Resultate sollen in einem Jahr vorliegen

  13.11.2018 Region

Um die Gesundheitsversorgung in der Region in Zukunft zu gewährleisten, soll in Zweisimmen ein Gesundheitscampus entstehen und in Saanen ein Gesundheitszentrum. In einem Jahr soll die Trägerschaft gegründet sein, Detailpläne vorliegen und die Finanzierung gesichert sein.

ANITA MOSER
Auf Einladung der Bergregion Obersimmental-Saanenland stellten die Projektverantwortlichen am vergangenen Mittwochabend in der Simmental-Arena in Zweisimmen die Konzeptidee vor. Sie sieht einen Gesundheitscampus in Zweisimmen mit einem Gesundheitszetrum in Saanen sowie eine entsprechende Einbindung der Rettungsdienste vor. Zusammen bilden die Angebote ein komplettes Gesundheitsnetzwerk in der Region (wir haben berichtet).

Gesundheitscampus mit Spital
Der Gesundheitscampus beinhaltet einen 24-h-Spitalnotfall, Operationssaal und auch stationäre Betten, dazu Arztpraxen, Physio, Ergo, eine Apotheke, Spitex, Alterswohnen, Maternité Alpine u.a.m. Die Spital STS hat ihre Unterstützung zugesagt, wie CEO Bruno Guggisberg bekräftigte. Die Spitalgruppe gewährleistet während der Übergangsphase die Aufrechterhaltung des Spitalbetriebs am Standort Zweisimmen. Und um die betriebliche Infrastruktur am Standort Zweisimmen zu optimieren, stelle sie für das Jahr 2019 nebst den ordentlichen jährlichen Investitionen bis zu zwei Millionen Franken an zusätzlichen Mitteln zur Verfügung. Der Operationsbetrieb wird nach der Wintersaison 2018/19 nicht mehr auf Nebensaison umgestellt, sondern an 365 Tagen im Jahr, 24 Stunden pro Tag aufrechterhalten. Zudem unterstützt die STS AG das Pilotprojekt der Maternité Alpine für geplante ambulante Kaiserschnitte (Sectiones) ab Januar 2019 für die Dauer der Pilotphase.

Gesundheitszentrum in Saanen
Das Gesundheitszentrum in Saanen umfasst eine 24-h-Anlaufstelle, Arztpraxen, Triage sowie Rettungsdienst. Organisatorisch ist das Gesundheitszentrum unter dem gleichen Dach wie der Gesundheitscampus, erklärte Toni von Grünigen, Co-Präsident der Bergregion und Mitglied der Arbeitsgruppe. «Im Moment haben wir eine gute Versorgung mit den Hausärzten. Wir sehen aber, dass es längerfristig Probleme geben kann. Deshalb müssen wir bereit sein, wenn die Hausärzte die Versorgung nicht mehr gewährleisten können – zum Beispiel, weil sie pensioniert werden», antwortete er, angesprochen auf den Zeithorizont.

Die Arbeitsgruppe hatte unter der Projektleitung von Stefan Stefaniak in den vergangenen Monaten das Konzept erarbeitet. Toni von Grünigen zeigte sich beeindruckt von der offenen und konstruktiven Diskussion. Dass nun eine Lösung vorliege, sei wohl der Erkenntnis zu verdanken, «dass man nur zusammen etwas erreichen kann». Es sei ein Projekt, das ihm am Herzen liege, betonte Regierungsrat Pierre Alain Schnegg und skizzierte die an die Arbeitsgruppe gestellten Herausforderungen: «Die Finanzierung, die Rekrutierung von Arbeitskräften und die kleinen Patientenzahlen, verbunden mit dem grossen Versorgungsgebiet sowie das allgegenwärtige Misstrauen unter den Akteuren.» Details vom Weg zum Ziel erläuterte der von Schnegg eingesetzte Projektleiter Stefan Stefaniak von der Firma Paianet, Lausanne. Geprüft worden seien vier Varianten – von Einzelpraxen bis zum kompletten Spital. Letzteres sei aber – auch aufgrund der tiefen Fallzahlen – kaum finanzierbar, so der Projektleiter.

