«Bei dieser Initiative gibt es nur Gewinner»

  21.05.2019 Saanen, Politik

Die Initianten der Gemeindeinitiative «Schenkung Kindergeld» orientierten am letzten Mittwochabend in Saanen über ihre Idee und machten klar, dass es bei dieser Initiative nur Gewinner gibt. Damit löst die Freie Liste Saanen zwei ihrer Wahlversprechen ein.

KEREM S. MAURER
Über 20 Interessierte fanden sich am letzten Mittwochabend im grossen Saal des Hotels Landhaus in Saanen ein, um den Ausführungen der Initianten der Gemeindeinitiative «Schenkung Kindergeld» zu folgen. Daniel Bach (GLP), Martin Hefti (SP) und Hans Peter Schwenter (parteilos) haben sich zusammen mit anderen zur Freien Liste Saanen zusammengefunden und bilden das Initiativkomitee.

Sie informierten sachlich und ohne Polemik, wie die Initiative zustande gekommen ist, über deren wirtschaftspolitische Chancen und mögliche gesellschaftliche Auswirkungen. Ausserdem skizzierten sie das weitere Vorgehen. Hans Peter Schwenter umriss das Zustandekommen der Initiative, welche als Idee bereits im Oktober 2017 über die Finanzkommission an den Gemeinderat getragen worden war. Weil dieser das Anliegen nicht aufgenommen hatte, entschieden sich die Köpfe dieser Idee, ihre Wahlversprechen «Starke, finanzielle Unterstützung von Familien und Menschen mit Beeinträchtigungen» sowie «Einheimische, Gäste und Gastarbeiter gelten für uns gleich viel» mittels einer Gemeindeinitiative umzusetzen.

Die notwendige Anzahl an beglaubigten Unterschriften von in Saanen Stimmberechtigten kam innerhalb der erforderten Frist zusammen. Die Gemeinde bestätigte per Brief vom 19. September 2018 das Zustandekommen dieser Initiative.

Wer soll das bezahlen?
Die Initiative will jedem in der Gemeinde Saanen ortsansässigen Kind/Jugendlichen eine steuerfreie Schenkung von maximal 2400 Franken pro Jahr machen. Zu Beginn soll sich die Höhe des zu schenkenden Betrages an der Grössenordnung der kantonalen Kinderzulagen orientieren. Die Frage, die sich aufdrängt, ist: Wie soll das finanziert werden? Die Antwort ist einfach: «Der Kanton erhöht die Steuern auf amtliche Werte. Diese Steuererhöhung hat mit der Initiative nichts zu tun und wird unabhängig von uns im ganzen Kanton erhoben», betonte Daniel Bach. Mit diesen steuerlichen Mehreinnahmen, die Daniel Bach vorsichtig auf etwa sechs Millionen Franken schätzt, könne diese Kindergeld-Schenkung finanziert werden, ohne dass man dafür Gelder nehmen müsse, die bereits für andere Zwecke verplant seien. «Dadurch wird niemandem etwas weggenommen!», konstatierte er. Orientiere man vorerst die jährliche Schenkung in ihrer Höhe an den kantonalen Kinderzulagen, komme man auf einen Betrag von 2400 Franken pro bezugsberechtigte Person. Bei rund 1700 Kindern und Jugendlichen – wobei in seiner Berechnung jene von 16 bis 25 Jahren nur die Hälfte bekommen sollen, weil diese zum Teil bereits erwerbstätig sind – kommt Bach auf Gesamtkosten von rund 4 Millionen Franken. Und das könne sich die Gemeinde Saanen zum Wohle ihrer Kinder leisten, ist er überzeugt. Er äusserte sich vorsichtig, denn wie genau diese Schenkung vonstattengehen soll, ist noch nicht geklärt, weil dazu der Gemeinderat erst nach einem Ja zur Initiative an der kommenden Gemeindeversammlung vom 14. Juni ein Reglement erarbeiten muss. Von zentraler Bedeutung ist, dass die Höhe der Kindergeld-Schenkung jedes Jahr an der Gemeindeversammlung bei der Festlegung der Steuer- und Gebührenansätze festgesetzt werden soll. So sei es möglich, den Schenkungsbetrag an die wirtschaftlichen Gegebenheiten der Gemeinde anzupassen. Denkbar wäre auch, die Kindergeld-Schenkung in ganz argen Zeiten einmal ausfallen zu lassen.

