHILIPPE SAXER

Philipp Saxer ist Direktor Beachvolleyball bei Swiss Volley und stellvertretender Geschäftsführer. Der 45-Jährige wohnt in Ipsach und arbeitet in Bern. In jüngeren Jahren war er während ca. 10 Jahren Spieler (Top 8) auf der Coop Beachtour und hat an verschiedenen internationalen Turnieren teilgenommen. Später war er Trainer des Teams Martin Laciga und Markus Egger. Ebenfalls trainierte er das Team Laciga/Laciga, als sie an der WM in Gstaad von 2007 teilnahmen. Das Team Laciga/Schnider, das er auch als Trainer betreute, erreichte bei der Qualifikation der Olympischen Spiele 2008 in Peking den 9. Rang


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