Gstaad-Immobilien in der Zukunft

  12.02.2019 Gstaad

Als Auftakt zu weiteren Anlässen dieser Art organisierte die Bank Credit Suisse letzten Donnerstagabend im Hotel Alpina Vorträge mit anschliessender Podiumsdiskussion zum Thema Immobilien. Wie wird sich der Markt – vorab im gehobenen Segment – entwickeln? Was erwartet die junge Generation von ihrer zukünftigen (Luxus-) Immobilie?

ÇETIN KÖKSAL
«What got you here, won’t get you there» (Was Sie hierher gebracht hat, wird Sie nicht weiterbringen). Mit diesem Zitat von Marshall Goldsmith eröffnete Manuel Blanco, Leiter der CS Niederlassung Gstaad, den Abend. Als federführender Initiator der Veranstaltung begrüsste er die ungefähr 100 geladenen Gäste mit herzlichen Worten. Steven Althaus, Leiter des globalen Marketings und Brand Communications der CS, übernahm sodann eloquent die Moderation und stellte gleich den ersten Redner vor. Benjamin Worbs von der Gerax AG präsentierte den Immobilienmarkt Gstaad, verwies unter anderem mithilfe eines offiziellen Werbeclips von Gstaad Saanenland Tourismus auf die zahlreichen Vorteile der Region und hob die hohe Bauqualität als wichtiges Kaufargument hervor. Skeptischen, potenziellen Käufern, die eine Blasenbildung wegen der tendenziell steigenden Immobilienpreise befürchten, entgegnet Benjamin Worbs mit dem Argument, dass sich Angebot und Nachfrage von hochwertigen Objekten in Gstaad ungefähr die Waage halten. Solange das so bleibe, sei die Gefahr einer Immo-Blase in Gstaad gering.

Der Zuhörer erfuhr aber nicht, welche Zukunftsentwicklungen das Bauen in Gstaad verändern werden. Wie wird beispielsweise das Thema Nachhaltigkeit behandelt? Was dürfen künftige Eigentümer von ihrem digital vernetzten Smart-Chalet erwarten und was wird unternommen, um die Energieeffizienz der Gebäude zu steigern? Am Schluss seines Vortrags antwortete Benjamin Worbs auf die Frage von Moderator Althaus, welche grossen Immobilienprojekte 2019 in Gstaad zu erwarten seien, spontan mit «Club des Luges» (neu geplanter Privatclub auf dem Eggli) und «Les Arts Gstaad»!

Oswald Grübel – Andalusien oder Saanenland?
Prominentester Redner des Abends war zweifellos der ehemalige CEO beider Schweizer Grossbanken. Oswald Grübel war sowohl Chef der Credit Suisse Group (2004–2007) als auch der UBS (2009–2011). Nach Gstaad kam er aber vor allem als Präsident der La Zagaleta Ltd. La Zagaleta Country Club ist ein Luxusresort in der Nähe vom südspanischen Marbella. Auf 900 Hektaren Land stehen bis jetzt ungefähr 250 Villen. Das gut geschützte Resort bietet den Hauseigentümern unter anderem einen Golfplatz, ein Reitzentrum und eine, gemäss Oswald Grübel, atemberaubende Landschaft mit reicher Fauna und Flora. Der ehemalige Spitzenbanker fühlt sich auf jeden Fall seit längerem wohl in La Zagaleta. Wann immer er es einrichten könne, verbringe er Zeit in seinem Haus dort. Er schwärmte vom überaus angenehmen Klima und erwähnte in seiner bekannt ruhigen Art, dass ein Flug von Zürich nach Malaga im Übrigen etwa gleich lang dauere wie die Anfahrt von Zürich nach Gstaad.

Diese ruhige, ja vielleicht etwas monotone Art zu sprechen, missfiel einem der Zuhörer dermassen, dass er es sich nicht verkneifen konnte, Oswald Grübel mangelnden Enthusiasmus und den Schweizern insgesamt ein bescheidenes Verkaufstalent vorzuwerfen. Oswald Grübel reagierte wiederum in völliger Ruhe mit einem entwaffnenden Lächeln und bekräftigte, dass er doch schon zu Beginn seines Vortrags gesagt habe, dass er kein Immobilienfachmann sei. Gerne hätten die Zuhörer aber auch etwas mehr über eines seiner grossen Fachgebiete, die internationalen Finanzmärkte, erfahren.

Ökonomische und andere Zusammenhänge
Wie Dr. Burkhard Varnholt in seinem Vortrag aufzeigte, hängt auch die Entwicklung im Immobilienmarkt von verschiedenen Faktoren ab. Der Chief Investment Officer Schweiz der CS erwähnte insbesondere die aktuell tiefen Zinsen. Er vertrat die Meinung, dass diese auch für längere Zeit tief bleiben werden, da es keine Anzeichen für eine höhere Inflation gebe. Die tiefe Inflation sei das Ergebnis von erhöhtem Wettbewerb. Eine kompetitive Konkurrenz hält also infolgedessen die Preise tief. Solange die Inflation nicht steige, würden die Zentralbanken auch nicht die Zinsen erhöhen, um einer allfälligen Marktüberhitzung entgegenzuwirken.