Dazu kommt, dass eine Schenkung in dieser Grössenordnung nicht steuerpflichtig ist. Folglich kommt dieses Geld vollumfänglich den Kindern zugute und fliesst nicht dem Kanton zu. Selbst wenn eine Familie diese Kindergeld-Schenkung nicht annehmen wolle, gebe es für sie keinen Grund, ein Nein in die Urne zu legen, so Bach. Denn sie könne diese Schenkung ohne steuerliche Belastung einer anderen Familie weiterschenken, die es nötiger habe. Gerade in Zeiten, wo viele Familien nicht wissen, wie sie ihre Krankenkassenprämien bezahlen sollen, könne diese Kindergeld-Schenkung von immenser Wichtigkeit sein.

Stütze für die heimische Wirtschaft
Martin Hefti beleuchtete die wirtschaftspolitischen Chancen dieser Initiative. Geld, das Kindern und Jugendlichen ausbezahlt werde, fliesse in das einheimische Gewerbe, ist er überzeugt. Denn die Begünstigten würden lokal einkaufen, was unter anderem dem Dorfladen und dem lokalen Detailhandel zugutekomme. Damit würde die Wirtschaft belebt und dem Lädelisterben Gegensteuer gegeben. Dieses Geld könne auch via «Gstaad Gift Card» den Kindern gutgeschrieben werden. Bei dieser von Gstaad Saanenland Tourismus (GST) lancierten Karte verbleibt der Geldkreislauf in der Region und die Gemeinde würde bei der Abwicklung entlastet.

Die Idee dieser Karte wird auch vom Gewerbeverein Saanenland begrüsst. Gesellschaftspolitisch habe man im Saanenland das Problem, dass wohlhabende Familien die Wohnkosten in die Höhe trieben, so Hefti. Als Folge davon zögen junge Familien mit Kindern weg, wodurch es zum Fehlen von Arbeitskräften kommen könne. Durch das Geld der Initiative hätten junge Familien einen Anreiz, wieder ins Saanenland zurückzukehren oder gar nicht erst wegzugehen. Und: Kinder würden so weniger zum Armutsrisiko. Als Konsequenz davon könne es sogar in Zukunft wieder mehr Kinder im Saanenland haben, was weitere positive Auswirkungen auf die Gesellschaft mit sich bringe.

Das engagierte Initiativkomitee machte klar: Bei dieser Initiative gibt es nur Gewinner. Sie fordern die Stimmberechtigten von Saanen auf, diese Initiative an der kommenden Gemeindeversammlung anzunehmen und damit dem Gemeinderat den Auftrag zur Ausarbeitung eines Reglements zu erteilen. Denn Kinder seien die Zukunft und eine Investition in sie helfe allen.

(Siehe auch «Erläuterungen zu den Geschäften» Seiten 6 und 7.)


INITIATIV TEXT «SCHENKUNG KINDERGELD»

Der Gemeinderat von Saanen wird beauftragt, ein Reglement auszuarbeiten, anhand welchem zukünftig jedem in der Gemeinde Saanen ortsansässigen und gemäss kantonalem Recht kinderzulagenberechtigten Kind/Jugendlichen eine jährliche steuerfreie Schenkung zugewiesen wird. Diese Schenkung soll sich zu Beginn in der Grössenordnung der jährlichen kantonalen Kinderzulagen bewegen und wird danach alle Jahre von der Gemeindeversammlung bei der Festlegung der Steuer- und Gebührenansätze festgesetzt.


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