Gipfelerlebnisse zum Jubiläum

  01.03.2019 Saanenland, Gstaad

Der Bergführerverein Gstaad-Lenk feiert heuer sein 100-Jahr-Jubiläum. Deshalb gibt er Einblick in sein tägliches Schaffen und lädt die Bevölkerung ein, Bergerlebnisse gratis zu geniessen.

Der Bergführerverein Gstaad-Lenk wird bereits 100-jährig – das muss gefeiert werden! Statt mit Pauken und Trompeten geschieht das auf leisen Sohlen: Die Bergführer bieten gratis Touren für jedermann an, die Teilnehmerzahl ist beschränkt. Ab 9. März begleiten einheimische Bergführer die Gäste zu Skitouren. Im Sommer und Herbst ziehen sie aus, um Wanderungen und Hochtouren zu führen. Alle Angebote werden in dieser Zeitung per Inserat angekündigt. Natürlich müssen die äusseren Verhältnisse jeweils auch mitspielen. Sollte das nicht der Fall sein, erlauben sich die Verantwortlichen, ein Alternativprogramm durchzuführen. Während der Bergführer gratis ist, müssen die Teilnehmer für das Material, die Verpflegung und Transportkosten selbst aufkommen.

Damit die Leser einen kleinen Einblick in das Schaffen der Bergführer erhalten, erscheinen dieses Jahr regelmässige Berichte in dieser Zeitung. Der nachfolgende Artikel zeigt die Anfänge im Saanenland auf und erzählt von einem in Gstaad ansässigen, legendären Bergführer, welcher die Welt bereiste und viele Erstbesteigungen unternahm.

Wanderungen jenseits der Modetouren
Der 1. Weltkrieg war vorbei, die Pferdefuhrwerke wurden mehr und mehr von Bahnen und Autos verdrängt. Die kurz vor dem Krieg gebauten Hotels warben überall für Touristen, die grossen Gipfel waren erschlossen, es gab bei den Alpinisten die erste Flucht weg von den Modetouren; ursprüngliche unberührte Landschaft war schon damals gefragt. Liebliche Hügel, saftige Alpweiden mit prächtigen Simmentaler Kühen, freundliche Älpler, weltoffene von der nahen Romandie geprägte Talbewohner und schmucke Holzhäuser waren damals die gewünschte Umgebung, um Ferien zu verbringen. Das Saanenland hatte aber noch mehr zu bieten: Prächtige Wasserfälle wie der Geltenschuss und der Sanetschfall sowie zahlreiche Bergseen waren weitere Attraktionen. Die vergletscherten Dreitausender von Les Diablerets bis zum Wildhorn bieten eine grandiose Aussicht auf Mont Blanc und Walliser sowie die Berner Alpen. Man sieht fast alle Viertausender der Alpen nach Osten und Süden hin, und nach Westen und Norden die liebliche Landschaft des Saanenlandes sowie die Voralpen vom Genfer- bis zum Thunersee. Darüber hinaus den Jura, an ganz klaren Tagen sogar die Vogesen und den Schwarzwald.

Erster Bergführer aus Lauenen
Hier in dieser vielseitigen und wunderbaren Landschaft ist eine zuverlässige, freundliche und sichere Bergführerschaft herangewachsen. Der erste Bergführer im Saanenland war wohl G. Schwizgebel aus Lauenen, der bereits 1880 als Führer das Wildhorn bestieg. Es gilt zu erwähnen, dass im Kanton Bern die ersten Bergführerpatente bereits 1856 ausgestellt worden waren.

1919 besuchten fünf Männer aus dem Saanenland, sie waren 31 bis 35 Jahre alt, den Bergführerkurs. Später durften über eine lange Zeit die Bergführeranwärter nicht älter als 30 Jahre sein. Zwischenzeitlich wurden die Alterslimite und die Militärdiensttauglichkeit für das Erlangen des Bergführerpatents wieder fallengelassen.

