Was ist mein Tennisball?

  03.07.2018 Gstaad, Bildung

Diese und weitere grundlegende Fragen stellen sich nun für die diplomierten KV- und Detailhandelsauszubildenden der Wirtschaftsschule Gstaad, welche am vergangenen Donnerstag im Saaner Landhaussaal im Kreise ihrer Familien und Ausbildner ihre Eidgenössischen Fähigkeitszeugnisse entgegennehmen durften.

FRANZISKA RAAFLAUB
Aus einem «Tal der Tränen» erwachten 21 Kaufleute und 11 Detailhandelsfachleute letzte Woche nach einer langen und intensiven Prüfungsphase. Alle Kandidaten konnten ihre Lehre erfolgreich zum Abschluss bringen, sehr zur Erleichterung von Marc Matti, Konrektor am Standort Gstaad, der dies zum «höchsten Ziel» der Berufsschule erklärt hatte. In seinen Eröffnungsworten zeigte er sich mit den allgemein guten Leistungen der Lehrabgänger zufrieden und lobte insbesondere die Einsatzbereitschaft der Jugendlichen. Das fast noch druckfrische eidgenössische Diplom sei eher als Zwischenziel und nicht als Abschluss zu verstehen; bei einigen steht die nächste Aus- oder Weiterbildung auch schon unmittelbar bevor. Einen besonderen Dank richtete Marc Matti an die Ausbildner, die sich in einer Randregion bei immer kleiner werdenden Jahrgängen vermehrt um talentierte Lehrlinge bemühen müssen. Ein proaktiver Zugang zu jungen Berufssuchenden wurde in jüngerer Zeit im Rahmen der Gstaader Messe geschaffen; weitere Massnahmen zur Stärkung des dualen Bildungssystems werden aber auch in Zukunft nötig sein. Besondere Anerkennung seitens der Berufsschule erhielten auch die Eltern, welche manche Enttäuschung während der Lehrzeit ausgleichen konnten, sowie das Lehrerkollegium, welches mit viel Geduld und Wohlwollen auf den erfolgreichen Lehrabschluss hingearbeitet hatte.

Einblick in die «Qualitätskontrolle» der Berufsprüfungen bot Gastredner Dominic Huwiler als Mitglied der Prüfungskommission. Nicht die Berufskandidaten, sondern die Prüfungsexperten sind Gegenstand seiner Analyse. Ein grosses Anliegen sei insbesondere, ein ausgeglichenes Prüfungsniveau innerhalb der verschiedenen Branchen und Sektionen zu gewährleisten sowie die Einhaltung der einschlägigen Richtlinien zu prüfen. Die Berichte der Prüfungskommission dienen sodann als Kontrollinstrument für den Rekursfall. Besonders positiv überrascht zeigte sich Huwiler von den Fähigkeiten der Lehrabgänger, mitunter auch – im Kontext der belastenden Situation einer Abschlussprüfung – neue Lösungswege zu erarbeiten, getreu der Metapher «thinking outside the box».

Weniger eckig waren die Metaphern, die Daniel Gobeli, Rektor der Wirtschaftsschule Thun, für seine Grussworte an die Diplomierten wählte. Er liess die Anwesenden an seinen Lebenserfahrungen bzw. «Lifehacks» teilhaben und riet dazu, den ganz persönlichen «Tennisball» zu finden. Analog dem Vierbeiner, der zeitlebens eine bedingungslose Leidenschaft für den kleinen, gelben Sportartikel aufbringen kann, solle es das Ziel jedes Einzelnen sein, seine ganz persönliche Leidenschaft zu finden und sie anschliessend nicht mehr aus den Augen zu verlieren. Auf diesem Weg sei es ratsam, auch nach verborgenen Talenten Ausschau zu halten, denn «ein Strich ist vielleicht auch ein Kreis, der liegt». Zuletzt wünschte sich der Rektor von den Jugendlichen etwas, was man aus pragmatischen Überlegungen während der Ausbildungszeit auszumerzen versucht, nämlich «Rebell sein» und Rahmen sprengen. Seine Zukunftsprognose für den Detailhandel und die kaufmännische Ausbildung war trotz aufstrebendem Onlinehandel im Güter- und Dienstleistungssegment positiv; er erinnerte daran, dass bei aller Polemik um den Zustand des Gewerbes lediglich etwa zehn Prozent des Umsatzes auf den Online-Markt entfalle und Konsumenten sowie Dienstleistungsnachfrager nach wie vor den persönlichen, zwischenmenschlichen Kontakt bevorzugen. Nichtsdestotrotz finde ein Wandel in diesen Bereichen statt, welchem man begegnen müsse. Jedoch habe sich das Berufsbild schon seit der Gründung der Wirtschaftsschule vor fast 125 Jahren kontinuierlich verändert und damit zu zahlreichen Innovationen geführt.

