«Füür und Flamme» für die «Station»

  02.07.2019 Saanen

Das ehemalige Feuerwehrmagazin in Saanen soll zur «fantasievollen Erlebniswelt für Gäste und Einheimische» werden. Der Trägerverein ist gegründet, das Konzept steht – was fehlt, ist die Finanzierung. Sobald diese gesichert ist, wird das Projekt umgesetzt. Geht alles nach Plan, wird die «Station» im Juli 2020 eröffnet.

ANITA MOSER
Mit der Zustimmung zum Investitionskredit für die Sanierung des ehemaligen Feuerwehrmagazins und dem Erlass von 960 Franken Mietkosten pro Monat für die Betreiber der «Station» hat die Gemeindeversammlung den Grundstein gelegt für ein einzigartiges Projekt.

Initiiert wurde es vom Hotelierverein Gstaad-Saanenland, involviert sind zudem Gstaad Saanenland Tourismus mit der Gstaad Marketing GmbH, der Gewerbeverein Gstaad-Saanenland, die Dorforganisation Saanen sowie Saanen Aktiv. Gemeinsam haben die fünf Partnerorganisationen den Trägerverein «Füür und Flamme Saanenland» gegründet.

Ein ausgereiftes Projekt
Was das Konzept betrifft, hielten sich die Verantwortlichen bisher noch bedeckt. «Wir wollten erst den Entscheid von der Gemeindeversammlung abwarten», begründet Vereinspräsident Christof Huber. Nun präsentieren sie ein bis ins Detail ausgereiftes Projekt – entwickelt von der Firma «welttraum» von Selma Wick, der Tochter des national und international anerkannten Otto Steiner.

Von einem Tüftleratelier war bisher die Rede. Doch was genau ist damit gemeint? «Die Besucher – Kinder in Begleitung von Erwachsenen – können ihre Kreativität ausleben und selbst etwas erschaffen», erklärt Patrick Bauer, Familienvater und Leiter des Produktmanagements der Destination Gstaad. «Wir wollen die Kinder aus der digitalen Welt zurückholen – es wird komplett auf die digitale Vermittlung durch Filme oder Videospiele verzichtet», ergänzt Christof Huber.

Ein Spiel- und Experimentierraum
Hauptthema sind Seile und Seilbahnen. Das beginnt schon bei der Garderobe. «Jacken und Mäntel werden an Seilen an die Decke gezogen», so Huber. «Im Erdgeschoss ist es der Maschinenraum mit einer begehbaren Maschine, die zum Kurbeln, Beobachten, Mitspielen und Weiterentwickeln einlädt. Ein faszinierendes Gewirr aus Seilen, Zahnrädern, Kurbeln und Kugelbahnen», heisst es im Projektbeschrieb. «Die Kinder können Seile bewegen oder den Verlauf von Kugelbahnen selber beeinflussen», erklärt Patrick Bauer. Es gibt eine Märmelibahn an der Wand, Zahnräder, die man aushängen und Elemente, die man verändern kann. Die Kinder können aber auch eine Märmelibahn aus einem Bausatz zusammenstecken oder eine aus Papier basteln. Im Obergeschoss gibt es zehn Werkstationen, an denen man verschiedene Objekte selber herstellen kann. «Die Kinder können zum Beispiel eine Seilbahn basteln, diese kann im Erdgeschoss in das Schnursystem eingehängt und durch den Raum gekurbelt werden», so Huber. Weiter gibt es ein Labor, in dem man ein gewisses Thema aufnimmt. «Die Kinder erfahren beispielsweise spielerisch, wie man ein Seil herstellt und sie haben auch die Möglichkeit, selber eines herzustellen.»

Die beiden Geschosse sind mit einer Wendeltreppe verbunden und mit einer Rutschbahn. Und auch auf der Toilette sind verspielte und lustige Aktionen geplant. «Mehr verraten wir nicht», sagt Huber.

Lounge und Selbstbedienungsbeizli
Im Obergeschoss gibt es eine gemütliche Lounge – aus Holzpaletten und mit Kissen – sowie eine Selbstbedienungsecke. «Das Angebot ist sehr bescheiden, wir wollen in keiner Weise die lokalen Gastrobetriebe konkurrenzieren», betont Hotelier Christof Huber. Drei ehemalige Eggli-Gondeln laden ebenfalls zum Verweilen ein. «Sie dienen als Rückzugsort, zum Lesen oder Ausruhen, nach dem vielen Erlebten», erklärt Patrick Bauer.

Seilgarten und Hochbeete
Auch im Aussenbereich stehen Seile im Mittelpunkt. Es werden Seilstationen installiert, an denen die Kinder ihre selber gebastelte Seilbahn einhängen können. Und im Seilgarten können sie ihre Geschicklichkeit testen. «Der Aussenbereich ist ein unkonventioneller Spielplatz, der zum Konzept passt», erklärt Huber.

Damit die Kinder nicht auf die Strasse springen können, wird der Aussenbereich eingezäunt und begrünt. Auf der Seite zur Töpferei sind Hochbeete geplant. Die Idee: Eine lokale Schule könnte diese als Schulgarten nutzen. Eyecatcher im Aussenbereich der «Station» ist eine Umlenkrolle von der Eggli-Gondelbahn. «Man soll von weitem sehen: ‹Hier läuft etwas›», so Bauer.

