Das Handwerk der Gefühle

  22.02.2019 Gstaad, Ausstellung

Das Gstaad Palace verwandelte sich übers Wochenende in eine Manufaktur für Uhren und Schmuck. Karl-Friedrich Scheufele, Co-Präsident von Chopard, ist begeistert, dass er in Gstaad das Handwerk zeigen konnte.

BLANCA BURRI
Eigentlich kommt Familie Scheufele nach Gstaad, um durchzuatmen, die Natur zu geniessen und Freunde zu treffen. Karl-Friedrich Scheufele, Mitbesitzer der Manufaktur Chopard, nennt Gstaad und insbesondere Lauenen deshalb auch sein zweites Zuhause. Früh am Montagmorgen brach er auf eine seiner geliebten Skitouren auf und traf später am Nachmittag diese Zeitung, um ihr einen Einblick in die Uhrenmanufaktur zu geben. Er verriet: «Die Tourenverhältnisse sind top, das habe ich seit Jahren nicht mehr erlebt.»

Pinzettenarbeit
Chopard ist für Qualitätsuhren im Luxussegment und für klassischen Schmuck aus edelsten Materialien bekannt. An der Ausstellung im Gstaad Palace waren die Kollektionen in polierten Vitrinen wunderschön arrangiert. Der Blick der Besucher fiel nach der ersten Bewunderung sofort auf den hohen Arbeitstisch aus Holz und eingelassenem Stein. Daran sass Mickael Curtit, eine Lupe vor das Auge gespannt. Mit Präzision ergriff er ein Zahnrädchen und setzte es ins Gehäuse der Uhr, an der er arbeitete. Auf dem ganzen Arbeitstisch waren reihenweise Werkzeuge fein säuberlich arrangiert. Der Uhrenmacher arbeitete mit Fingerlingen, damit kein Stäubchen und keine Schmutzpartikel ins Werk der sensiblen Automatik gelangt. Mit viel Enthusiasmus und Freude erzählte er von seinem Beruf. Er erklärte, wie die Automatik funktioniert, wie der Unruhring angetrieben wird und wie die Spirale die Energie speichert und somit die Uhr weiterlaufen lässt, auch wenn sie nicht getragen beziehungsweise bewegt wird.

Auch eine Schmucksetzerin hatte ihren Arbeitsplatz im Baccarat-Saal aufgestellt. Sie fertigte ein Armband aus herzförmigen Rubinen und Diamanten. Eine Arbeit, die viel Präzision und Geduld erfordert.

Nachwuchs ist wichtig
Auch nach so vielen Jahren in der Geschäftsleitung von Chopard ist Karl-Friedrich Scheufele hochmotiviert. «Wir sind ein familiengeführtes Unternehmen. Meine Eltern, meine Schwester, meine Frau und ich arbeiten alle in der Firma. Uns allen macht es nach wie vor sehr viel Spass!» Seine Kinder sind zwischen 17 und 22 Jahre alt. «Auch sie zeigen Interesse, das freut mich natürlich sehr», sagte Scheufele.

Familie Scheufele ist mit Gstaad nicht nur wegen des Feriendomizils verbunden, sondern auch wegen des Geschäfts in der Promenade. «Gstaad ist für uns ein besonderer Ort, deshalb ist die Ausstellung ein Fixum. Hier treffen wir viele Kunden, die wir sonst in unseren Geschäften in den Grossstädten der ganzen Welt begrüssen.» Gstaad ist nicht Paris und doch hängt der Besitzer an der traditionellen Ausstellung im Bergdorf. Er erzählt, dass die Kunden hier mehr Zeit haben, sich etwas anzusehen und weil sie im Ferienlaune sind, sei die Stimmung eine andere.

Handwerk der Gefühle
«Eigentlich ist das Motto ‹Das Handwerk der Gefühle› für Chopard keine Neuheit, aber es ist das, was uns auszeichnet», sagte Scheufele. Bei Chopard sind 50 unterschiedliche Handwerksberufe unter einem Dach vereint. Jedes Stück wird inhouse gefertigt, sogar das Gold wird im Sitz in Genf selbst geschmolzen für die eigenen Goldlegierungen. Jährlich bildet das Unternehmen 45 Lernende aus. «Wenn wir es als familiengeführtes Unternehmen nicht tun, wer denn dann?», fragt er rhetorisch. Für die langfristige Planung sei es wichtig, das Wissen weiterzugeben und so die Qualität der Firma zu halten.

Trotz kleiner Jahrgänge sei das Interesse an den Lehrstellen sehr gross. Aber gerade der Beruf des Uhrmachers erfordere sehr viel Disziplin, Ausdauer und Geduld, das sei nicht jedem jungen Menschen gegeben und somit komme es ab und zu zu Lehrabbrüchen. Wie in anderen Metiers sei es vor allem in sehr spezifischen Berufen schwierig, Fachkräfte zu finden. «Die Aufstiegschancen für interessierte und talentierte Mitarbeiter sind sehr gross, weil unsere Gruppe weltweit tätig ist.»

Qualität auch in Zukunft
Auch in zehn Jahren sollen bei Chopard hochstehende Qualitätsprodukte entstehen. «Wir möchten die Stückzahl nicht erhöhen, sondern wie bisher ganz spezielle, limitierte Kollektionen entwerfen. Die Kreation macht unheimlich Spass. Und sie ist eine unserer Stärken», erklärte Karl-Friedrich Scheufele. «Chopard hat eine gute Positionierung im Luxussegment und wir sehen sehr positiv in die nächsten Jahre mit gesundem Wachstum für unser Unternehmen. Die Qualität wird dabei immer im Vordergrund stehen. Zwar haben andere Uhrenmarken letztes Jahr in China weniger Umsatz gemacht, davon betroffen waren aber deutlich andere Segmente. Wir sind weltweit tätig und stützen uns nicht nur auf einen Markt», begründete Scheufele zudem.

Die Ausstellung ging am vergangenen Dienstag zu Ende. Mit den Verkaufszahlen sind die Verantwortlichen trotz des wunderschönen Wetters sehr zufrieden.


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