Den Borkenkäfer im Auge behalten

  31.08.2018 Saanenland, Natur

Die Stürme, die im vergangenen Winter im Saanenland viel Sturmholz verursacht haben und die lang andauernde Trockenheit sowie die hohen Temperaturen der vergangenen Wochen bieten paradiesische Bedingungen für den Borkenkäfer. Konnte er sie für eine Massenausbreitung nutzen?

JENNY STERCHI
Das mediale Interesse am Fichten-Borkenkäfer, oder Buchdrucker, wie er landläufig auch genannt wird, ist im Laufe des Jahres enorm gewachsen, da die Bedingungen für eine Massenverbreitung wegen viel liegendem Holz und langer, trockener Hitzeperiode optimal waren.

Revierförster Arthur Haldi zeigte sich über den Käferbefall im Saanenland zuversichtlich. Die Windfallschäden nach den drei Winterstürmen zu Beginn des Jahres seien zwar grösser gewesen als erwartet. Aber Dank guter Zusammenarbeit mit den hiesigen Forstunternehmen und Waldbesitzern habe man die Schäden zügig bearbeiten und das gebrochene Holz durch sofortiges Entrinden mittels einer Maschine (Eder) zum einen unattraktiv machen, zum anderen bereits entwickelte Larven mechanisch vernichten können.

Da der Holzmarkt augenblicklich gesättigt ist, ist der Verbleib des entrindeten Holzes die momentan wirtschaftlichste Variante.

Auf der Hut bleiben
Laut Haldi hat man mit dem frühzeiten Abtransport und vor allem mit dem Entrinden den Käferbefall am liegenden Holz entschärft. Mit der Bearbeitung des Sturmholzes hat man der möglichen grossen ersten Käfergeneration sowohl Nahrungsgrundlage als auch Brutstätte genommen. Käferbefall an stehenden Bäumen habe Haldi in seinem Revier nicht ausmachen können. Auch in den Nachbarrevieren seien nur wenige Fälle von Stehendbefall aufgetreten.

Die Situation bleibe aber zu kontrollieren. Erfahrungsgemäss mache sich vermehrter Käferbefall erst ein bis zwei Jahre nach den Sturmereignissen bemerkbar. Man könne nie genau sagen, wie gross die Population des «Ips typographus» – so sein lateinischer Name – war, die sich bereits entwickeln und ausfliegen konnte.

Käferfallen erfüllen bei der Bekämpfung des Schädlings eine Kontrollfunktion. Sie gelten laut Revierförster Haldi als eine Art «Fiebermesser», um die Flugzeiten, Entwicklungsstadien und Dichte der Käfer ablesen zu können. «Den Borkenkäfer wird es immer geben in unseren Wäldern», schliesst Arthur Haldi ab. «Er gehört zu diesem Ökosystem und ist Teil der Nahrungskette. Nur wenn er überhandnimmt, haben wir erhebliche Schäden. Darum gilt es, mit offenen Augen durch den Wald zu gehen.»

Vorteil und Verpflichtung
Während sich im Frühjahr dieses Jahres in den tiefer liegenden Regionen bereits die erste Generation entwickeln und ausfliegen konnte, war dem Borkenkäfer im Saanenland noch lange der Schnee im Weg. Dank der erhöhten Lage und den Schneemassen des vergangenen Winters waren die Entwicklungsbedingungen für den Buchdrucker keineswegs erfüllt. Demnach reicht die Zeit nur für die gewöhnlichen zwei Generationen, mit der der Käfer seinen Fortbestand sichert. Im Unterland konnte der Schädling heuer wegen lang anhaltender Wärme im Sommer eine dritte Generation anlegen, die zu einer explosionsartigen Vermehrung führen könnte.

Da ein Massenbefall den gesamten Waldbestand schwächt, gilt es besonders im Saanenland, die Aufmerksamkeit gegenüber Käferanzeichen aufrechtzuerhalten. Denn der Wald in dieser Region erfüllt eine wichtige Schutzfunktion, zum Beispiel bei Lawinenabgängen oder ähnlichen Naturereignissen. Wäre diese Funktion eingeschränkt, könnte es verheerende Folgen haben.


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