Bei den Bahnen im Osten viel Neues

  31.08.2018 Berner Oberland, Verkehr

Das Aufrüsten im öffentlichen Verkehr und bei den touristischen Transportanlagen im Berner Oberland bleibt ungebrochen. Vom Haslital im Osten bis ins Saanenland im Westen wird geplant, gebaut und in Betrieb genommen. Eine Informationsreise der Bahnjournalisten Schweiz – Medienschaffende des öffentlichen Verkehrs – von Meiringen übers Jungfraujoch und Schilthorn, durchs Simmental bis nach Saanen zeigte eine erstaunliche vielfältige Aktivität für Gäste und Einheimische.

Erste Station auf der dreitägigen Fahrt war das Ausbildungszentrum von Seilbahnen Schweiz in Meiringen. Es ist ist für die Aus- und Weiterbildungen der Seilbahnbranche vom Lehrling bis zum Verwaltungsratspräsidenten zuständig. Die Palette an Kursen ist beeindruckend ebenso wie die Infrastruktur. Dazu gehört ein 12 Meter hoher Seilbahnmast, an dem im Massstab 1:1 geübt werden kann. Auch Kurse zum Sprengen von Lawinen und für angehende Pistenfahrzeugführer sind im Angebot. Nach einem Reigen von Präsentationen von Akteuren im Bergbahnbau und -betrieb gings mit dem Schiff auf dem Brienzersee weiter. Ihm entlang wird auf der Nordseite von Mitte Oktober bis Anfang Dezember 2018 die Bahnstrecke der Zentralbahn vollständig gesperrt: Zehn Tunnels und zehn Brücken gilt es in dieser Zeit zu sanieren und die Einfahrt in den Bahnhof Interlaken neu zu gestalten.

Im Nu aufs Joch
Das aktuell grösste Unterfangen im Berner Oberland ist der Bau der sogenannten V-Bahn von Grindelwald Grund nach der Station Eigergletscher einerseits und anderseits auf den Männlichen. Auf diesen wird die in die Jahre gekommene 4er-Gondelbahn durch eine 10er-Kabinenbahn ersetzt, welche die Fahrzeit von bisher 30 auf neu 19 Minuten verkürzt und gleichzeitig die Förderleistung auf 1800 Passagiere pro Stunde erhöht. Die Eröffnung findet auf die kommende Wintersaison statt. Völlig neu erstellt wird die umsteigefreie Verbindung «Eigerexpress» zum Tunneleingang der Jungfraubahn bei der Station Eigergletscher. Von hier sollen vier schnellere Premium-Pendelzüge mit 50 Prozent mehr Sitzplätzen im Halbstundentakt die zusätzlichen Reisenden auf 3454 Meter über Meer befördern. Das verkürzt die Gesamtfahrzeit der Besucher des Top of Europe um rund eine Stunde und macht dieses noch attraktiver für Gäste mit wenig Zeit für die An- und Rückreise, vorab den Gruppentourismus aus Asien. Die 3-S-Bahn (2 Trag- und ein Zugseil) schafft innert 15 Minuten eine Strecke von 6,5 Kilometern und einen Höhenunterschied von 1386 Meter. Die Kabinen verfügen über 28 Sitzplätze und lassen dank Generatoren an den Laufrädern Energie gewinnen für die Beleuchtung und das Infotainment. Die Bauarbeiten in Grindelwald Grund – zu denen auch der Bau der neuen Haltestelle Rothengg der Berner Oberland Bahnen in unmittelbarer Nähe der V-Bahn-Talstation gehört – schreitet dank dem trockenen Sommer zügig voran. Die Eröffnung des Eigerexpress ist für Ende 2020 vorgesehen. Um dem Ansturm auf dem Jungfraujoch gerecht zu werden, muss auch die Logistik für die Ver- und Entsorgung Schritt halten. So ist die Umschlaganlage auf der Kleinen Scheidegg, wo Güter von der Wengernalpbahn auf die Jungfraubahn und Abfälle in umgekehrter Richtung wechseln müssen, erweitert und mit einem halbautomatischen Fördersystem ergänzt worden.

Wengen–Mürren: Gepäcktransfer klappt
Um vorab Individualgästen der Besuch mehrerer Destinationen schmackhaft zu machen und zu vereinfachen, besteht beispielsweise zwischen Wengen und Mürren der Transport von Reisegepäck: Am Morgen am Bahnhof aufgegeben, findet man seinen Koffer abends bereits am Bahnhof am nächsten Ziel – oder wenn der Gastgeber gewitzt ist, bereits im Hotelzimmer – vorausgesetzt das Gepäck ist so etikettiert, dass es der Portier auch lesen kann. Dieser Service kostet zwölf Franken pro Stück und funktioniert perfekt – wie sich die Journalisten versichern konnten. Für die Verbindung von Lauterbrunnen via Grütschalp nach Mürren ist Ende September Abgabetermin für neue, behindertengerechte, tramähnliche Triebfahrzeuge für den Abschnitt Grütschalp–Mürren. Auf der anderen Talseite zwischen Lauterbrunnen und Wengen stehen zwei neue Pendelzüge vor der Beschaffung, die den Transport von Gepäckrollis erlauben, ähnlich wie sie auf der Matterhorn Gotthard-Bahn zwischen Täsch und Zermatt bereits in Betrieb stehen.

Montreux–Andermatt in weiter Ferne
Auf dem Weg durchs Simmental ins Saanenland erhaschte die Gruppe in Erlenbach einen Blick auf die erneuerte 1. Sektion der Stockhornbahn, die mit attraktiven Aktivitäten rund um den markanten Gipfel erfolgreich unterwegs ist. In Zweisimmen werden ab Ende 2020 täglich je vier Züge aus Montreux und Interlaken umgespurt. Somit entfällt für die Fahrgäste das Umsteigen wegen der ungleichen Spurweite (BLS Normal- und MOB-Meterspur). Die neuen Kompositionen bestehend aus Panoramawagen 1. und 2. Klasse sowie je einem Speisewagen, anlehnend an die bewährten Glacier-Expressfahrzeuge, wurden kürzlich beim Schweizer Bahnbauer Stadler Rail bestellt. Sollte dereinst auch die Bahn von Meiringen nach Gletsch unter der Grimsel durchführen, dann könnten Züge direkt vom Genfersee bis nach Andermatt verkehren. Dieses Projekt liegt allerdings noch in weiter Ferne, ist es doch mit dem Bau eines Tunnels für die Stromversorgung durch die Alpen verknüpft. Das Parlament wird 2019 darüber entscheiden, ob und wann die Grimselbahn realisiert werden kann.

Take-off zum Abschluss
In der Destination Gstaad Saanenland galt das Interesse der sich im Bau befindlichen neuen Saanerslochbahn und dem Projekt des Neubaus der Gondelbahn aufs Eggli. Der Abschluss der Fahrt galt den vor wenigen Wochen eingeweihten Neubauten auf dem Flugplatz Gstaad. Dieser erfüllt sowohl eine wichtige Rolle zur Erschliessung der Destination durch die General Aviation, als Basis für die Versorgungs- und Rettungsflüge der Air Glaciers wie als Basis für Segelfluglager. Beeindruckt waren die Medienschaffenden von der Lounge im Terminal, in der Gäste gediegen willkommen geheissen und verabschiedet werden.

KURT METZ, MITARBEIT: JÜRG D. LÜTHARD


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