Bratschen, Yan Maresz und ein neues Kinderkonzert auf den Gipfeln der Musik

  05.02.2019 Kultur

Letzte Woche fand zum 19. Mal das klassische Musikfestival Sommets Musicaux de Gstaad statt. In den Kirchen von Rougemont und Saanen musizierten renommierte Künstler Kammermusik und Werke für kleine Orchesterbesetzung. In der Kapelle Gstaad hatten wiederum junge Nachwuchstalente die Gelegenheit, ihr Können zum Besten zu geben.

ÇETIN KÖKSAL
Die glänzende Sopranistin Sandrine Piau eröffnete zusammen mit dem Kammerorchester Basel und einem abwechslungsreichen Barockprogramm das diesjährige Festival in der Kirche Saanen. Ihnen folgten die Labèque-Zwillinge Katia und Marielle mit einem Klavierrezital in der Kirche Rougemont. Der künstlerische Festivalleiter und Geiger Renaud Capuçon musizierte einmal mit dem Bratschisten Gérard Caussé und dem Orchester «Les Siècles» unter der Leitung von François-Xavier Roth. Das andere Mal bildete er mit seinem Bruder Gautier Capuçon und dem Pianisten Jean-Yves Thibaudet ein Trio und sie spielten Werke von Mendelssohn und Ravel. Alexandre Tharaud konzertierte mit den Goldberg-Variationen von Bach, und Olivier Messiaens «Quatuor pour la fin du Temps» interpretierten Adam Laloum (Klavier), Raphaëlle Moreau (Geige), Yan Levionnois (Cello) und Paul Meyer (Klarinette). Eine Premiere der Sommets Musicaux 2019 war das Kinderkonzert von letztem Dienstag. Karol Beffa komponierte die Musik zu dem von Mathieu Laine geschriebenen Kindermärchen «Der König, der die Musik nicht mochte». Die vom Cellisten Henri Demarquette gegründete Formation «Vocello» (Cello und A-capella-Chor) führte ein zeitlich breit gefächertes Programm auf, das vom Barock bis in die Gegenwart reichte. Abgeschlossen wurde die Konzertreihe vom grossen Sir András Schiff und der Capella Andrea Barca mit den Mozart-Klavierkonzerten Nr. 15 und 17.

Emmanuel Pahud, Mozart und Ibert
Am zweitletzten Abendkonzert hatte das Publikum die Gelegenheit, einen der aktuell besten Flötenvirtuosen zu hören. Zusammen mit dem Orchestre de chambre de Paris spielte Emmanuel Pahud die Flötenkonzerte von Mozart und Ibert. Beide Komponisten hatten jeweils nur ein Flötenkonzert geschrieben, obwohl bei Mozart ursprünglich eigentlich deren drei bestellt worden waren. Trotz seiner Abneigung gegenüber diesem Instrument gelang ihm selbstredend ein Meisterwerk. Emmanuel Pahud begeisterte mit einer bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten, reifen Interpretation, welche auch dank der moderat gewählten Tempi sehr schön zur Geltung kam. Das Zusammenspiel mit dem Pariser Kammerorchester unter der Leitung von Douglas Boyd fand besonders ab dem zweiten Satz des Mozartkonzerts die gewünschte Harmonie. Vollends überzeugte die Zusammenarbeit von Orchester und Solist dann beim anspruchsvollen Flötenkonzert von Jacques Ibert. Das 1934 komponierte Werk verlangt vom Solisten ein stupendes Beherrschen aller Schwierigkeiten seines Instruments. Nur ganz grosse Solisten können höchste Virtuosität wie beiläufig erscheinen lassen. Als Zuhörer nimmt man dann die enormen Anstrengungen gar nicht mehr richtig wahr. Alles hört sich leicht, ja selbstverständlich an und fügt sich harmonisch in das musikalische Gesamtkonzept. Genau dies ist Emmanuel Pahud gelungen. Eine Vielzahl von Klangfarben und -nuancen liessen zudem den Zuhörer nicht alltägliche Facetten der Flöte entdecken. Möglich machte dies natürlich auch das präzise, lebendig und feinfühlig reagierende Orchester. Seine mannigfachen Qualitäten stellte es wiederum bei der Interpretation von Mozarts «Haffner»-Sinfonie unter Beweis. Dieses Orchestre de chambre de Paris ist ein erfreulich frischer, leidenschaftlicher Klangkörper, der unverkrampft mit Verve, Elan und viel Freude Musik macht. Die zuweilen etwas unpräzisen, schnellen Läufe bei Mozart verzieh man ihm deshalb aufs Grosszügigste. Auffallend war die sympathische Durchmischung verschiedener Altersklassen bei den Orchestermusikern, wobei fast ausnahmslos Junge mit der Stimmführung betraut worden waren. Die älteren Semester liessen sich durchaus von dieser Aufbruchstimmung anstecken. Wäre dies nicht ein vorbildliches Beispiel für die übrige Arbeitswelt?

Junge Talente, Prix André Hoffmann, Prix Thierry Scherz
Wie jedes Jahr standen auch letzte Woche die Nachmittagskonzerte in der Kapelle Gstaad ganz im Zeichen der Förderung von talentierten Nachwuchsinstrumentalisten. Dieses Jahr stand die Bratsche im Fokus dieser Konzertreihe und so wählte der Bratschist Gérard Caussé acht vielversprechende Talente aus, die mit ihren Pianisten auftreten durften. Manuel Vioque-Judde, Timothy Ridout, Jean Sautereau, Ren Martin-Doike, Iara Teixeira Martins, Léa Hennino, Vladimir Percevic und Mathis Rochat spielten nebst ihrem individuellen Programm jeweils «Soliloque». Das vom diesjährigen «Composer in residence» Yan Maresz extra für das Festival komponierte Stück erarbeiteten die fünf Bratschisten und drei Bratschistinnen auch, um am Wettbewerb André Hoffmann teilzunehmen. Der zur Förderung zeitgenössischer Musik vor sechs Jahren gegründete Wettbewerb verleiht dem Gewinner der besten Interpretation 5000 Franken. Gleichzeitig nahmen die acht Talente am Wettbewerb Thierry Scherz teil. Die Jury bewertet dabei zusätzlich zum Stück «Soliloque» die Interpretation eines von den Anwärtern frei ausgewählten Werkes. Dem Preisträger wird dann eine erste CD-Aufnahme mit Orchester des Labels Claves ermöglicht. Man darf gespannt auf den Preisträger, die Preisträgerin 2019 sein. Gespannt dürfen wir auch den nächsten musikalischen Höhepunkten entgegenblicken. Die 20. Ausgabe der Sommets Musicaux de Gstaad wird vom 31. Januar bis zum 8. Februar 2020 stattfinden.


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