Im Kopf von Pablo Picasso

  15.02.2019 Kultur, Kunst

Die Fondation Beyeler hat mit 40 Werken aus Picassos früher Schaffensphase ihre bisher teuerste Ausstellung eröffnet. Aber was ging im Kopf des Genies vor, wenn er Gemälde malte, die heute Millionen wert sind? Im Ciné-Theater konnte ich letzten Freitag ansatzweise eine Antwort darauf finden.

SARA TRAILOVIC
Meine Augen folgen den Pinselstrichen oder springen über das Gemälde, wenn ganze Bildteile erscheinen und wieder verschwinden. Ich fühle mich dem Künstler plötzlich verbunden, sitze  scheinbar als Co-Pilot im Cockpit seines Kopfes. Ich versuche den nächsten Schritt des Meisters vorherzusagen – vergeblich.

Der Film «Le mystère Picasso» spielt in einem französischen Atelier. Pablo Picasso höchstpersönlich malt bei laufender Kamera Gemälde auf eine Glasplatte, unermüdlich und spontan. Das Filmteam hält den Prozess von der anderen Seite aus fest. Während eines Grossteils des Films wird die ganze Kinoleinwand von der Glasplatte ausgefüllt, auf der wie von Zauberhand exklusive Meisterwerke entstehen. «Du hast noch fünf Minuten Zeit», informiert der Regisseur den Künstler. «Das reicht mir», antwortet Picasso. Ein Kinoerlebnis der besonderen Art.

Nach der Hälfte des Streifens schleichen einige Besucher aus dem Saal. Das überrascht nicht, der Stil des Jahrhundertkünstlers ist nicht jedermanns Sache und die dramatischen Kompositionen des Orchesters sind mehr als Hintergrundmusik. Picasso selbst wäre wohl auch nicht empört gewesen über die Abgänger. Die Zuschauer sollen einen unverfälschten Einblick in seine Arbeit erhalten, erwähnt der Künstler im Film. «C’est mauvais, c’est très, très mauvais», kommentiert er sein eigenes Werk, mit dem er auch nach fünf Stunden noch nicht zufrieden ist.

Mit der Zeit wird mir immer klarer, wieso Picasso als Pionier der modernen Kunst gilt. Seine gestalterischen Entscheide beweisen Mut, Humor und Eigenständigkeit. Wenn man ihm beim Malen zusieht, scheint es fast, als wären seine Bilder nicht dazu gemacht, zum Stillstand zu kommen oder Vollendung zu finden – bis er an einem Punkt ganz unerwartet den Pinsel absetzt und sagt: «C’est fini.»

«Le mystère Picasso» war der drittletzte Film der Reihe «cinemArt» im Ciné-Theater Gstaad. Das von Hauser & Wirth zusammengestellte Programm gewährt einen Einblick in das Leben und Schaffen von internationalen zeitgenössischen Künstlern.

www.cine-theater.ch / www.hauserwirth.com


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