Euterfülle – (k)ein Thema im Saanenland?

  02.11.2018 Interview, Saanenland, Landwirtschaft


Dieses viel diskutierte Thema macht vor dem Saanenland nicht Halt. Man spricht darüber, nicht weil es ein grosses Problem ist, aber was schweizweit zu diskutieren gibt, lässt auch die Saanerinnen und Saaner nicht kalt, so ganz nach dem Motto: Besser darüber reden, als etwas unter den Tisch wischen. Allgemein befürwortet niemand ein verantwortungsloses Handeln, das dem Tier schadet. Helmut Matti stand zu ein paar Fragen Rede und Antwort.

Helmut Matti, war das Problem der Euterfülle dieses Jahr an den Punktierungen im Saanenland und an der Topschau ein Problem?
Wie schon in den vergangenen Jahren konnte ich auch diesmal nichts Auffälliges beobachten.

Wer kann beurteilen, wann ein Euter wirklich überladen ist?
Leider gibt es viele selbsternannte Experten, die meinen, Bescheid zu wissen. Im Grunde genommen gibt es nur sehr wenige, die diese komplexe Frage beantworten können. Es sind sogar viele Bauern, die nicht genügend wissen, um sich ein Urteil fällen zu können.

Was ziehen Sie in Betracht, um sich eine Meinung zu bilden?
Für mich gibt es viele Faktoren, die massgebend sind. Wann hat eine Kuh das letzte Mal gekalbt? Ist sie eine Jungkuh oder hat sie schon mehrmals gekalbt? Wie hoch ist ihre Tagesleistung? Was hat sie für eine Eutergrösse?

Besteht das Problem vor allem bei den milchbetonten Rassen?
Das muss nicht zwingend so sein. Kühe, die stärker auf Milch gezüchtet sind, haben naturgemäss ein grösseres Euter. Dies sagt aber noch nichts dazu aus, ob es wirklich überfüllt ist. Eine Kuh, die nicht viel Milch gibt, kann auch ein überladenes Euter haben. 

Welche Massnahmen wurden eingeleitet?
Für Schauen im Saanenland drängen sich keine Massnahmen auf. Allfällige Empfehlungen müssen differenziert betrachtet werden. Eine einheitliche Zeit, wie viele Stunden vor der Schau gemolken werden muss, ist nicht definiert. Eine Kuh in der zweiten Hälfte ihrer Laktation mit weniger Tagesmilch verträgt locker ein paar Stunden mehr Zwischenmelkzeit als eine frischgekalbte, die über 30 Liter im Tag gibt.

Man liest und hört oft vom «Trick» der verklebten Zitzen?
Zitzen mit Kollodium zu verkleben ist an sich kein Problem. Das kann auch im Alltag vorkommen. Eine frisch gekalbte Kuh kann vor der Brunst Milch laufen lassen. Wenn Hormonprobleme bestehen, tropft die Milch manchmal, unabhängig davon, ob das Euter voll ist oder nicht. Das möchte der Züchter an einer Schau verhindern.  

Wie wird ein überladenes Euter an einer Punktierung bestraft?
Ein Schauexperte kann einer Kuh mit einem überladenen Euter die Punkte zurückhaltend machen und er kann sie in der Rangierung zurückstellen.

Es findet ein Umdenken statt
Der Saaner Tierarzt Felix Neff kann unter den Züchtern und Experten ein Umdenken feststellen. Das freut ihn. Es sei heute möglich, dass eine Kuh mit weniger Euter auch eine gute Punktzahl erreichen könne. Das sei gerade deutlich geworden bei der Miss Topschau der Rasse SF. «Die Ultraschalluntersuchungen zur Feststellung von Euterödemen an grossen Ausstellungen bringen nur etwas, wenn die Auswertungen einheitlich interpretiert werden und keine Grauzonen mehr möglich sind», betonte Felix Neff.

  Vreni Müllener


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