75 Jahre Jodlerklub «Bärgfriede»: «Zämesy macht Freud»

  23.10.2018 Gstaad, Kultur, Musik

Drei berühmte, auswärtige Jodelformationen und die «Ländler Panache» lud der Jodlerklub «Bärgfriede» zu seinem Geburtstagsfest ein. Zusammen mit Ehrengästen, Sponsoren und Hunderten von Jodlerfreunden aus nah und fern feierten die Gstaader ihr 75-jähriges Bestehen. Dieses hochstehende Konzert in der Tennishalle wurde für den rüstigen Jubilar und seine Gäste zu einem Geschenk, das Herz und Sinne berührte.

VRENI MÜLLENER
Vor etwas mehr als drei Jahren machte sich ein elfköpfiges Organisationskomitee unter der Führung von Benz Schläppi an die Planung dieses Jubiläumsanlasses. Von der Dekoration über die Festwirtschaft bis hin zum musikalischen Programm gab es eine Menge zu diskutieren, zu organisieren und dann auch auszuführen. Daraus entstand dieses gemütliche Fest, das für gegen 900 Personen viel Wohlklingendes und Unterhaltsames zu bieten hatte.

Es könnte der Sufsunntigsjutz gewesen sein, der 1942 am Wispilesufsunntig ertönte, als einige Festbesucher vorschlugen, mit diesen guten Sängern einen Jodlerklub zu gründen. Mit interessanten Auszügen aus Protokollen und Jahresberichten führten Ruedi Hefti und Michael Bütschi unterhaltsam durch den Abend. Die Sängerinnen und Sänger des Jodlerchörli «Hüsliberg» aus Ebnat-Kappel erfreuten das Publikum mit wohlklingenden Liedern und echten Toggenburger Naturjodeln. Gemütlich und urchig lieben es die vier Jutzer und der Handörgeler des Quartetts «Alpenrösli» aus Heimenschwand. Ihren frischen, unverfälschten Liedbeiträgen wurde aufmerksam zugehört. Der Auftritt des Jodlerklubs St. Stephan versprach ein besonderer Leckerbissen zu werden. Sicher und von hoher Qualität ertönten ihre Interpretationen durch die Festhalle, andächtig stimmten die tiefsinnigen Texte ihres Dirigenten und Hauskomponisten Ueli Moor.

Was wäre der Alltag ohne Musik?
Diese Frage stellte der Präsident des Bernisch Kantonalen Jodlerverbandes Stephan Haldemann in den Raum und beschrieb den Jodelgesang als äusserst gesundheitsfördernd. Er gratulierte dem Jodlerklub «Bärgfriede» zu seinen 75 Jahren und machte den nicht ganz ernst zu nehmendem Vorschlag, sämtlichen Jodlern eine Ermässigung der Krankenkassenprämien zu gewähren.

Karin Niederberger beschrieb die Jodlerszene als wichtige Kulturbotschafterin und betonte in ihren Gratulationsworten, welche Hochachtung sie gegenüber den Partnerinnen von Jodlern habe. Jede bekam ein Päckli mit einer Kerze, einem vorbereiteten Risotto und Schokoladenherzen. Damit sollten die Männer ihren Frauen einen gemütlichen Abend zu zweit organisieren als Entschädigung für die vielen Abwesenheiten und ihr, der Präsidentin des eidgenössischen Jodlerverbandes, davon ein Selfie schicken.

Nach dem Auftritt der 28 Sänger des jubilierenden Klubs, unter anderem mit dem passenden Lied «Fründschaft» von Hannes Furrer, leitete Benz Schläppi zum zweiten Teil des Abends über. Er dankte seinen Kollegen, allen Sponsoren sowie dem grossen Heer von freiwilligen Mitarbeitern für ihren Einsatz. Das vielfältige Musikrepertoire der «Ländler Panache» lud ein, bis in die frühen Morgenstunden das Tanzbein zu schwingen und bei Speis und Trank noch ein paar Stunden gemütlich miteinander zu verbringen.

