«Anderen geht es wesentlich schlechter!»

  17.08.2018 Region

Laut Meteo Schweiz erlebte unser Land die niederschlagsärmste April-Juli-Periode seit rund 100 Jahren. Dazu kam eine Rekordhitze, die sogar jene im Jahrhundertsommer von 2003 übertraf. Das ganze Land litt unter dieser Dürre, doch das Saanenland ist glimpflich davongekommen.

KEREM S. MAURER
Diese Hitzewelle sorge für eine Wasserknappheit, von der insbesondere Alpbetriebe betroffen seien, welche auf Quellwasser angewiesen sind, schreibt die Schweizer Berghilfe in einer Medienmitteilung und bietet spontan finanzielle Hilfe an für Landwirte, die infolge der Trockenheit auf Wassertransporte mittels Helikopter angewiesen sind. Obschon einige solche Transportflüge durchgeführt wurden, blieb es in dieser Hinsicht still im Saanenland. Die Swiss Helicopter AG bestätigt auf Anfrage, vier solche Einsätze im Gebiet Elsigenalp, Schwarzsee und Erlenbach i.S. mit einer Gesamtwassermenge von 48 000 Litern geflogen zu haben. Die Medienstelle der Schweizer Armee gibt an, ebenfalls vier Wassertransportflüge mit einer Gesamtmenge von rund 100 Kubikmeter Wasser ausserhalb des Saanenlandes geflogen zu haben. Und bei der Air-Glaciers Saanen sind diesbezüglich wohl Anfragen, aber keine Aufträge eingegangen. Ähnlich tönt es bei der Schweizer Berghilfe, deren Mediensprecher bis zu Redaktionsschluss ebenfalls keine Anträge für finanzielle Hilfe aus dem Saanenland verzeichnen konnte.

Landwirt Marcel Mösching, der seine Kühe auf der Alp Gspan in Schönried sömmert, gibt an, dank einer starken Quelle keine Wasserengpässe gehabt zu haben. Anders sah die Situation bei Landwirt Eugen Reichenbach aus, der seine Kühe auf der Alp La Manche in Rougemont sömmert. Er habe einige Male Wasser im leeren Milchtank auf die Alp geführt, nachdem er die Milch abgegeben hatte, sagt er. Seine Alp ist gut mit dem Auto erreichbar. Ein dritter Landwirt, der seine Kühe in Gsteig sömmert, aber seinen Namen an dieser Stelle nicht lesen möchte, gibt an, dass bei ihm das Wasser tatsächlich knapp wurde. Er habe infolgedessen Regenwasser vom Dach seiner Ställe gewonnen, was den Kühen durchaus geschmeckt habe. Aufgrund einer bereits erlebten Wasserknappheit im Sommer 2003 hat dieser Landwirt vorgesorgt und ein Wasserreservoir angelegt, welches ihm in diesem Jahr gute Dienste leistete.

Seit Juli wächst das Gras kaum noch
Doch nicht nur die Kühe, welche laut dem Rindergesundheitsdienst (RDG) «bei höheren Temperaturen einen Wasserbedarf von bis zu 150 Litern am Tag» haben, spürten die Trockenheit, sondern auch das Gras. Dieses, so berichten die befragten Landwirte, sei nicht so schnell nachgewachsen wie in anderen Jahren. Und das könnte zu einer Futterknappheit im Winter führen, weil bei vielen ein Schnitt fehle. Um diesem Umstand etwas entgegenzuwirken, verkaufe er Kühe, erklärt Marcel Mösching. Dies allein sei im Herbst jedoch nichts Aussergewöhnliches. Das Dumme an der gegenwärtigen Situation sei, dass sich noch viele andere Landwirte in derselben Lage befänden wie er und es daher viele Tiere auf dem Markt gebe, wodurch die Preise sinken.

Ob die Landwirte für den Winter tatsächlich Futter zukaufen müssen, hängt sehr stark von den Wetterentwicklungen in den nächsten Wochen ab. Denn sollte es wieder normal zu regnen anfangen, täte dies den Weiden im Tal gut, für jene auf dem Berg sei es jedoch zu spät. Dort fehlt Futtergras. Aus diesem Grund kehren Landwirte zum Teil in diesem Sommer bereits einige Tage früher von der Alp zurück. So auch Eugen Reichenbach, der es aber gelassen nimmt: «Wir verkürzen nur um etwa zwei oder drei Tage, das ist nicht wirklich tragisch!»

Die angefragten Landwirte sind sich einig: Im Saanenland gibt es trotz diesem heissen und trockenen Sommer im Grunde nichts zu jammern. «Verglichen mit anderen Regionen, sind wir hier glimpflich davongekommen», bringt es Mösching auf den Punkt, und Reichenbach ergänzt: «Dieser Sommer war noch zu bewältigen!»

Keine Gefahr für die Trinkwasserversorgung
Auf die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung im Saanenland hatte der Rekordsommer keine grossen Auswirkungen, heisst es in einer entsprechenden Stellungnahme der Gemeinde Saanen. Zwar läge der Grundwasserspiegel im Heberwerk Enge und dem Pumpwerk Chappeli unter dem Durchschnitt, was aber keine Beeinträchtigung darstelle. Ausserdem könne man mit dem «Szenario Trinkwasserversorgung Saanen in Notzeiten» mit mobilen Notpumpen die Versorgung zum Teil verbessern. Wäre dies der Fall, würde die Bevölkerung zum Sparen von Wasser aufgefordert und ein striktes Bewässerungsverbot verhängt, was aber in diesem Sommer nicht nötig war. «Quellen, die unsere Trinkwasserversorgung speisen, sind noch nie versiegt, können aber stark zurückgehen», heisst es weiter in der Stellungnahme der Gemeinde Saanen, die sich wohlweislich für die Zukunft rüstet: Zurzeit werde auf dem Flugplatz ein Grundwasserpumpwerk mit einer Konzession von 11 000 Liter Wasser pro Minute realisiert, welches Anfang 2020 in Betrieb genommen werden soll. Damit könne die Wasserversorgung für die Bevölkerung auch bei einem allfälligen Ausfall des Heberbrunnens sichergestellt werden.

Aus Lauenen tönt es ähnlich. «Nein, die Trockenheit der letzten Wochen hat auf die Wasserversorgung Lauenen keine Auswirkungen gehabt», gibt die Gemeindeverwaltung auf Anfrage bekannt. Die für die Wasserversorgung notwendigen Quellen seien nicht von Versiegung betroffen. Gebe es jetzt allerdings noch einen trockenen Herbst, könne sich dies allenfalls auf die Wasserversorgung auswirken. Ähnliches wird auch aus Gsteig vermeldet, wo die entsprechenden Quellen in ihrer Menge ebenfalls etwas zurückgingen. Aber knapp wurde auch hier das Wasser für die Bevölkerung nicht.


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