Krönender Abschluss mit Weltklasse aus Köln

  01.03.2019 Kultur

Das Minguet Quartett aus Köln öffnete Ohren und Herzen des Publikums: In Zweisimmen erlebte das kleine Festival klassischer Musik, welches in den Februarwochen eine Alternative zu den sportlichen Aktivitäten bot, einen krönenden Abschluss.

Bereits zum 12. Mal bescherte die organisierende Konzertvereinigung Zweisimmen der einheimischen und touristischen Bevölkerung während der Sportferienzeit ein reiches musikalisches Angebot im klassischen Bereich. Für einen krönenden Abschluss der beliebten Reihe der Februarkonzerte sorgte das Minguet Quartett aus Köln, welches Ohren und Herz des Publikums öffnete. Wie fand das Quartett, welches in grossen Konzertsälen der Welt zu hören ist, den Weg nach Zweisimmen? «Vor zweieinhalb Jahren fragte Annette Reisinger an, und wir konnten uns rasch auf eine angepasste Gage einigen», verriet Klaus Burkhalter. Eine wunderbare Geste liess sich der künstlerische Leiter und Organisator von Anfang einfallen: Er setzte das Konzert auf den Donnerstagabend an und besuchte mit seinem Cantate-Chor Zweisimmen anstelle einer Probe das Konzert. Somit genossen über 70 Zuhörende auserlesene Kammermusikperlen.

Angriffslustig und spielfreudig
Mit Joseph Haydns letztem vollendeten Streichquartett setzten Ulrich Isfot, Annette Reisinger (Violinen), Aroa Sorin (Viola) und Matthias Diener (Violoncello) einen schwungvollen Auftakt. Lebendig und luftig wirkten ihre Striche. Heiter, variantenreich, mit dynamischen Steigerungen und figuralen Umspielungen warfen sich die Instrumente angriffslustig die Motive zu. Rhythmisch prägnant und mit überraschenden Wirkungen überzeugten die vier Künstler.

Speziell wirkte Gustav Mahlers Lied «Ich bin der Welt abhanden gekommen». Annette Reisingers Bearbeitung für Streichquartett entzückte mit gehaltvoller, lyrischer Interpretation. Sie liessen in gegenseitiger Zwiesprache die Instrumente singen.

Lebensfreude pur
Atemberaubend und auf Weltklasse-Niveau musizierte das Minguet Quartett Antonin Dvorˇák «Amerikanisches Quartett». Rhythmische Vielfalt kam in der motivischen Satzarbeit des bekannten Streichquartetts F-Dur zum Ausdruck. Die warme Klangfarbe der Bratsche führte an und wurde von tremulierenden Akkorden der Geigen begleitet. Intim gestaltete sich der zweite Satz, im Wechsel übernahmen Violinen, Violoncello und Viola das Motiv. Im lebhaften Folgesatz waren gar frühlingshafte Vogelstimmen hörbar. Spritzig, markant schloss die klar hörbare Rondoform. Das Quartett sorgte für delikaten Hörgenuss, homogen, zwischen drängender Vitalität und durchsichtiger Klanglichkeit changierend. «Solche Quartettinterpretationen habe ich noch nie erlebt!», war aus dem begeisterten und überglücklichen Publikum zu hören. Verträumt, kurz und bündig verdankten sich die Gäste aus Köln mit einem Larghetto von Endre Szervánsky.

HEIDY MUMENTHALER


INTIME ATMOSPHÄRE, SCHÖNE KLANGRÄUME UND QUALITÄT AUF HÖCHSTEM NIVEAU

«Das kleine Festival wird sowohl von der Zuhörerschaft wie auch von den Musikern wegen seiner intimen Atmosphäre in den schönen Klangräumen unserer Kirchen sehr geschätzt. Dies bestimmt auch, weil immer wieder der Versuch gewagt wird, neben den naheliegenden grossen Ferienzentren mit ihren vielen Veranstaltungen ein eigenständiges Festival im kleinen Rahmen anzubieten», freut sich Klaus Burkhalter. Dass sich die Qualität des Gebotenen auf höchstem Niveau bewegte, konnte in allen vier Konzerten mit Begeisterung zur Kenntnis genommen werden. Die Höhepunkte werden bei den Zuhörenden sicher noch lange haften bleiben: die gewaltige Liszt-Klaviersonate in hmoll, meisterhaft dargestellt von Reto Reichenbach, die stimmungsvollen Moldauklänge der «Intercity Flute Players», die stimmgewaltigen Gesänge des russischen Chors «Voskresenije» oder Dvorˇáks «Amerikanisches Quartett» (siehe Haupttext). Burkhalter erntete nur positive Rückmeldungen: «Unglaublich, was ihr für qualitätvolle Interpreten anbietet». «Dieser Reto! Mit Haut und Haar war er mit der halbstündigen Lisztsonate verwachsen!» «Mir gefällt der familiäre Rahmen. Ich freue mich jedes Jahr darauf». «Warum haben diese Russen solch unglaubliche Stimmen?» «Wie lockst du solche Künstler nach Zweisimmen …?» Natürlich wäre ein grösserer Publikumsaufmarsch wünschenswert. Widerliches Wetter bei den zwei ersten Anlässen oder Nachtskifahren beim Abschlusskonzert beeinträchtigten bestimmt den Zulauf. Hier dürfte der Ausspruch «Les absents ont toujours tort» sehr zutreffen, so Burkhalter. «Dank der grossen finanziellen Unterstützung unserer Sponsoren, der guten Kollektenerträge und der relativ bescheidenen Gagenansprüche der Künstler dürfen wir getrost auf die nächstjährigen Februarereignisse blicken: Sie werden erneut ein breites Spektrum an Musikgenuss bieten, vom Akkordeon über Klarinettentrio und Liederabend bis zum Flötenquartett. Wir freuen uns schon jetzt auf neue Begegnungen bei den 13. Februarkonzerten Zweisimmen.»

HEIDY MUMENTHALER


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