Auf Pierre-Yves Geiser folgt eine Interimsleitung

  30.04.2019 Obersimmental, Saanenland, Wintersport, Wirtschaft

Am Freitagabend hat sich die Generalversammlung der Raiffeisenbank Obersimmental-Saanenland in der Simmental-Arena in Zweisimmen von Bankleiter Pierre-Yves Geiser verabschiedet. Eine Interimsbankleitung übernimmt vorderhand die Geschäfte. Die Bank hat 2018 bei einer moderaten Kostenentwicklung mit einem herausragenden Jahresergebnis abgeschlossen.

MARTIN GURTNER-DUPERREX
«Der Vorsitzende der Bankleitung hat gekündigt», stellte Andreas Grünig, Präsident des Verwaltungsrates der Raiffeisenbank Obersimmental-Saanenland, nüchtern fest. Das sei sehr bedauerlich, der Entscheid von Pierre-Yves Geiser für einen Neustart in einer bankfremden Tätigkeit sei jedoch verständlich und nachvollziehbar. Der Entscheid basiere nicht auf schlechten Erfahrungen, die er gemacht habe, sondern entspreche dem Wunsch, sich mehr der Familie zu widmen, erläuterte er. «Der Verwaltungsrat ist zusammen mit der Bankleitung daran, eine geeignete Nachfolge zu finden.» Ab dem 1. Mai wird eine Interimsleitung mit den zwei stellvertretenden Bankleitern, Hannes Anthamatten und Michael Dänzer, sowie Beat Jaggi die Geschäfte führen.

Weichenstellung bei Raiffeisen Schweiz
«Wir haben die kritischen Stimmen über die Situation bei Raiffeisen Schweiz vernommen», stellte Andreas Grünig fest. Das Thema werde immer wieder aufgewärmt. Mit vielen weiteren Raiffeisenbanken habe die Raiffeisenbank Obersimmental-Saanenland bei Raiffeisen Schweiz Anträge gestellt. Es wurden Gespräche geführt und ein sehr guter Austausch fand statt. «Wir haben festgestellt, dass sich die bei Raiffeisen Schweiz grundlegend und in unserem Sinn verändert hat. Insofern ist dies eine eigentliche Weichenstellung, die stattgefunden hat», beteuerte er. «Wir werden diese weiterhin unterstützend begleiten.»

Jahresergebnis gibt Kraft
Der Verwaltungsratspräsident lobte das herausragende Jahresergebnis bei moderater Kostenentwicklung. Da sei gut für die Bank und gebe die Kraft, den Gewinn in die Zukunft zu investieren. Er schickte voraus, dass bisher an jeder GV das Ergebnis als «verruckt» gerühmt worden und immer besser als erwartet gewesen sei – aber man habe auch immer präzisiert, es sei dann nicht immer so, das Resultat könnte auch mal anders sein.

Nichtsdestotrotz durfte Bankleiter Pierre-Yves Geiser sehr gute Jahresabschlusszahlen 2018 präsentieren: Zuwachs der Bilanzsumme um Fr. 22,5 Mio. auf Fr. 775,9 Mio. (plus 3 Prozent), einen Jahresgewinn von Fr. 1,29 Mio. (plus 0,9 Prozent) und einen Geschäftserfolg von Fr. 3,7 Mio. Dies sei eine einmalige Zahl, die man noch nie habe verbuchen können, präzisierte er. Die 594 anwesenden Genossenschafterinnen und Genossenschafter, die an langen, schön dekorierten Tischen sassen und den Apéro genossen sowie an Hobelkäse und Züpfe knabberten, dürften mit diesem Ergebnis mehr als zufrieden sein.

Vertrauen in heiklem Gelände
Pierre-Yves Geiser kam bei seinen Ausführungen wiederholt auf das Thema Vertrauen zu sprechen, «trotz der negativen Schlagzeilen aus der Ostschweiz». Besonders der Zuwachs der Kundeneinlagen und Hypotheken sei ein Vertrauensbeweis. «Das Vertrauen ist unsere grösste Verpflichtung», sagte er. Eine Bank funktioniere mit gegenseitigem Vertrauen, welches man brauche, wenn man in heiklem Gelände unterwegs sei. «Wir wollen gemäss dem Motto der Bank auch in schwierigen Zeiten für die Kunden da sein.» Und schliesslich: «Das Vertrauen ist das Herz, das Eigenkapital das Blut. Blut ist notwendig, damit das Herz funktioniert.» So sei der Zuwachs auf 54 Millionen des Eigenkapitals eine Stärkung des Vertrauens in die Raiffeisenbank.

Die Beschlussfassung war dementsprechend: Die Jahresrechnung, Entlastung der Organe und Wiederwahl der Revisionsstelle wurden einstimmig von der Generalversammlung durchgewunken, die Verzinsung der Anteilscheine von 3 Prozent mit einer Gegenstimme genehmigt.

Mehrkosten und Zinsentwicklung
«Wir sind gut ins Jahr 2019 gestartet», informierte Pierre-Yves Geiser, ausserdem sei die Bank personell und organisatorisch gut aufgestellt. Aber man gehe davon aus, dass Mehrkosten auf die Bank zukommen, da in der Lenk der Umbau und in Zweisimmen der Umoder Neubau des neu erworbenen Gebäudes, das neben dem heutigen Standort steht, bevorstehen. Die Anforderungen an das Unternehmen und das Umfeld mit tiefen Zinsen würden sich nicht gross verändern, meinte Geiser. Er hatte im Geschäftsbericht schon darauf hingewiesen, dass es nicht das Ziel der Bank sei, Negativzinsen einzuführen.

«Man sieht nur mit dem Herzen gut»
Nach den Dienstjubiläums-Ehrungen von Eliane Rösti, 20 Jahre, Tamara Rinaldi, 15 Jahre, Michael Dänzer, 10 Jahre, sowie Egzona Bekteshi, 5 Jahre, wurde auch Pierre-Yves Geiser für 15 Jahre Tätigkeit, wovon 13 als Bankleiter, geehrt und gleichzeitig verabschiedet. «Ein umsichtiger Bankleiter mit viel Engagement, ein Vorbild mit viel Gespür für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter», so die lobenden Worte des Verwaltungsratspräsidenten für seinen scheidenden Bankchef. Es sei in seiner Rolle nie um ihn selbst gegangen, «du hast nie einen besseren gespielt und bist dich selber geblieben», schloss er. In seinen Abschiedsworten zitierte ein sichtlich gerührter Pierre-Yves Geiser aus Saint-Exupérys «Kleiner Prinz»: «Man sieht nur mit dem Herzen gut.» Wer das nicht verstehe, könne seinen Rücktritt auf dem Höhepunkt des Erfolgs nicht nachvollziehen. Er habe gespürt, dass es Zeit ist, mit seiner Ehefrau und den zwei gemeinsamen Töchtern ein gemeinsames Projekt zu verwirklichen. Er wird mit seiner Familie in den Kanton Aargau ziehen – in ein Haus auf dem Land «mit Sicht auf die Berge» – und als Finanzverantwortlicher für eine Sozialinstitution arbeiten. Er werde der Region aber als Ambassadeur der Raiffeisenbank verbunden bleiben, denn er werde die Worte eines Landwirts nie vergessen: «Du bisch eina vo üns.»

Umrahmt wurde die GV vom Jodlerklub Rinderberg-Oeschseite und der Musikgesellschaft Zweisimmen.


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