Gleichgewicht verbessert das Arbeitsleben

  08.03.2019 Gesellschaft

Jedes Jahr stehen am 8. März Menschen in der Schweiz und auf der ganzen Welt für die Rechte der Frau ein. Früher forderten sie dabei das Stimm- und Wahlrecht, heute die Gleichberechtigung der Geschlechter in allen Lebensbereichen.

SARA TRAILOVIC
Heute ist der Weltfrauentag. In einigen Ländern, darunter Russland, Vietnam und die Mongolei, gilt der 8. März als offizieller Feiertag. Auch in der Schweiz feiert man den Fortschritt des Frauenrechts, doch die Notwendigkeit der Weiterentwicklung hält an. Mit zahlreichen Ausstellungen, Demonstrationen und Vorträgen machen sich die Schweizerinnen stark für die vollkommene Lohnund Chancengleichheit. Im Saanenland organisieren die regionalen Vertreterinnen der Frauenhilfsorganisation Soroptimist International einen Charity-Event.

Sexismus im Alltag
In vielen Teilen der Welt sind Frauen gegenüber Männern noch immer stark benachteiligt. Viele Probleme haben einen traditionellen Hintergrund, beispielsweise die Beschneidung oder Zwangsverheiratung von Frauen.

In der Schweiz ist die Gewalt in der Partnerschaft eines der grössten Probleme. Dabei ist bei fast 80 Prozent der Fälle die Frau in der Opferrolle. Generell erfährt hierzulande jede fünfte Frau Gewalt durch ihren Beziehungspartner.

Ein weiteres Thema ist der Sexismus im Alltag: Frauen werden oft nur aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert oder haben in der Arbeitswelt schlechtere Chancen. Laut dem Bundesamt für Statistik nimmt der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern zwar kontinuierlich ab, noch ist aber ein klarer Unterschied feststellbar. Aus diesem Grund lautet das Motto der Vereinten Nationen zum Internationalen Frauentag: «Balance drives a better working world.» Übersetzt heisst das, dass die Lohn- und Chancengleichheit der beiden Geschlechter einen Vorteil für die Arbeitswelt bringt.

In Sachen Erwerbstätigenquote der weiblichen Bevölkerung hingegen steht die Schweiz im internationalen Vergleich zusammen mit Schweden an der Spitze. Was den Frauenanteil in der Politik angeht, hält sie sich im Mittelfeld: Etwas mehr als 30 Prozent der nationalen Parlamentsmitglieder sind weiblich.

Die Schweiz hinkte lange hinterher
Dabei können Schweizerinnen erst seit knapp 40 Jahren für politische Ämter auf Bundesebene kandidieren. Die Schweiz zählt bekannterweise nicht zu den Pionierinnen in Sachen Frauenrecht. Zum Vergleich: Neuseeland führte 1893 als erste Nation der Welt das Frauenstimm- und Wahlrecht ein. Unsere Nachbarländer nahmen dasselbe Recht alle vor 1950 in die Verfassung auf. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts folgten fast alle anderen Länder diesem Beispiel. In Saudi-Arabien durften die Frauen 2015 erstmals wählen und kandidieren.

1957 hatten die Männer der Schweiz das Frauenstimmrecht noch klar abgelehnt. Nur in drei französischsprachigen Kantonen ergaben sich Ja-Mehrheiten. In der Waadt wurde im gleichen Jahr das Frauenstimmrecht auf kantonaler und Gemeindeebene gutgeheissen. 1966 nahm Basel-Stadt als zweiter Kanton die Vorlage an. Erst am 7. Februar 1971 nahmen die Schweizer Stimmbürger das eidgenössische Stimm- und Wahlrecht für Frauen mit 621’109 Ja (66%) zu 323’882 Nein (34%) deutlich an. Damit ging ein mühseeliger Kampf zu Ende. 15½ Kantone stimmten zu, 6½ Kantone der Zentral- und Ostschweiz lehnten mit teilweise massiven Nein-Mehrheiten ab.

Die Mehrheit der Kantone führte das Frauenstimm- und Wahlrecht auf kantonaler und Gemeindeebene kurz vor oder nach der eidgenössischen Abstimmung von 1971 ein.

Während den folgenden zwei Jahrzehnten nahm die Schweiz weitere Artikel zum Thema Frauenrecht in die Verfassung auf, darunter den Grundsatz der Gleichstellung in Sachen Arbeit, Ehe und Bürgerrecht. 1996 trat ein Gesetz in Kraft, das geringe Löhne, ungleiche Anstellungs- und Beförderungschancen sowie sexuelle Belästigung im Arbeitsleben der Frau bekämpfen soll.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurden Gewaltdelikte in der Ehe und Genitalverstümmelung offiziell zu strafbaren Handlungen. Als jüngste nationale Anpassung wurde 2014 die gemeinsame elterliche Sorge zur Grundregel.

Frauenpower im Saanenland
Der Club Soroptimist International Gstaad-Saanenland lädt dieses Jahr Frauen aus der ganzen Schweiz zu einem Winterwochenende ein, um den Weltfrauentag zu feiern. Der Erlös der Charity-Veranstaltung kommt der Ausstellung «Willkommen zu Hause» zugute, die vom 11. bis 17. Mai 2019 in Gstaad stattfinden wird. Die interaktive Exhibition im Kirchgemeindehaus thematisiert die häusliche Gewalt in der Schweiz. In diesem Rahmen fanden im vergangenen Herbst die «Orange Days» statt, wo drei monumentale Gebäude beleuchtet wurden und somit gegen die häusliche Gewalt aufriefen.

Soroptimist International ist der weltweit grösste Serviceclub für berufstätige Frauen. «Bewussmachen – Stellung nehmen – Handlen. Mit Hilfe unseres globalen Netzwerks schaffen wir Möglichkeiten, das Leben von Frauen und Mädchen zu verbessern», steht auf der Homepage der Organisation.


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