Tiefe Zinsen bedeuten für Immobilieninvestoren tiefe Finanzierungskosten, was wiederum die Häuserpreise festigt. Würden die Zinsen steigen, könnten Investoren mit denselben Aufwendungen nur noch kleinere Beträge finanzieren, wodurch die Häuserpreise unter Druck kämen. Das Risiko schnell in sich zusammenbrechender Immobilienpreise wegen spürbar höherer Zinsen stufte Dr. Varnholt demzufolge als gering ein.

Ein zweiter, ganz wichtiger Faktor für Immobilien sei bekanntermassen die Lage. Damit man sie richtig beurteilen könne, müsse man verschiedene Veränderungen berücksichtigen. Er erwähnte die Tatsache, dass viele Megastädte am Meer liegen. Was wird also passieren, wenn als Folge der Klimaerwärmung der Meeresspiegel steigen wird? Das angesehenste Stadtviertel mit den besten Qualitätsimmobilien würde bei einer Überflutung wohl praktisch wertlos. Dr. Varnholt erwähnte zudem die sich gerade im Gange befindenden geopolitischen Umwälzungen. Asien, allen voran China, verleihen ihrem Machtanspruch in der Weltpolitik immer deutlicher Geltung. Die seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion einzig verbliebene Weltmacht USA wird herausgefordert, was auch zu Spannungen und Streitigkeiten im Handel führt. Welche Konsequenzen hat dies für die Märkte im Allgemeinen und welche für die Immobilienmärkte im Speziellen? Was bedeutet dies für das Saanenland?

Kontroverse Podiumsdiskussion
Das Bauwesen ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige im Saanenland. Die meisten Bewohner interessieren sich vermutlich nicht besonders für das Segment Luxusimmobilien. Trotzdem sind die Auswirkungen, welche die Entwicklungen in diesem sehr exklusiven Bereich haben, für fast alle hier spürbar. Sollten dereinst Luxusimmobilien unattraktiv für neue Interessenten werden, hätte dies signifikant negative Folgen für die lokale Gesamtwirtschaft. Wo liegen also die Bedürfnisse kommender Generationen? Darüber diskutierten – wiederum unter kundiger Moderation von Steven Althaus – Oswald Grübel, der Unternehmer Marcel Bach und Nachson Mimran. Als Mitgründer der Plattform To.org vertrat Mimran in dieser Runde die Generation der Millennials (Geburtsjahrgänge 1980 bis 1999). Ein Teil des Publikums in reiferem Alter pflichtete Marcel Bach bei, als er betonte, wie wichtig für ihn das Bewahren und Beschützen der intakten Landschaft und Umgebung sei. Laut seiner Prognose wird das Saanenland bei einem Überflug in zwanzig Jahren nicht wesentlich anders aussehen als heute. Gstaad solle exklusiv bleiben.

Nachson Mimran hingegen betonte die seiner Ansicht nach dringend notwendige Erneuerung der Marke Gstaad. Sie möge für Begegnungen aller Art und gegenseitigen Austausch stehen. Ein Bruder von Nachson Mimran im Publikum erklärte, wie schwierig es ihm falle, junge, erfolgreiche Leute aus der Tech-Branche von einem Besuch in Gstaad zu überzeugen. Ein zweiter Bruder äusserte sich dahingehend, dass er zwar durchaus wahrnehme, wie hinter verschlossenen Türen über vieles diskutiert werde. Er wünsche sich aber eine diesbezügliche Öffnung mit einem umfassenden Einbezug der einheimischen Bevölkerung. Nachson Mimran verdeutlichte zudem, dass ein nicht unbedeutender Teil seiner Generation den Begriff Luxus anders definiere. Ein sinnvolles und sinnstiftendes Leben scheint ihnen wichtiger zu sein als profaner Konsumluxus. Die Ansprüche und Anforderungen an Immobilien sind für diese Generation deshalb anders als für die vorangehende. Womöglich findet dereinst der Slogan «Come up – slow down» eine erfrischende Ergänzung mit «Come up – be creative» oder «Come up – be innovative». Denn in einem Punkt gehen wohl alle Parteien mit Oswald Grübel einig: sich zu Hause fühlen ist das Wichtigste an einer Immobilie.

Abschliessend darf festgehalten werden, dass Manuel Blanco mit dieser gelungenen Veranstaltung seiner Vision von einer CS Gstaad auch als Begegnungsstätte und Plattform für inspirierenden Ideenaustausch nähergekommen ist.


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