Gründung eines Netzwerkes in einem Jahr
Stefaniak orientierte über die nächsten Schritte: Mit der Projektorganisation soll unverzüglich gestartet werden und in einem Jahr sollen konkrete Ergebnisse vorliegen. «Wir wollen, dass dann die Trägerschaft – wahrscheinlich eine Genossenschaft – gegründet ist, dass Detailkonzepte vorliegen, dass die Finanzierung gesichert ist und dass wir wissen, wo was gebaut werden soll», so Stefan Stefaniak.

Positive Grundstimmung
In der Simmental-Arena waren die positive Grundstimmung, die Zuversicht greifbar. «Es ist etwas für uns, von uns und etwas, an dem wir mitbestimmen können», schwärmte Albin Buchs. Der Schlüssel zum Erfolg liege in der Zusammenarbeit. «Es kommen gewaltige Aufgaben auf uns zu, aber wir wollen das anpacken.» Und für Ueli von Känel, Betriebsleiter der Spitex Obersimmental, sind vor allem die Synergien, die genutzt werden können, ein grosser Vorteil vom Campus. Um die Chance zu packen, brauche es die Beteiligung, die Unterstützung und Hilfe von allen, von der GEF, der STS und der Region, bekräftigte Toni von Grünigen.«Es ist eine grosse Aufgabe, die auf uns zukommt, aber auch die Möglichkeit, etwas mitzugestalten.» Das Gesundheitswesen sei noch zu viel in «Silos» unterwegs, so Schnegg. «Es gibt Hausärzte, Spitex, Heime, Spitäler … jeder macht seine Arbeit sehr gut, aber wenn es um die Schnittstellen zwischen den Akteuren in diesem Bereich geht, ist es noch sehr oft ziemlich kompliziert.» Mit dem Campus und dem Gesundheitsnetzwerk wolle man alle diese Leistungserbringer – «wir brauchen alle» – zusammenbringen. «Oft hat man Vorhalteleistungen in allen diesen Bereichen. Hier lassen sich Synergien nutzen.» Besonders wichtig sei dies in Regionen mit tiefen Fallzahlen. Auf die Frage nach dem Zeithorizont antwortete der Gesundheitsdirektor: «Es gibt Sachen, die man schnell erreichen kann. Die Spital STS AG hat gewisse Entscheidungen bereits getroffen.» Und angesprochen auf die Finanzierung: «Wir finanzieren die erste Etappe, das erste Jahr. Damit das Projekt nicht gestoppt wird und wir von der Dynamik profitieren können. Wir werden uns bemühen, gewisse Phasen zu unterstützen, besonders bei den Vorhalteleistungen.»

Appell an die Zusammenarbeit und den Zusammenhalt
Die Verantwortlichen schworen die Bevölkerung auf die zwingend notwendige Zusammenarbeit, auf Engagement, ein. «Die Region ist gefordert mitzuhelfen. Was heisst das?», fragte Moderator David Staudenmann den Gemeindepräsidenten von Saanen. Diese Frage könne er konkret noch nicht beantworten, so Toni von Grünigen. Er zog aber den Vergleich zur neu erstellten Simmental-Arena und zum Flugplatz Saanen: «So etwas schwebt uns vor. Es braucht die Öffentlichkeit, es braucht Private, es braucht alle zusammen, um so etwas zu realisieren.» Mithelfen könne jeder, indem er das Projekt, die Arbeitsgruppe unterstütze. «Bis jetzt war die Spitaldiskussion eher destruktiv, nun wollen wir konstruktiv hinter das Projekt. Wenn wir das schaffen, kann es gelingen. Wir dürfen uns nicht einbilden, es stehe schon. Aber heute ist die Chance grösser als auch schon.» Sein Amtskollege Albin Buchs aus St. Stephan mahnte: «Es geht um viel, es geht um unsere Gesundheitsversorgung.» Er zog den Vergleich zum Lädelisterben. Wenn ein Laden zugehe, sei das Geschrei gross. «Warum geht es zu?», fragte er rhetorisch und gab auch gleich die Antwort: «Weil die Unterstützung gefehlt hat. Wenn das Projekt scheitert, stehen wir vor einem Scherbenhaufen». Stefan Stefaniak: «Heute ist weder die Finanzierung sichergestellt, noch das Konzept ausgearbeitet, die Leistungserbringer haben nicht zugesagt, dass sie mitmachen, die Flächen stehen nicht zur Verfügung und die Genehmigung für die Gebäude stehen noch aus.» Es brauche die Unterstützung von allen, indem man versuche, eine positive Stimmung zu schaffen. Dies könne Vorteile bringen, wenn es um die Finanzierung, die Genehmigung gehe. Kritik sei angebracht, Mitarbeit mache Sinn. «Die Frage ist, wie man es formuliert.»

