Was wäre, wenn … oder wie die Vernunft es mit der Angst zu tun bekam

  20.11.2018 Leserbriefe

Es ist ein Pingpong hin und her, mit der SBI tut mancher sich schwer. Leserbrief um Leserbrief wird publiziert, die Abschaffung der Menschenrechte proklamiert. Fremde Richter solln es zuwege gebracht haben, die Unterdrückung der Frauen im Appenzell zu begraben. Das Frauenstimmrecht war damals – ganz nebenbei – in der Bundesverfassung schon längst als Grundrecht mit dabei. Ungern äussere ich mich im nichtberuflichen Bereich zu juristischen Themen, doch diese Frauenstimmrechtsargumentation geht ganz gewaltig daneben. So ist Lausanne beispielsweise ein anerkannter Teil der Eidgenossenschaft, und das Bundesgericht eine Institution, die die Bundesverfassung geschaffen hat. Nun sollen die Menschenrechte also zugrunde gehn, sollte die Selbstbestimmung dereinst in der Verfassung stehn. Denn die Europäische Menschenrechtskonvention wäre angeblich sofort zu künden, und mit ihr würde die Humanität sich in Kürze komplett verdünnen. Wie um alles in der Welt kann denn aber das nun ohne Mitwirkung des Volks geschehn, wenn in der Bundesverfassung bereits sämtliche Menschenrechte geschrieben stehn? Da müsste ja dann in Zukunft eine neue Volksinitiative eine Mehrheit finden, wollte man die Bundesverfassung von unbestrittenen Menschenrechten entbinden. Ja, glauben Sie denn, werte Leut, dass die Mehrheit der Schweizer das erfreut? «Ab morgen wieder Folter und Knechtschaft!» Schwer vorstellbar, dass Ihr Nachbar da mitmacht. Auch könnte man ob der jüngsten Schreiben meinen, die Schweiz würde inskünftig jegliche internationalen Abkommen verneinen. Die Wirtschaft sei bei Verfassungsvorrang in Gefahr, nur die Schweiz stehe in Abhängigkeit – sonderbar! Wäre die Schweiz ein korruptes Land, lägen ihre wirtschaftlichen Stärken auf Sand, ja wahrlich, ich könnts durchaus verstehen, die anderen Staaten würden ihr den Rücken kehren. Doch müssen wir vielleicht nicht allen Panikattacken trauen und dürfen halt auch mal auf die nationalen Stärken bauen. Solange die Schweizer emsig werkeln und tüfteln, wird manch grosser Staat gerne mit ihnen Händchen schütteln. Wäre unser kleines Land, von den Initiativgegnern nicht ganz unbescheiden «Herz Europas» genannt, tatsächlich so fürchterlich einfach zu isolieren, hätte die Welt – geschweige denn wir – erst recht nichts zu verlieren. Bevor nun alle die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, lassen Sie uns gemeinsam die Schweizerische Bundesverfassung aufschlagen. Wir werden hier ab Artikel sieben bis weit nach hinten Garanten für Menschlichkeit, Stabilität und Verlässlichkeit finden. Und noch dazu sind diese hehren Werte, die uns alle schützen vor der Willkür Härte, nur abänderbar durch des Volkes Segen, das noch nie jemanden liess im Regen stehen. Der langen Lyrik kurzer Sinn, die Selbstbestimmung ist ein handfest’ Ding. Als Juristin kann ich aus Überzeugung sagen: Wir können dazu «Ja» zu sagen wagen!

KARINA EGGERMANN, SCHÖNRIED


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