Solide Leistungen in Detailhandel und KV
Eröffnet wurden die beiden Diplomfeiern mit der Bekanntgabe der Klassendurchschnitte in den betrieblichen und schulischen Prüfungen. Bei den Detailhandelsfachleuten wurde ein guter Schnitt von 5,1 in den betrieblichen Prüfungen verzeichnet, während die schulischen Leistungen bei 4,7 lagen. Die Kaufleute schlossen ihre Branchenprüfungen im Schnitt mit 4,8 ab, während die schulischen Ergebnisse mit 4,9 beendet wurden. Im Detailhandel waren mit den Bereichen «Lebensmittel», «Lifestyle» und «Papeterie/ Landi» insgesamt drei Branchen vertreten. Die meisten Kaufleute der Abschlussklasse 2018 wurden in Hotelbetrieben ausgebildet, daneben waren auch Ausbildungsplätze in der öffentlichen Verwaltung, dem Tourismus und diversen Branchen besetzt.

Die Wirtschaftsschule zeichnen besonders gute Notendurchschnitte der Lehrabgänger aus, wobei Leistungen mit 5,3 und höher honoriert werden. Bei den Detailhandelsfachleuten lagen die Bestnoten bei 5,2, womit die Auszeichnung knapp verpasst wurde. Jedoch erhielten drei Kaufleute eine Auszeichnung, darunter Nina Tschannen (3. Rang mit 5,4; Golfhotel Les Hauts de Gstaad), Raphaela Suter (2. Rang mit 5,5; Hotel Hornberg, Saanenmöser) und Micha Schranz (1. Rang mit 5,6; Gemeindeverwaltung Gsteig). Eine besondere Auszeichnung für die Lernenden wird durch Jürg Horn und die Ribo Treuhand AG für überragende Leistungen in den Sprachfächern, Wirtschaft oder Selbst- und Sozialkompetenz verliehen. Einen Spezialpreis für die Selbst- und Sozialkompetenz durfte Nina Tschannen in Empfang nehmen.

DHF Diplomklasse 2018
Bähler Stefanie, Landi Saanenland; Buchs Nicole, Matti Rolf Papeterie und Sport; Eschler Selina, Edelweiss Sport; Eschler Tamara, Aldi Zweisimmen; Gomes Vivian, Confiserie Steinmann, Thun; Imobersteg Dunja, Strubel Sport, Lenk; Landheer Priscilla, Hehlen Schuhe, Zweisimmen; Meyer Samantha, Molkerei Gstaad; Perreten Tanja, Chnusper Becke; Siegenthaler Michelle, Migros Zweisimmen; Zbären Tanja, Interdiscount Gstaad.

KV Diplomklasse 2018
Boss Jennifer, Bellevue; Bühler Mathias, Betreibungsamt OSSA; Costa de Souza Danielle, Bernerhof; Costa Fernandes Carlos, Hotel Huus; Elsässer Tamara, GST; Hermann Zoë, Eletrohuus von Allmen; Hullin Tina, Gemeindeverwaltung Lenk; Leliuc Philip, Ermitage; Pawelski Joelle, Palace Gstaad; Perren Joela, Lenk-Simmental Tourismus; Reinhard Micha; SR sales & rental; Rüegger Romina, Gemeindeverwaltung Saanen; Schindler Florence, Thoenen Bau; Schranz Micha, Gemeindeverwaltung Gsteig; Schwegler Lara, Hotel Kemmeriboden-Bad; Schwizgebel Noémie, Saanen Bank; Suter Raphaela, Hotel Hornberg; Tschannen Nina, Golfhotel; Tscherrig Chiara, Gstaaderhof; Ummel Tanja, Gemeindeverwaltung Saanen; Zürcher Yves, GST.


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