«Frau dich»

  18.06.2019 Leserbeitrag

BLANCA BURRI
Ja, auch Landeier wie mich zog es am Frauenstreiktag in die Stadt. Schliesslich ist die Gleichstellung der Geschlechter ein Thema, das alle betrifft. Überrascht hat, dass sich viele Männer explizit äusserten: «He for she», «Men will be Men good humans», «Frau dich» stand auf den mitgeführten Bannern.
Pflichtbewusst, wie Frauen eben sind, begannen die Demos erst abends. In Zürich sangen und tanzten 70’000 Menschen. Schon auf dem Weg zum Ausgangspunkt Central zog eine lange Schlange durch den Bahnhof, wo die Akustik der Halle die Parolen der rosa und violett gewandeten verstärkte. Transparente ragten über die Köpfe, mitreissende Musik drang aus mitgeführten Lautsprechern. Da und dort reichten die Damen Prosecco-Flaschen herum. Teil dieser tanzenden und kraftsprühenden Demo von einem Kilometer (!) Länge zu sein, war unglaublich.
Am Wegrand durch die hohen Häuserzeilen gab es zahlreiche Zuschauer. Unter ihnen zwei vermummte Damen, welche mehr Respekt gegenüber Sexarbeiterinnen forderten. Ihre Begründung: «Wir zahlen auch Steuern.» Dumm gelaufen war das Ganze für einen Touristen, der im Mietwagen mitten in der Menge festsass.
Keine militanten Ausschreitungen, kein Steinewerfen, keine Gummigeschosse! Und doch tauchen Fragen auf: Der Frauenstreiktag konnte keine politischen Aushängeschilder mobilisieren. «Ohne gewichtige politische Unterstützung gibt es keine nachhaltige Veränderung», befürchtet meine Freundin. Ich habe eine andere Meinung: Wenn mehrere 100’000 Menschen für Lohn, Zeit und Respekt auf die Strasse gehen, sind die Forderungen klar.

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