Akkordeon in Perfektion

  25.06.2019 Kultur

Wer sein Konzert mit dem «Csárdás» von Vittorio Monti beginnt, setzt ganz schön hohe Erwartungen an sich und das Publikum, denn normalerweise hört man dieses spektakuläre Stück eher als Zugabe – nicht so am letzten Freitag im Landhaus Saanen.

Das erste Saaner Proms-Konzert stand auf dem Programm und wäre das Wetter entsprechend gewesen, hätte das Spektakel auf der Bühne des Musikpavillons stattgefunden. Gyorgi Spasov am Akkordeon war an diesem Abend ganz klar der Mittelpunkt, zwischendurch gekonnt am Klavier begleitet von seiner Ehefrau Daniela Spasov. Beide sind Lehrkräfte an der Musikschule Saanenland Obersimmental. Was die Konzertbesucher/innen in dieser Stunde erlebten, war schlicht atemberaubend. Eine eigentliche Weltreise durchlebte man dank der Musik aus Italien, Argentinien, Russland, dem Balkan und zurück in die Schweiz. Stilsicher, mit den typischen länderspezifischen Charakteren, erklangen die zum Teil als «Ohrwürmer» bekannten Melodien. Gyorgi Spasov demonstrierte auf seinem Akkordeon die Vielseitigkeit des Instrumentes in Perfektion; in stupender Geschwindigkeit perlten die Tonreihen in akrobatischer Leichtigkeit nur so dahin, mal unglaublich laut und dramatisch, dann wieder schmetterlingszart bis in die höchsten Töne, fein und leise. Dabei scheint er sich auf wundersame Weise mit dem Akkordeon zu vereinen und seine Seele, mit Gefühl und Herz, erscheint für den Zuhörer als ein Ganzes.

Besonders stark kam dies im Stück «Balkan Promenade» zum Tragen. Mit feinsten Tremolos und Trillern, in melancholisch wunderbaren Melodien verpackt, begab man sich mit ihm auf diesen Spaziergang durch den Balkan. Jedes Land hat seine Besonderheiten in der Volksmusik, oft nur in kleinen Nuancen zu erkennen und wer sich darauf einlässt, erkennt den wahren Reichtum in der Musik der Völker.

Unbekümmerte Jugendlichkeit
Nebst Gyorgi und Daniela Spasov traten auch vier ihrer Schüler auf. Zuerst die beiden jungen Frauen am Klavier, Milena Matti und Gina Lanz. Mit unbekümmerter Jugendlichkeit spielten sie ein vierhändiges Stück, dass es eine Freude war. Zum krönenden Schluss traten dann noch die beiden Schwyzerörgeli-Talente Ari Schär und Mario Kunz zusammen mit ihrem Lehrmeister auf. Die Spielfreude schien auch hier dem Publikum herzerfrischend entgegen. Man spürte die Leidenschaft für das Schwyzerörgeli völlig und die zwei jungen Burschen holten aus ihren Instrumenten gekonnt das Maximum heraus. Wahrlich ein Privileg für jede Schülerin und jeden Schüler, die zu solchen Lehrkräften in den Unterricht gehen dürfen!

Das Klavier schien unter der jugendlichen Kraft gelitten zu haben und so konnte die gemeinsame Zugabe leider nicht gespielt werden. So kamen die Zuhörer/innen noch einmal zu einem Soloauftritt von Gyorgi Spasov auf seinem Akkordeon. Mit «Erinnerungen an Zirkus Renz», normalerweise auf dem Xylofon gespielt, flogen die Finger ein letztes Mal nur so über die Tasten. Vielen Dank allen Beteiligten für dieses wunderbare, herzerfrischende Konzert!

ERNST OBERLI


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