Neben den Aspiranten gab es im Gründungsjahr bereits einheimische Bergführer: die beiden Lauener Christian Schwizgebel (Patent 1905) und Jakob Schwizgebel (1917). Auch ein G. Schwizgebel ist erwähnt, zum Beispiel im Protokollbuch des SAC Obersimmental-Saanenland von 1880. Dies muss der oben erwähnte Wildhornführer gewesen sein. Dabei handelte es sich wohl um Johann Gottlieb.

Der Lauener war 1846 geboren. Ob er bei der Gründung des Bergführervereins noch lebte, ist nicht sicher. Aus unbekannten Gründen verzichtete Jakob Schwizgebel kurz nach dem Erwerb des Patentes wieder auf dieses.

Männer der ersten Stunde
Bei der Vereinsgründung 1919 waren die fünf neu patentierten Robert Oehrli, Lauenen; Emanuel Romang, Schönried, Friedrich Gempeler, Gstaad, Gottlieb Schopfer, Gsteig, und Ernst Marti, Gsteig, dabei. Aber auch die erfahrenen Bergführer Christian Schwizgebel, Lauenen, und Heinrich Fuhrer, Gstaad, waren im Gründungsprotokoll erwähnt.

Abenteuerlicher Nachtmarsch
Heinrich Fuhrer zog kurz nach 1900 nach Gstaad, wo er das Land zwischen Kapelle und Bahnhof erwarb und sein Sportgeschäft aufbaute. Bevor er nach Gstaad zog, war er in Innertkirchen zu Hause. Bei den Engelhörnern im östlichen Berner Oberland verwirklichte er gemeinsam mit seinem Bruder Ulrich mehr als ein halbes Dutzend Erstbesteigungen. Nicht nur in der Schweiz war er erfolgreich: 1912 war er mit Engländern erfolgreich im indischen Hochgebirge unterwegs. Als er von dieser Expedition zurückkam, war es bei seiner Ankunft in Spiez bereits Nacht. Der letzte Zug ins Simmental war weg. Deshalb entschloss sich Heinrich Fuhrer kurzerhand, den Weg unter die Füsse zu nehmen. Er marschierte somit von Spiez nach Gstaad, alles den Schienen entlang und vor dem Frühzug erreichte er Gstaad. Nach dem Meter war Heinrich Fuhrer der Kleinste im Verein, aber als Bergführer überragte er alle anderen um Welten, auch sein 1897 erworbenes Patent war das einzige erster Klasse.

Erster Obmann
Für die ersten paar Jahre war Emanuel Romang Obmann vom Bergführerverein Saanenland. Er wurde später von Heinrich Fuhrer abgelöst, der dieses Amt bis 1958 innehatte. Ein wichtiges Anliegen von Fuhrer war die Versicherung der Bergführer durch den SAC. An einer Delegiertenversammlung in Lugano stieg der kleinwüchsige Fuhrer auf den Tisch und bezichtigte den damaligen Oberrichter und CC-Präsidenten Dr. Karl Daunegger in seinem urchigen Haslideutsch der Lüge. Ob er mit seiner energischen Art ans Ziel kam, ist nicht bekannt. Tatsache ist, dass jeder Bergführer bei der Patenterneuerung selber einen Versicherungsnachweis erbringen musste. Dr. Karl Daunegger war auch im Saanenland kein Unbekannter, er wurde später sogar Bundesrichter. Wie die Geschichte der Bergführer weitergeht, lesen Sie schon bald in dieser Zeitung.

BERGFÜHRERVEREIN GSTAAD-LENK


Quelle: Bergführerverein Saanenland, Jubiläumsbroschüre von 1994


Tourendaten:
9. März: Senioren-Skitour mit Arnold Hauwirth
16./17. März: Wildhorn mit Peter Sollberger
Woche 11: Lauener Rothorn mit Ueli Hauswirth
Woche 12: Witteberghore mit Ueli Grundisch
31. März: Gstellihorn mit Adolf Schlunegger
31. März: Châtillon mit Hansueli Marti
7. April: Arpeli mit Ueli Grundisch


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