«Looking for Oum Kulthum» – ein Film von Shirin Neshat

  07.09.2018 Vorschau, Kultur

Den Zauber der verstorbenen Gesangslegende mit der Kamera einfangen: Nichts weniger will die iranische Heldin in Shirin Neshats neuem Film. Ein Kraftakt, der viel über die gesellschaftliche Stellung von Frauen im Nahen Osten erzählt.

Mit einem filmisch wie auch musikalisch grossartigen Werk startet das Filmpodium Saanenland am kommenden Montag, 10. September in die neue Saison. Bis im Juli 2019 werden Sie jeden zweiten Montag des Monats in den Genuss eines cineastischen Leckerbissens kommen.

Casting-Shows sind weiterhin ein Dauerbrenner im TV – egal ob Topmodel, Sänger oder sonstige Talente, die mediale Suche nach dem nächsten Promi lockt immer noch genügend Zuschauer vor den Bildschirm. Zwar ist der Ruhm der Gewinner dieser Sendungen meist nur von kurzer Dauer, aber im Fokus des Interesses steht bei diesen Formaten sowieso vielmehr die Suche als der Gewinner. Auch die iranisch-amerikanische Künstlerin Shirin Neshat konzentriert sich in ihrem zweiten Spielfilm auf die Suche nach einem Superstar – allerdings handelt es sich hier um eine wahrhaftige Ikone.

Die ägyptische Sängerin Oum Kulthum gilt als die Maria Callas des Orients, ihrem Begräbnis 1975 wohnten vier Millionen Menschen bei. Wer selber schon im arabischen Raum gereist ist, kann das bestätigen – die Musik von Oum Khulthum ist noch immer gegenwärtig, die Sängerin wird bis heute als Volksheldin verehrt.

Auf der Suche nach dem Mythos
In ihrem Film «Looking for Oum Kulthum» nähert sich Neshat der Kultsängerin auf der Meta-Ebene. Im Zentrum des Films steht die Künstlerin Mitra, die einen Film über die Musiklegende drehen will. Was mit dem Casting nach der perfekten Hauptdarstellerin beginnt, entwickelt sich immer mehr zur Suche nach der Frau und Künstlerin, die hinter dem Mythos Oum Kulthum steckt. Shirin Neshat bezeichnen ihren Film als «fake movie», weil er kein Biopic über die Sängerin ist, sondern ein Film im Film, der von einer iranischen Regisseurin handelt, die ein Biopic über Oum Kulthum realisiert.

In einem Interview meint sie dazu: «Ich bin mit Oum Kulthums Musik aufgewachsen. Für meine Eltern war sie die Grösste, auch wenn sie nicht Arabisch sprachen und ihre Texte nicht verstanden. Aber für diese ältere Generation war und ist sie bis heute ein Superstar. Man darf nicht vergessen, dass die Kultur im Süden Irans arabisch geprägt ist: Viele Leute sprechen nicht Farsi, sondern Arabisch. Und wenn ich als Teenager gelegentlich von Teheran mit dem Bus in den Süden ans Meer fuhr, lief in den Fahrzeugen immer Musik von Oum Kulthum.»

Weiter erzählt Neshat: «Wir starteten tatsächlich mit einem Biopic. Doch erst da merkte ich, dass es in Biopics über Künstlerinnen und Künstler stets darum geht, diese entweder heroisch oder tragisch zu zeigen – und man letztlich wenig über ihr Werk, dafür mehr über ihr Leben erfährt. Aber Oum Kulthum hatte kein tragisches Leben: Sie starb mit 75 auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Sie war nie drogensüchtig, sie beging keinen Selbstmord, es gab bei ihr keinerlei selbstzerstörerische Tendenzen. Ich habe jahrelang über Oum Kulthum recherchiert und ich fand eine Frau, die ihr ganzes Leben dafür gekämpft hatte, ein Bild zu bleiben, nur ein Image zu verkörpern. Sie war stets darauf bedacht, ihr Privatleben von der Öffentlichkeit abzuschirmen. Was ihr auch gelungen ist. So wird beispielsweise bis heute darüber spekuliert, ob sie lesbisch war. Doch was spielt das für eine Rolle? Das war ihre private Angelegenheit.»

PD FILMPODIUM SAANENLAND


Filmpodium Saanenland – der besondere Film jeden zweiten Montag um 20.30 Uhr im Kino Gstaad


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