Chinesen auf dem Gstaader Eis

  28.12.2018 Sport, Gstaad

Etwa 40 junge chinesische Sportler halten sich derzeit für ein Trainingslager in Gstaad auf. An den Matches auf dem Gstaader Eisfeld hoffen alle beteiligten Teams auf grosse Unterstützung von der Zuschauertribüne.

JENNY STERCHI
«Gstaad ist unser Weihnachtsexil», sagt Jakob «Köbi» Kölliker, Trainer und Betreuer der 40 chinesischen Hockeyspieler, die sich seit letztem September in der Schweiz aufhalten und trainieren.

Olympia in Beijing im Fokus
Beijing wird der Austragungsort der nächsten Olympischen Winterspiele 2022 sein. Wie alle Gastgeber dieses sportlichen Grossereignisses möchte auch China in den einzelnen Wettbewerben eine gute Figur abgeben. Derzeit rangieren die chinesischen Eishockeyherren in der Weltrangliste auf Rang 33. Verbesserungspotenzial bestehe durchaus. Dafür habe der chinesische Eishockeyverband mit Hilfe guter Kontakte nach Europa in Finnland und in der Schweiz Trainingsprojekte lanciert. «Es ist momentan etwas schwierig, die Reihen des chinesischen Eishockeyteams mit guten Spielern zu füllen», erklärt Kölliker an der Bande die Bestrebungen, die China mit diesem Projekt verfolgt. Es gebe wenige sehr gute Spieler. Dazu komme, dass die Masse der Nachwuchsspieler nicht gerade breit sei. Von der Weiterentwicklung der Fähigkeiten auf dem Eisfeld versprechen sich die Verantwortlichen, dass einzelne Spieler den Sprung ins Nationalteam schaffen und das Niveau dort weiter steigern können. Die übrigen Spieler des Projektes will man als Botschafter für das Eishockey in alle Teile des Landes schicken.

Effiziente Verbindungen
Die Verbindung zwischen der Schweiz und China verläuft über zwei Herren, die von sportlicher Entwicklung einiges verstehen. Walter Mengisen, Co-Rektor der Eidgenössischen Hochschule für Sport Magglingen (EHSM), pflegt seit längerem den Kontakt zum Direktor der Sportuniversität in Beijing, Xu Xianghong. Dieser gehört auch zu den Verantwortlichen des chinesischen Eishockeyverbandes. Und daraus entwickelte sich die Idee einer Zusammenarbeit, um das Potenzial in der chinesischen Eishockeyszene zu steigern. Man stellte zwei Teams mit Sportlern im Alter zwischen 20 und 24 Jahren zusammen.

Köbi Kölliker, der sowohl als Nationalspieler und Trainer für den Schweizer Eishockeysport im Einsatz stand als auch Funktionärstätigkeiten für den Schweizer Eishockeyverband nachgeht, übernahm die Trainingsleitung. Ihm steht ein weiterer Trainer zur Seite sowie Leute für die medizinische Betreuung und die Bereitstellung des Materials.

Unverzichtbar ist die Anwesenheit der Übersetzerin. «Ohne sie würde gar nichts gehen», beschreibt Kölliker die Situation. Mit den Englischkenntnissen der jungen Chinesen kämen sie durch den Alltag, aber trainingsspezifisch könne man keinesfalls miteinander kommunizieren.

Neben der Spielerentwicklung seitens der Chinesen seien auch die Marketingmöglichkeiten für die Schweiz nicht zu unterschätzen. Der chinesische Markt entwickle sich im Hinblick auf die Olympischen Winterspiele rasant. Es könne sich durchaus auszahlen, schon heute Präsenz zu markieren, so Kölliker.

Warum gerade in Gstaad?
Ihre Trainingsbasis haben die beiden chinesischen Teams in Zuchwil, wohin die jungen Herren aus Asien nach dem Jahreswechsel wieder zurückkehren werden. Untergebracht sind sie seit September und noch bis im März – so lange dauert ihr Aufenthalt fern der Heimat – in der EHSM. Da beide Einrichtungen über die Feiertage nicht verfügbar waren, musste man sich vorübergehend nach einem neuen Aufenthalts- und Trainingsort umsehen. Und an dieser Stelle kam Ruedi Kunz, Präsident des HC Gstaad-Saanenland und langjähriger Kollege von Kölliker, ins Spiel – und mit ihm die Eisfläche im Herzen von Gstaad. Hier haben sie Trainingsmöglichkeiten, können Matcherfahrungen sammeln und spielen das erste Mal auf einem Aussenfeld. «Bisher haben wir nur in der Halle gespielt», sagt Kölliker. Untergebracht sind die jungen Herren aus Asien in der Sport Lodge in Gstaad.

Erstmals auf dem Eishockeyfeld
Besonders spannend ist die Zusammensetzung der beiden Teams. Während sich Team 1 aus aktiven chinesischen Eishockeyspielern zusammensetzt, kämpfen im Team 2 auch solche, die vor drei Monaten zum ersten Mal auf einem Eishockeyfeld standen. Es handelt sich um Sportler, die bis dahin aus verwandten Sportarten wie Inlineskating und Rollhockey kommen. Sie machen laut Kölliker ihre eisläuferischen Defizite mit Kampfgeist und Spieleifer wett.

Das Spiel am Sonntag, 30. Dezember um 20.15 Uhr in Gstaad, bei dem sich das Team China 2 und die Novizen A vom HC Gstaad Saanenland gegenüberstehen, verspricht jedenfalls sehr unterhaltsam zu werden. Aber auch der Match am Samstag, 29. Dezember um 20.15 Uhr zwischen Team China 1 und dem 3.-Liga-Team des HC Gstaad Saanenland wird für Unterhaltung sorgen.


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