Ds Füfi u ds Weggli

  08.02.2019 Leserbeitrag

BLANCA BURRI
Ist Ihnen bereits aufgefallen, dass man mit dem ÖV besser vom Saanenland wegreisen als hinfahren kann? So als würde einem ein Fluchtweg aus den Bergen geboten. Aber alles der Reihe nach. Bequem reist man in zwei Stunden von Gstaad in die Hauptstadt oder umgekehrt. Die Reise nach Bern ist auch am Abend kein Problem: Bis 22.35 Uhr fährt in Gstaad regelmässig ein Zug los, um müde Touristen nach Hause zu bringen. Umgekehrt wird es aber schwieriger. Bereits um 20.34 Uhr fährt der letzte Zug in Bern ab, um Reisende in den gewohnten zwei Stunden auf der regulären Strecke über Spiez und Zweisimmen nach Gstaad zu bringen. Danach wird es schwieriger. Entweder man fährt nach 22 Uhr und rechnet deutlich mehr Zeit ein oder man fährt nur bis Zweisimmen, wo der letzte Zug um 1 Uhr in der Früh ankommt.

Wer aber hat um 20.34 Uhr das gemütliche Abendessen mit Freunden bereits beendet? Welche Kinovorführung, welche Theatervorstellung oder welches Konzert ist um 20.34 Uhr bereits beklatscht? Oder denken wir an die Weiterbildung: Keine Abendschule wird um diese Zeit beendet sein. So steigen die Saaner Mütter und Väter im Pyjama unter der dicken Winterjacke ins kalte Auto, um ihre Kinder in Zweisimmen abzuholen. Die Erwachsenen aber fahren mit dem Auto nach Bern oder lassen es in Zweisimmen stehen, um von dort mit den Zug zu reisen.

Da man an diesem System aus Spargründen wohl nichts ändern kann, erfreuen wir uns weiterhin unserer Lebensqualität, kleben die Felle vor der Haustüre auf die Ski und besteigen die weissverschneiten Hänge, bevor wir durch den Pulverschnee hinunterwedeln – das ist Lebensqualität und wie Grossvater schon sagte: «Chasch nid ds Füfi u ds Weggli ha.»

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