Gelabelt, zertifiziert und verewigt

  11.09.2018 Nachbarschaft

Zweisimmen schafft, was kaum eine andere Gemeinde davor je erreicht hat: Das schmucke Voralpendorf im Obersimmental ist seit 2016 «Fair Trade Town» und hat aktuell das Label «Energiestadt» erhalten. Doch damit nicht genug: Seit letztem Donnerstag ist der historische MOB-Bahnhof sogar auf einer 10-Rappen-Briefmarke verewigt.

KEREM S. MAURER
Mit einer kleinen, aber feinen Feier wurden am letzten Donnerstagnachmittag auf dem Bahnhofplatz vor dem altehrwürdigen MOB-Bahnhof in Zweisimmen, die neuen Ehrungen gewürdigt. Zweisimmen darf stolz sein, und das waren auch die Redner und allen voran Ernst Hodel, der Gemeinderatspräsident von Zweisimmen, als er seine illustre Gästeschar begrüssen durfte. Nicht minder stolz war auch Ueli Gfeller, Vize-Gemeinderatspräsident, der in seiner kurzen Ansprache die Label-Übergabe einleitete, wonach Zweisimmen sich «Energiestadt» nennen darf. Obschon Zweisimmen – wenn man es ganz genau nehmen will – per Definition mit seinen 3050 Einwohnern gar keine Stadt ist. Denn als «Stadt» werden in der Schweiz üblicherweise nur Orte mit mindestens 10 000 Einwohnern bezeichnet.

Ueli Gfeller erläuterte in seiner Rede den Werdegang Zweisimmens zur Energiestadt. Den Grundstein dafür legte man bereits 2009, als im neuen Baureglement der Gemeinde die künftige Energiepolitik festgelegt wurde. Darin sei sinngemäss festgehalten worden, dass «der Gemeinderat alle sinnvollen Massnahmen fördere, die zu einem sparsamen Gebrauch von Energie beitragen». In der Folge schnürte man zusammen mit dem BEakom ein für Zweisimmen massgeschneidertes Energieprogramm, welches die Gemeinde verpflichtete, entsprechende Massnahmen zu ergreifen. Dies betraf insbesondere eine energieeffiziente Raumplanung, die Senkung von Co2-Emissionen, die Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen sowie eine energieoptimierte Bauweise und Mobilität. Das Energieabkommen umfasste letztendlich mehr als 29 Massnahmen. Im Rahmen eines Zertifizierungsaudits am 6. April 2018 wurden die Bemühungen belohnt und Zweisimmen erhielt das Zertifikat «Energiestadt». «Doch ausruhen ist jetzt nicht angesagt. Das Tragen dieser Bezeichnung ist mit Rechten und Pflichten verbunden», so Gfeller.

Energiepolitischer Vorreiter im Simmental und Saanenland
«Obschon heute schweizweit über vierhundert Gemeinden das Label «Energiestadt» tragen, ist ein grosses Engagement vieler nötig, um Energiestadt zu werden!» Dies sagte Barbara Schwickert, die in ihrer Funktion als Präsidentin des Trägervereins Energiestadt nach Zweisimmen kam, um das Label zu verleihen. Schwickert weiss, wovon sie spricht. Sie ist selber als Gemeinderätin der Energiestadt Biel für Bau, Energie und Umwelt zuständig. «Man kann dieses Label nicht kaufen, man muss es sich erarbeiten!», betonte sie und wies auf die Nachhaltigkeit der Auszeichnung hin. Es brauche ein klares Bekenntnis der Gemeinde, in Sachen Energie ein Vorbild zu sein und man müsse den Worten auch Taten folgen lassen. Lippenbekenntnisse alleine reichten nicht aus, denn es sei nicht nur mit viel Willen und Aufwand verbunden, dieses Label zu erhalten, sondern es sei ebenso aufwendig, es zu behalten. Man müsse langfristig am Ball bleiben, damit man alle vier Jahre die Rezertifzierung schaffe. Sie würdigte Zweisimmen als «energiepolitischen Vorreiter im Simmental». Die Gemeinde sei damit eine von erst drei Energiestädten im Berner Oberland, neben Spiez und Interlaken. Nach ihrer Ansprache wurde das Dokument, welches für die nächsten vier Jahre «Das Sonnen-Energie-Dorf Zweisimmen» als Energiestadt ausweist, enthüllt.

15 aus 3000 Bahnhöfen
Die Dauerbriefmarkenserie zum Thema «Schweizer Bahnhöfe» wurde bereits 2016 lanciert und löste jene der «Gemüseblüten» ab. Aus über 3000 Bahnhöfen habe die Post 15 Bahnhöfe «mit charakteristischen, historischen oder modernen Bahnhofsgebäuden» ausgewählt, sagte Claudia Frankl, Leiterin Briefmarken und Philatelie. Die Post schätze sich glücklich, dass auch das prächtige Gebäude der MOB in Zweisimmen dazu gehöre, welches «in seinem vollen Glanz» den Wert der 10-Rappen-Marke ziert. Die Marke wurde von Marc Weller gestaltet, der mit seinen rund 20 gestalteten Briefmarken als Routinier gelte, der sich durch einen sehr detailgetreuen Stil auszeichne. Briefmarken, so zeigte sich Frankl überzeugt, tragen Botschaften von Tür zu Tür, auch weit über die Landesgrenzen hinaus. Auf die Frage, wer denn heute noch 10-Rappen-Briefmarken verwende, sagte sie: «Das ist ein Ergänzungswert zu üblichen Werten. Wenn Sie beispielsweise einen Brief ins Ausland senden wollen, brauchen sie diese.» Und warum gerade die 10-Rappen-Marke, der kleinste Wert einer Briefmarke? Dies habe sich so ergeben, dahinter stehe keine Absicht. Der Wert werde fortlaufend vergeben und sei in diesem Sinne nicht wertend. Diese Dauermarke ist ab sofort in allen Filialen der Post, an den Briefmarkentheken und über die Webseite der Post erhältlich. Nach ihren Worten wurde die Briefmarke feierlich und unter grossem Applaus enthüllt.

«Fair Trade Town» und Musik
Die Zweisimmner Gemeinderätin Claudia Gautschi sprach kurz zum bereits ältesten Label der Gemeinde als «Fair Trade Town», welches Zweisimmen vor gut zwei Jahren erhalten hat. Gautschi beleuchtete, wie es damals zu dieser Auszeichnung gekommen war und komplettierte damit den Auszeichungsreigen Zweisimmens, der sich durchaus sehen lassen kann. Zweisimmen ist gelabelt, zertifiziert und auf einer Briefmarke verewigt. Für die musikalische Umrahmung des denkwürdigen Anlasses sorgte das eigens dafür ins Leben gerufene «Trio Stamps 3770». Dazu gehören Beatrice Villiger aus Gstaad (Gesang), Tobias König aus Zweisimmen (Gesang, Saxofon) und Roland Cham (Elektropiano). «Nicht nur Zweisimmen ist international, sondern auch unsere Musiker. Die singen nämlich nicht nur in Deutsch, sondern auch in Englisch und Französisch», sagte Ernst Hodel und eröffnete ein üppiges Apérobufett mit Produkten aus der Region.


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