SARA TRAILOVIC
«Weisst du, dort beim Posthotel Rössli, gleich neben der Drogerie von Grünigen und dem Dorfbrunnen, wo man auf den Wasserngrat und den Giferspitz sieht, da war ja früher keine Drogerie, sondern …»

Die Saaner haben ihre eigene Sprache. Und damit meine ich nicht nur den Dialekt. Es wird ganz selbstverständlich mit Hotel-, Strassen und Familiennamen jongliert. Also hiess es für mich vorerst nicht Vokabeln büffeln, sondern Berggipfel und Bäckereien. Mein Französisch fühlt sich seither benachteiligt und schmollt.

Geografiekenntnisse werden hier einfach vorausgesetzt, nicht böswillig natürlich. Sobald ich nämlich einwerfe, dass ich erst seit ein paar Wochen im Saanenland wohne, zeigen sich die Einheimischen gnädig. Mit viel Geduld trichterte mir ein ehemaliger Taxifahrer ein, wo ich im Zugabteil in welcher Fahrtrichtung sitzen müsse, um die beste Aussicht zu geniessen.

Nachdem ich bei jeder Möglichkeit geografische Informationen gesammelt hatte, zeigte ich im Büro das oben abgebildete Foto. «Das ist das Rüblihorn und die Bergkette rechts das Eggli», sagte ich stolz. Meine Arbeitskolleginnen schmunzelten: «Das Eggli liegt eigentlich links vom Rüblihorn und ist keine Bergkette. Vielleicht solltest du dir den ‹Peak Finder› herunterladen.» Das berühmt-berüchtigte Spiegelhaus hatte mir einen schönen Strich durch die Rechnung gemacht.

Offensichtlich bin ich aber nicht die einzige mit Problemen dieser Art. Neulich im Skibus Richtung Eggli (das links vom Rüblihorn) hörte ich eine Mutter zu ihrem Kind sagen: «Wir waren doch vor Kurzem auf dem Eggli schlitteln, so sah die Talstation dort aber sicher nicht aus.» Ich fühlte mich ziemlich kompetent, als ich ihr spontan zu Hilfe kam: «Es gibt zwei Bergbahnen aufs Eggli, eine in Saanen und eine in Gstaad. Und dann gibt es noch das Horneggli in Schönried.» Dankbar lächelte sie mich an und wollte weiter wissen, wie denn das Skigebiet Gstaad-Saanen-Rougemont so sei. «Das kann ich Ihnen leider noch nicht sagen, ich gehe heute das erste Mal rauf.» Immer noch nicht so integriert, wie ich es gerne sein würde. Also prägte ich mir an jenem Tag nicht nur Skilifte ein, sondern testete gleichzeitig die Pistenverhältnisse und Aussichtspunkte, um beim nächsten Mal ganz sicher «ds Füfi u ds Eggli» als Antwort bieten zu können.

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