Jodel, Mendelssohn und Mozart unter dem Mauritiusdach vereint

  31.07.2018 Kultur

Die Oberländer Frauen-Jodlergruppe, Rudolf Buchbinder und das Zürcher Kammerorchester sangen und spielten am Sonntagabendkonzert des Menuhin Festivals in der Kirche Saanen Werke von Marie Theres von Gunten, Mendelssohn, Mozart, Bach und Haydn.

ÇETIN KÖKSAL
Mit den Mundartstücken «Mis Singe» und «Stuune» von Marie Theres von Gunten (Musik) und Jules Walthert (Text) eröffnete die Oberländer Frauen-Jodlergruppe stimmungsvoll den Konzertabend. Ihre Interpretation zeichnete sich durch präzise Reinheit, ein harmonisch ausgewogenes Miteinander der Stimmen und subtil umgesetzte Dynamik aus. In Verbindung mit den bekannten akustischen Vorzügen der schönen Mauritiuskirche bescherte dies den Zuhörern ein musikalisches Erlebnis auf hohem Niveau. Ganz im Gegensatz zu den zuweilen etwas bemühten Versuchen, dem Festivalpublikum Abwechslung zum klassischen Repertoire zu bieten, darf man das Engagement der Jodlerinnen als äusserst gelungene Bereicherung bezeichnen. Dies natürlich auch, weil sie mit dem Schweizer Volkslied «Bin alben e wärti Tächter gsi» die programmatische Überleitung zu Felix Mendelssohns elfter Streichersinfonie bereiteten.

Mendelssohn in der Schweiz
Der damals noch sehr junge Komponist übernahm und verarbeitete besagtes Volkslied aus einem Emmentaler Hochzeitstanz im zweiten Satz, dem Scherzo, seiner zweitletzten Streichersinfonie. Das Zürcher Kammerorchester (ZKO) konnte leider mit seiner Interpretation nicht wirklich überzeugen. Das Zusammenspiel glich eher etwas orientierungslosen Registern, die dann doch noch ab und an zueinander fanden. Viele gute Ansätze, beispielsweise von den Bratschen im ersten Satz, gingen unglücklicherweise wiederum in einem chaotisch anmutenden Wirrwarr von dem Raum unangepassten Forti und Fortissimi unter. Womöglich hätte eine etwas konzentriertere Haltung von gewissen Stimmführern durchaus einen positiven Einfluss auf das Ergebnis gehabt. Nun denn, bei Mozart wurde alles deutlich besser.

Ausgereifte Klavierkunst
Rudolf Buchbinder schenkte dem Publikum eine bis ins kleinste Detail durchdachte, nuanciert ausgefeilte und niemals ins Manierierte abgleitende Interpretation von Mozarts Klavierkonzert Nr. 21. Dass der erfahrene Pianist höchsten Wert auf Werkkenntnis setzt und diese fortlaufend erweitert, hörte und fühlte man bei fast jedem gespielten Ton. Besonders das Andante war ein musikalischer Hochgenuss, den man nicht alle Tage geboten bekommt. Da klappte auch das Zusammenspiel mit dem ZKO, denn musikalische Begleitung mag Herr Buchbinder gar nicht: «Ich begleite höchstens meine Frau ins Restaurant», wie der charmante Österreicher gerne in Interviews mit einem Augenzwinkern zu sagen pflegt. Nach dem fulminanten, aber dennoch präzisen Allegro vivace assai wurde der begeisterte Applaus mit einer Bach Solo-Zugabe belohnt, die man wiederum als pianistische und musikalische Meisterleistung bezeichnen muss.

Versöhnung durch Mozart
Das Musizieren mit dem verdienten Klavierkünstler vollbrachte ebenso beim ZKO augenscheinlich wahrlich Erstaunliches. Die vorgetragene Mozart-Sinfonie Nr. 29 erklang frisch, das Zusammenspiel harmonierte, wobei die schönen Bläsersoli besonders auffielen. Das von Willi Zimmermann geführte Orchester hatte seine «Mitte» wiedergefunden und musizierte frei, kontrolliert und ausgewogen. Das Publikum honorierte die Leistung mit kräftigem Applaus und das ZKO revanchierte sich mit Zugaben von Haydn und Mozart. Alles in allem ein interessanter Abend voller Kontraste.


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