Fortsetzung in 50 Jahren

  11.01.2019 Kultur

Kerstin Bütschi hat einen grossen Plan. Den wird sie aber erst in 50 Jahren verwirklichen können. Dann nämlich soll sie Band zwei des Buchprojektes «Schweiz2291» mitherausgeben. Der «Anzeiger von Saanen» wollte von der freien Journalistin wissen, wie sich das anfühlt, so weit vorauszuplanen.

SABINE REBER
Band eins des Projektes «Schweiz2291» ist soeben im Weber Verlag als Buch erschienen. Darin beschreiben 70 Persönlichkeiten die Schweiz an ihrem 1000. Geburtstag. Herausgeber Christian Häuselmann will mit seinem Projekt einen langfristigen Zukunftsdialog initiieren: «Wie werden wir leben? Was treibt uns an? Welchen Fortschritt wollen wir? Was wollen wir nicht?» Damit der Austausch auch tatsächlich über Generationen weitergeführt wird, haben Häuselmann und Daniela Weber-Fischer von der Projektleitung eine Gruppe von zehn jungen Menschen verpflichtet. Sie sollen in 50 Jahren den nächsten Band des Buches herausgeben, und dann ihrerseits wiederum zu dieser Zeit junge Menschen verpflichten für die Fortsetzung. Eine der zehn Zukunftsbotschafterinnen für das zweite Buch ist Kerstin Bütschi (24) aus Saanen. Die Studentin und freie Mitarbeiterin dieser Zeitung erzählt uns, wie sie zu dem Projekt gestossen ist und wie das praktisch umgesetzt werden soll.

Haben Sie einen Vertrag gemacht?
Nein, so weit in die Zukunft hinaus wäre das wohl schwierig. Wir haben das nur mündlich mit Herausgeber Christian Häuselmann abgemacht. Aber wir sind alle zehn mit Namen und Foto im Band eins verewigt, das ist natürlich sehr verbindlich. Und wir sind ja genug Leute, sodass sicher zwei oder drei am Schluss noch da sind, um das Projekt weiterzuführen.

Sind Sie verpflichtet, die Aufgabe dann persönlich wahrzunehmen? Sie wissen ja nicht, wie fit Sie dann mit 74 Jahren sind oder ob Sie dann überhaupt Zeit haben.
Ja, wer weiss? Vielleicht bin ich in 50 Jahren pensioniert und habe ganz viel Zeit. Oder aber bis dann müssen wir noch viel länger arbeiten, wer kann das schon voraussehen. Es besteht auf jeden Fall die Möglichkeit, die Aufgabe an sonst jemanden weiterzugeben, falls wir selber dann nicht in der Lage sein sollten, das Projekt weiterzuführen. Wir haben uns einfach gesagt: Wir probieren das! Es weiss ja niemand, ob in 50 Jahren noch Bücher gedruckt werden.

Sie könnten das nächste Buch auch digital herausgeben.
Ich hoffe sehr, dass es auch in Zukunft noch Bücher gibt! Ich liebe Bücher. Darum studiere ich nebst Geschichte noch Osteuropastudien mit dem Teilbereich Slavistik, da kann ich auch all die russischen Klassiker lesen. Im Sommer war ich auch für einige Wochen in Moskau, um mein Russisch zu verbessern. Das ist eine Welt, die mich sehr fasziniert. Aber eben, wenn in Zukunft wirklich alles nur noch digital publiziert wird, ja dann werden wir es wohl so machen. Vielleicht gibt es in 50 Jahren auch wieder ganz andere Techniken. Wir werden sehen.

Wie kommt man als junger Mensch überhaupt auf die Idee, eine so langfristige Verpflichtung einzugehen?
Als angehende Historikerin schaue ich ja sonst immer in die Vergangenheit; ich mache derzeit meinen Master an der Universität Fribourg. Das Zukunftsprojekt hat mich gleich fasziniert, als ich davon gehört habe: für einmal weit nach vorne zu schauen und sich zu fragen, was dann sein wird, das finde ich total spannend. Also habe ich mich beim Herausgeber gemeldet und gefragt, ob ich mitmachen darf. Ich habe dann auch gleich beim ersten Buch schon mithelfen können. Das war wirklich interessant zu sehen, was all die bekannten Menschen so für Zukunftsideen haben.

Die Gruppe der zehn jungen Menschen, die trifft sich nun jedes Jahr und hält ein Klassentreffen ab? Oder wie machen Sie das, um über so lange Zeit zusammenhalten und in Kontakt bleiben zu können?
Bis jetzt haben wir uns erst einmal getroffen, um das gemeinsame Nachwort zu besprechen. Nun sind wir in die Organisation des Rahmenprogrammes eingebunden und werden uns sicher bei den Anlässen begegnen. Wir werden jeweils etwa fünf Autoren zusammen einladen, noch fünf Jugendliche sowie je nach Thema einige Experten dazu einladen und öffentliche Diskussionsrunden organisieren. Die Veranstaltungsreihe beginnt übrigens am 8. März im Gstaad Palace mit dem Thema «Erfolg im Wandel». Direktor Andrea Scherz hat nämlich auch einen Beitrag geschrieben!

Informationen über das Projekt und die kommenden Veranstaltungen auf: www.schweiz2291.ch


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