Weitere Fotos unter https://tinyurl.com/y8sfdwj8

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AUS DEM VEREINSLEBEN: HEITERE AUSZÜGE AUS PROTOKOLLEN UND JAHRESBERICHTEN

1942: Gründung des Jodlerklubs «Bärgfriede» Gstaad von 13 Gründungsmitgliedern. Wer neu in den Verein eintreten wollte, hatte eine Eintrittsgebühr von Fr. 3.– zu bezahlen. Bei einem allfälligen Austritt kostete es den Jutzer Fr. 5.–.
1944: Drei Aktivmitglieder treten bereits wieder aus.
1947: Aufnahme in den bernisch kantonalen Jodlerverband.
1951 steht im Jahresbericht: «Wieder ist ein Jahr verflossen, das Vereinsschifflein hat geschaukelt, manchmal fast zum Umkippen, aber es ist immer noch auf See und fahrtüchtig.»
1955: «Die Dirigentin Hanni Röthlisberger spricht uns ins Gewissen. Sie möchte, dass die Singübungen in Zukunft pünktlicher beginnen und bittet um mehr Respekt in gesanglicher Hinsicht gegenüber ihr als Gesangsleiterin.»
1970: Kantonales Jodlerfest Frutigen: «Wir hatten mit unserem Naturjodel wieder ein «sehr gut» erhalten. Nach dieser guten Nachricht tranken wir noch einige Flaschen guten Wein und nachher wurde es Zeit, nach Hause zu fahren, eigentlich zu früh, denn nicht einer von uns hatte einen Rausch.»
1976 fand die längste Generalversammlung statt, Schluss 1.33 Uhr.
2011: «Trotz der intensiven Schnauferei hat sich der Atemkurs deutlich von einem Schwangerschaftsturnen unterschieden.»
Insgesamt war der Klub in 75 Jahren 46-mal auf einer Reise, insgesamt 133 Tage:
1946: Die erste Vereinsreise führt über Pillon–Aigle–Villeneuve–Montreux– Bulle–Jaunpass–Zweisimmen zurück nach Gstaad.
1954: Viertägige Reise nach Meran, an den Gardasee und nach Mailand. «Zum ersten Mal betraten viele von uns fremde Erde. Und schon sassen wir in der Gartenwirtschaft und begannen mit der Rotweinkur.»
1992: 12-tägige Reise nach Boston, USA. «Wir hatten 11 Radio- und Fernsehauftritte in 12 Tagen, da wird man des Singens schon etwas müde.»
Bei verschiedensten Anlässen hatte der «Bärgfriede» Auftritte:
1993: Auftritt im Hotel Hornberg: «Bundesrat Ogi singt kräftig mit.»
1996: Auftritt bei Gunter Sachs: «Kurz gesagt: langes Warten, kurzer Auftritt, sehr gute Gage.»
1997: «Mike von Grünigen wurde als Weltmeister gefeiert und wir wurden engagiert.»
2010: Auftritt Hasliberg: «Wir wurden, noch bevor wir einen Ton gesungen hatten, vom Ansager dermassen gelobt, dass es schon fast peinlich wurde. Der gefüllte Saal war bei den Darbietungen so ruhig, dass man fallengelassene Stecknadeln gehört hätte.»
«Einmal waren wir stimmlich recht angeschlagen, was wir sogar dem Publikum erklärten, weil in der letzten Runde der Jutz nicht mehr möglich war. Es wurde aber erbarmungslos geklatscht, dass es für uns Pflicht war, den «Burebueb» anzustimmen. Im Rekordtempo wie noch nie eilten wir durch die Strophen, alle wollten das Lied so schnell wie möglich hinter sich bringen.»
Konzert, Theater, Tonträger:
Seit 1944 wurden Passiv- und Theaterabende organisiert. Die Theaterleute haben in 75 Jahren 55 Stücke einstudiert.
1958 wurde das Theater von Helmut Zumstein auf ein Tonband aufgenommen: Es war für die Darsteller grossartig, ihre eigene Stimme zu hören.
Als Folge der technischen Entwicklung heisst es 1983 nach Oberburg fahren, um Schallplattenaufnahmen zu machen: «Zersch niemer gfunde, chalt gha wie ne Hund, nähär gsunge wie ne Esel u gspilt wie nes Chalb u z Mittag gässe wi ne Chueh. Eso isch der Tag bald verbygange.»
Insgesamt hat der Klub sechs Tonträger produziert. «Zfriede sy» entstand 2015 und ist noch erhältlich. Die am Jubiläumsabend verteilte Festschrift geht eingehender auf die bisherigen und aktuellen Aktivitäten des Jodlerklubs ein.


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