Wenige Wortmeldungen
Obwohl noch so viele Fragen offen sind – oder vielleicht gerade deshalb – gab es im Anschluss keine Diskussion, sondern nur drei Wortmeldungen. Der Gemeinderat von Zweisimmen sichere die volle Unterstützung zu, werde proaktiv mitarbeiten und Einsitz nehmen in verschiedenen Projekt- und Arbeitsgruppen, sagte Gemeindepräsident Ernst Hodel. SVP-Grossrat Thomas Knutti appellierte, das Spital in Zweisimmen ab sofort zu berücksichtigen. Und Marianne Haueter riet zu einer sprachlichen Kehrtwendung von «wir müssen» zu «wir dürfen».


PROJEKTORGANISATION

Der Lead liegt vorderhand bei dem von der GEF eingesetzten Projektleiter Stefan Stefaniak. Sobald als möglich soll die Verantwortung für das Projekt an die Region übergehen.

Projektleitung: Ernst Hodel (Gemeindepräsident von Zweisimmen), Philipp Bigler (Gemeinderat von Saanen und Präsident Alterszentrum), André Streit (Geschäftsführer Alterswohnen STS AG) und ein Vertreter der niedergelassenen Ärzte, Bruno Züricher (stellv. CEO Spital STS AG), Martina Gläsel (Standortleiterin Zweisimmen, Spital STS AG), Olivier Furrer (Projektleiter, Spital STS AG), Aline Froidevaux (stellv. Generalsekretärin, GEF), Annamaria Müller (Leiterin Spitalamt, GEF) und Dr. Linda Nartey (Kantonsärztin, GEF).
Projektausschuss: Albin Buchs, Toni von Grünigen (beide Co-Präsidenten der Bergregion Simmental-Saanenland), Pierre Alain Schnegg (Gesundheits- und Fürsorgedirektor), Dr. Yves Bichsel (GEF-Generalsekretär), Dr. Thomas Bähler (Aufsichtsratspräsident Spital STS AG), Bruno Guggisberg (CEO Spital STS AG), Ueli von Känel (Betriebsleiter Spitex und Geschäftsführer MeGGS) und ein Vertreter der niedergelassenen Ärzte in Zweisimmen.
Resonanzgruppe: Armando Chissalé (Verwaltungsdirektor Saanen), Dr. Ueli Corrodi (Vereinigung Stammgäste Lenk), Peter Dolder (Verwaltungsratspräsident Alterswohnen STS AG), Andreas Grünig (Geschäftsführer Bergregion), Marianne Haueter (Verwaltungsrat STS + Maternité Alpine), Thomas Knutti (Grossrat), Daniel Matti (Freunde des Gesundheitswesens), Dr. Rudolf Minnig (Präsident MeGGS), René Müller (Gemeindepräsident Lenk), Hansjörg Pfister (Präsident IG Spitalversorgung), Corinne Reuteler (Verwaltungsrat STS), Hans Schär (Grossrat), Erich von Siebenthal (Nationalrat), Anne Speiser (Grossrätin), Fred Stocker (Gemeindepräsident Boltigen), Jonas Wanzenried (Präsident Gewerbeverein Saanenland), Markus Willen (Gemeindepräsident Gsteig) und zwei bis drei weitere Vertreter.


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