Die «Station» soll sich weiterentwickeln
Damit es nicht langweilig wird und die Kinder immer wieder kommen (wollen), soll sich die Station stetig weiterentwickeln. «Die Werkstationen werden im Turnus von drei bis sechs Monaten ausgewechselt, bei den grossen Installationen – Labor und begehbare Maschinen/Maschinenpark – gibt es jährlich kleine Veränderungen bei einzelnen Elementen», erklärt Bauer. «Im Budget enthalten ist auch, dass ein kinetischer Künstler jährlich mit etwas Neuem kommt und wir es umsetzen können.» («Kinetik» gemäss Wikipedia: technische Mechanik, ein Teilgebiet der Mechanik, das die Bewegung von Körpern behandelt, mitsamt der einwirkenden Kräfte.) Der Ideenpool ist gross, er reicht von Wäscheklammern verzieren über Zinndrahtarmband herstellen bis zu Minigarten aus Petflaschen, Frauenfurz-Kanone, Vibra-Roboter-Insekt und vielem mehr. Huber: «Mit den Ideen können wir die Werkstationen schon zwei Jahre bestücken.»

Einfaches Bezahlsystem
Das Bezahlsystem ist einfach: Auf dem Eintrittsbillett – einer Scheibe, die man an einer Schnur um den Hals hängen kann – sind sämtliche Angebote aufgelistet. Mit einem Knipser knipst man sämtliche Stationen ab, die man genutzt hat, auch die Konsumation. Am Schluss wird abgerechnet. Bezahlen muss man neben dem Grundeintritt von zehn Franken nur das, was man konsumiert und verbraucht hat. «Werkstationen werden zum Teil kostenpflichtig sein – je nach Material», erklärt Huber.

Kein Kinderhort
Geöffnet ist die Station das ganze Jahr, während der Hochsaison von Mittwoch bis Sonntag von 13 bis 18 Uhr, in der Nebensaison am Mittwoch, Samstag und Sonntag von 13 bis 18 Uhr. Das Angebot richtet sich nicht an eine spezifische Zielgruppe, setzt aber den Hauptfokus auf Kinder von 4 bis 14 Jahren. «Die Station ist aber kein Kinderhort, die Kinder müssen von Erwachsenen begleitet und betreut werden», betont Huber. «Das Angebot richtet sich nicht nur an Gäste, sondern auch an die lokale Bevölkerung. Wir möchten auch den einheimischen Familien eine neue, wetterunabhängige Attraktion bieten.» Aber auch Schulklassen seien willkommen – zum Beispiel für Projektwochen.

Gesucht: Gastgeber und Hüttenwarte
Die Entwicklung des Konzeptes läuft über die Initianten und über «welttraum», welches spezialisiert ist für solche Projekte. Gesucht wird noch ein Gastgeber, ein «Host», wie die Initianten die Person nennen, welche die «Station» im Angestelltenverhältnis betreibt, betreut und weiterentwickelt. «Ein Allround-Handwerker oder eine Lehrkraft, die handwerklich geschickt ist und die gut mit Kindern umgehen kann», umschreibt Huber das Anforderungsprofil. Aber: «Der Host muss vor allem überzeugt sein vom Projekt, er muss Feuer und Flamme dafür sein.»

Alleine kann der Host die «Station» aber nicht betreuen – zumindest nicht, wenn viel los ist. Die Idee: «Wir wollen eine Community von ehrenamtlichen Hüttenwarten aufbauen», erklären Huber und Bauer. «Das können Senioren, pensionierte Handwerker oder Lehrkräfte sein, die gerne ihr Können weitergeben, oder jemand, der Teilzeit arbeitet, Mütter oder Väter, die bereit sind, stundenweise mitzuhelfen.»

Finanzierung noch offen
Das Konzept steht, theoretisch könnte man loslegen, sobald das Gebäude im Auftrag der Gemeinde saniert ist. Die grösste Herausforderung steht aber noch bevor: «Wir starten erst, wenn die Finanzierung gesichert ist. Wir wollen auch kein Risiko eingehen», betont Huber. Die Investitionskosten werden auf mehrere Hunderttausend Franken geschätzt, die jährlichen Betriebskosten gemäss Finanzplan belaufen sich auf rund 250’000 Franken. Der Hotelierverein Gstaad-Saanenland hat bereits 195’000 Franken gesprochen. «Wir erhoffen uns auch Gelder vom Kanton, aus dem Topf für Standortförderung vom Amt für Wirtschaft sowie vom Lotteriefonds», erklärt Patrick Bauer. «Wir überlegen zudem, ein Crowdfunding zu lancieren», ergänzt Huber. «Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema. Deshalb sind wir auch offen für Sachspenden – Restposten, Holz, Metall, Steine, Papier usw.»

Eröffnung im Juli 2020
Der Zeitkorsett ist eng. Bis Dezember soll die Finanzierung gesichert sein, von April bis Juni die Inneneinrichtung realisiert werden und im Juli 2020 ist die Eröffnung der Station geplant. «Damit der Zeitplan eingehalten werden kann, sind wir auf Unterstützung angewiesen», betonen die beiden. Vonseiten des Gewerbes habe man bereits viele positive Rückmeldungen bekommen.


VEREIN «FÜÜR UND FL AMME SA ANENL AND»

Präsident: Christof Huber (Hotelierverein); Vizepräsidentin: Vanessa Schwenter (Dorforganisation Saanen); Kassier: Bernhard Baumann (Saanen Aktiv); Beisitzer: Andreas Wandfluh (Gstaad Marketing GmbH); Patrick Bauer (Gstaad Marketing GmbH), er betreut das Projekt aktuell administrativ. Die BDG ist nicht im Verein vertreten, unterstützt das Projekt aber seit Beginn grosszügig mit Sachleistungen.
Mitglied im Verein «Füür und Flamme Saanenland» kann jeder werden – Einzelpersonen ab 50 und Firmen ab 300 Franken.
Interessenten können sich unter folgender E-Mailadresse melden: [email protected]

 


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